03.02.2025, 23:44
Ich hab jetzt mal gegoogelt, was es denn überhaupt für aktuelle Risikobewertungen bzgl. Mittelstreckenraketen gibt, und folgendes gefunden, dessen Qualität mich entsetzt:
https://www.swp-berlin.org/publikation/g...eutschland
?? Wenn Putin aufgrund der politischen Lage zu der Ansicht kommt, dass die NATO bei einem Angriff aufs Baltikum den Bündnisfall lieber ignorieren würde, statt tatsächlich in den Krieg mit Russland zu ziehen, dann ist doch sehr unklar, was Mittelstreckenraketen an dieser Einschätzung ändern könnten. Ein Land, das sich dem Bündnisfall verweigert, verweigert auch den Bündnisfall wenn es Mittelstreckenraketen besitzt.
Wenn die NATO Entschlossenheit und Einigkeit demonstrieren will, dann müssten italienische, französische und spanische Soldaten ins Baltikum, zusätzlich zu unseren, das würde diesbezüglich viel mehr bringen.
Was "Moskau" hofft, kann kein seriöser Wissenschaftler wissen. Also echt, für ein seriöses Papier ist mir das zu sehr Leitartikel-Sprache.
Mittelstreckenraketen, um einen umfassenden Schutz vor Mittelstreckenraketen zu erreichen ... ist das nicht bissl Träumerei? Also zunächst sind ja nicht nur Abschussrampen von Mittelstreckenraketen Ziele, sondern wie im Forum schon erwähnt auch Verkehrsinfrastruktur wie Eisenbahnknotenpunkte, Flughäfen und Seehäfen, Sendemasten, Waffenfabriken, Raffinerien und Öldepots, Waffenlager, Kommandozentren, Radarstellungen .... und SWP glaubt trotz der Vielfalt an militärisch naheliegenden Zielen, dass Mittelstreckenraketen so verwendet werden würden, dass tatsächlich eine konventionelle Gegenschlagsfähigkeit eklatant geschwächt werden könnte?
Und dass dies die Aufgabe der amerikanischen Mittelstreckenwaffen ist, konterkariert SWP selbst:
>>Stark übertrieben wären Befürchtungen Moskaus, mit der Dark Eagle könne die Nato entwaffnende Präzisionsschläge führen und so Russlands nukleares Vergeltungspotential an Land in großem Umfang zerstören oder seine politischen Führungszentren auf einen Schlag ausschalten. Dafür sind schon die Stückzahlen der in Deutschland stationierten US-Systeme viel zu gering: Für die LRHW sind wohl nur vier Abschussrampen vorgesehen, von denen je zwei Flugkörper starten können. Die Rampen sind zwar nachladbar, aber die (geheime) Gesamtzahl der teuren Flugkörper müsste relativ klein sein.<<
Klar ist: Wenn die Stückzahlen gering sind, dann kann damit auch kein relevanter Schutz Mitteleuropas erreicht werden, und dann kann das auch nicht Kernaufgabe sein.
Wobei hier SWP natürlich gleich mal ein Argument gegen weitere Mittelstreckenraketen liefert, denn dann werden die beschriebenen Befürchtungen real.
Mittelstreckenraketen gegen mobile Ziele? Im Ernst? Das soll echt die Idee sein, dass man mit Dark Eagle, Stückpreis 40 Mio Dollar, einen Oreschnik-LKW pulverisiert?
Mir fallen echt keine mobilen Hochwertziele ein .... was wirklich einen hohen Wert hat, ist doch normalerweise verbunkert und nicht mobil?
Die SWP-Redaktion fand die Beschreibungsweise nicht zu nah am Stammtisch???
Da fehlt es massiv an Logik. »use ’em or lose ’em« gilt ja nicht nur für Atomwaffen. Und ob eine anfliegende Rakete einen Nuklearsprengkopf oder einen konventionellen besitzt und ob Russland das sicher feststellen kann, ist völlig rille. Also wenn Russland befürchtet, dass die NATO mittels eines Erstschlags mit konventionellen Mittelstreckenraketen die russische konventionelle Angriffsfähigkeit zerstören will, dann ist es für Russland naheliegend, mit seinen konventionellen Raketen dem NATO-Erstschlag zuvorzukommen und vielleicht möglichst die NATO-Angriffsfähigkeit zu treffen. Also selbstverständlich liegen hier gewaltige Eskalationsrisiken.
