09.02.2025, 13:57
Zitat:Kommt es doch wieder zu Gesprächen? Oder zum tollen "Deal"? Ich bin da eher zurückhaltend, aber gut...
Khamenei hat ja vollkommen Recht mit seinen Aussagen und der Außenminister ebenfalls. Verhandlungen machen überhaupt gar keinen Sinn und exakt deshalb tut es ja auch nicht weh diese zu führen. Ob man sich auf dem Verhandlungsweg mit Person X oder Staat Y einigen will oder nicht, ist ja noch mal etwas anderes. Die Chance, die genialen Deal-Angebote des Herrschers der westlichen Welt anzuhören und diese öffentlich zu machen, sollte man sich nicht entgehen lassen. Dafür hat das Volk die amtierende Reformer-Regierung gewählt. Das klingt vielleicht absurd, aber so ist es.
Zitat:Wobei der Iran aktuell in gar keiner so schlechten Lage ist.
Die faktische "Verhandlungsposition" in der Atomfrage und beim möglichen Sanktionsdruck ist für Trump 2.0 gegenüber Trump 1.0 nicht besser geworden. Die Sanktionen gehen bereits heute deutlich über das hinaus, was Trump bereits als Maximum Pressure bezeichnete. Biden hatte das nicht reduziert sondern verschärft. Solange die BRICS und NAM Staaten nicht dem Iran wirtschaftlich den Saft abdrehen, können die EU und USA mit ihren wirtschaftlichen und politischen Maßnahmen nicht mehr so viel bewirken. Die Atomkapazitäten wiederum sind als Reaktion darauf heute viel höher als zum Zeitpunkt wo der Westen die Eskalation suchte. Daher müsste der Atomvertrag von damals, nach erneuter Verhandlung heute noch viel besser für den Iran aussehen und der Westen müsste wesentlich mehr Zugeständnisse machen. Alles andere wäre unlogisch. Es wird aber unlogisch verhandelt werden und genau deshalb haben die auch alle Recht.
Zitat:Er hat zwar in Syrien durch den Sturz von Assad und zugleich die faktische Neutralisierung der Hisbollah strategische Rückschläge hinnehmen müssen, aber dies wirkt nur auf den ersten Moment fatal. Denn Teheran hatte seine Kräfte in den letzten Jahren sehr stark overstretched, um alle Verbündeten, die eben massiv von Iran abhängig waren, vom Irak über Syrien bis nach dem Libanon und dem Jemen zu (unter-)stützen.
"Overstretched" ist nicht ganz der richtige Begriff, wenn man seine Verbündeten mit wenigen hundert eigenen Beratern unterstützt. Die gesamte Klientelpolitik wird auf der Grundlage von vielleicht 2 Mrd. jährlich betrieben. Es gibt viele Iraner denen das zu viel ist. Anderen ist es zu wenig. "Overstrechted" bedeutet, dass mehr nicht möglich wäre bzw. das schon zu viel gewesen ist für die eigenen Kapazitäten. Zu dem Schluss könnte man ja durchaus kommen, aber dann ist der Iran konsequenterweise für niemanden eine Bedrohung oder jemals in der Lage ein Land wie Syrien zu kontrollieren, Israel zu gefährden, Saudi Arabien in Schach zu halten oder den mittleren Osten zu destabilisieren. Wenn man berücksichtigt, dass die iranischen Streitkräfte gar nicht auf längere Auslandsmissionen o.Ä. hin ausgelegt sind und der Iran nicht Saudi Arabien ist oder die USA sind, die mal eben 20 Mrd. in einem Jahr in einen Krieg um ein MAGA Golfplatz Areal investieren können oder das Zehnfache im Jemen versenken, dann pokert der Iran in diesem geopolitischen Kartenspiel mit vergleichsweise niedrigen Einsätzen. Auszusteigen bedeutet nicht, dass man nicht pokern kann.
Zitat:Die Notwendigkeit für diesen stark zehrenden Kräfteaufwand besteht nun aktuell nicht mehr, zumindest nicht mehr in diesem Umfang. Quasi dadurch, dass man die vorderen Linien (Syrien, Libanon) verloren hat, man könnte es auch eine "Frontrücknahme" und "Linienverkürzung" nennen, kann man die eigenen Kräfte mehr bündeln und hat dadurch mehr Spielraum. In gewisser Weise dürften die Perser handlungsfähiger sein als noch vor zwei Jahren...
Tatsächlich sieht dieses Spielfeld für den Iran heute noch viel interessanter aus als vorher: 32% der libanesischen Gesellschaft wurden von der politischen Mitsprache im Libanon ausgeschlossen. Saudi Arabien und die EU wollen große Milliardenbeträge in den Libanon investieren und das Geld wird sicher nicht dort ankommen wo es benötigt wird. Der libanesischen Armee wird es weder gelingen die israelischen Streitkräfte aus den besetzten Gebieten zu vertreiben, noch die Grenze zu Syrien zu sichern, geschweige dass ihnen irgendwer ihrer Freunde dazu die Mittel bereitstellen wird. Niemand wird Israel daran hindern syrisches und libanesisches oder palästinensisches Land nach Beliegen zu nehmen und zu kontrollieren und wirtschaftlichen Nutzen daraus zu ziehen. Die Menschen aus der Westbank und Gaza sollen und werden sukzessive in Nachbarländer vertrieben werden. In Syrien regiert die Al-Kaida. Auch hier ist nicht davon auszugehen, dass hier Lösung für alle Syrer entstehen kann. Den Osten kontrolliert weiterhin eine 15% Minderheit und dort liegen etwa ca. 90% der Bodenschätze des Landes. Die PKK & YPG weigern sich auch ihre Waffen abzugeben. Die Türken werden nicht aus Nordsyrien abziehen und die Israelis nicht aus dem Süden. Für den Iran ist das ist viel mehr als vorher. Das begreift in dem Siegestaumel nur keiner. Wenn das der Sieg von USA/Israel/Türkei gegen Iran sein soll, dann soll es so in die Geschichtsbücher eingehen. Absolut. Umgekehrt könnte man natürlich die Frage stellen, was die anderen durch die Situation denn gewonnen haben? Eine mittelfristige "Re-Migration" syrischer Staatsbürger aus der EU und Türkei? Frieden? Kontrolle über Bodenschätze? Vielleicht war das auch nur am Ende eine Verkettung von ideologisch getriebenen Pyrrhussiegen außer Kontrolle geratener Rgionalstaaten, deren Investitionsbetrag die paar hundert Berater und 2 Mrd. jährlich bei Weitem übersteigt.