Das ist mal wirklich Quatsch-Argumentation, als ob es zwischen Mittelstreckenraketen in der Hand einer entschlossenen NATO und einer unentschlossenen NATO ohne Mittelstreckenraketen keine anderen Optionen gäbe. Mit so einem Quatsch kann man alles rechtfertigen, sagen wir mal unbemannte U-Boote: "Welche Schlüsse zieht Putin, wenn ihm die Nato nicht signalisiert, dass eine weitere russische Eskalation in Richtung Nato auf eine entschlossene Allianz trifft, die neue, unbemannte U-Boote zur Verfügung hat?"
>>Solche Rüstungskontrollideen hätten zum Ziel, das heute zugunsten Russlands bestehende Ungleichgewicht bei landgestützten Mittelstreckenwaffen in Europa abzumildern oder idealerweise zu beseitigen<<
Das ignoriert, dass Russland in Wahrheit die USA als Gegner sieht. Europa ist lediglich das Aufmarschgebiet der USA, und die dazugehörigen Mittelstreckenraketen lagern eben bei der US Navy. Eine faire Rüstungskontrolle müsste schon auch diese Mittelstreckenraketen miteinbeziehen, und damit weiß hier im Forum jeder, dass das illusorisch ist.
Damit ergibt sich für mich die Frage: Gibt es eigentlich auch irgendeine vernünftige, möglichst in sachlicher Sprache gehaltene Risikobewertung bzgl. europäischer Mittelstreckenraketen?
https://www.swp-berlin.org/publikation/g...eutschland
Zitat:Ein »zu allem bereites« Moskau könnte, so die Sorge vieler, die Entschlossenheit einer eventuell gespaltenen Nato unterschätzen und einen begrenzten Angriff wagen. Um in Putins Risikokalkulation einzudringen und diesen Fehlschluss zu verhindern, setzt die Allianz auf zusätzliche und teils neuartige abstandsfähige Präzisionswaffen, die Ziele tief hinter der Front exakt treffen und erstmals seit Jahrzehnten wieder an Land stationiert werden.
?? Wenn Putin aufgrund der politischen Lage zu der Ansicht kommt, dass die NATO bei einem Angriff aufs Baltikum den Bündnisfall lieber ignorieren würde, statt tatsächlich in den Krieg mit Russland zu ziehen, dann ist doch sehr unklar, was Mittelstreckenraketen an dieser Einschätzung ändern könnten. Ein Land, das sich dem Bündnisfall verweigert, verweigert auch den Bündnisfall wenn es Mittelstreckenraketen besitzt.
Wenn die NATO Entschlossenheit und Einigkeit demonstrieren will, dann müssten italienische, französische und spanische Soldaten ins Baltikum, zusätzlich zu unseren, das würde diesbezüglich viel mehr bringen.
Zitat:Die drei Systeme werden im Rahmen der 2. Multi-Domain Task Force der U.S. Army in Deutschland stationiert. Ihre Kernaufgabe ist, Russlands Anti-Access/Area-Denial (A2/AD)-Kapazität mit Hilfe neuer Technologien und Konzepte zu überwinden: Moskau hofft, in einem Krieg das Gros der Nato-Kräfte vom Kampfgebiet an seiner Grenze fernzuhalten, indem es mit Raketen und Marschflugkörpern deren Aufmarsch und Versorgung unterbindet oder mit Schlägen gegen einzelne Nato-Länder deren Einlenken erzwingt. Allein mit Luft- und Raketenabwehr könnte sich die Allianz davor nicht wirksam schützen, weil Europa zu groß ist und umfassender Schutz gegen das russische Flugkörperarsenal zu teuer wäre. Mit eigenen weitreichenden Mittelstreckenwaffen kann die Nato diesen russischen Plan aber auf zwei komplementäre Arten durchkreuzen.
Was "Moskau" hofft, kann kein seriöser Wissenschaftler wissen. Also echt, für ein seriöses Papier ist mir das zu sehr Leitartikel-Sprache.
Mittelstreckenraketen, um einen umfassenden Schutz vor Mittelstreckenraketen zu erreichen ... ist das nicht bissl Träumerei? Also zunächst sind ja nicht nur Abschussrampen von Mittelstreckenraketen Ziele, sondern wie im Forum schon erwähnt auch Verkehrsinfrastruktur wie Eisenbahnknotenpunkte, Flughäfen und Seehäfen, Sendemasten, Waffenfabriken, Raffinerien und Öldepots, Waffenlager, Kommandozentren, Radarstellungen .... und SWP glaubt trotz der Vielfalt an militärisch naheliegenden Zielen, dass Mittelstreckenraketen so verwendet werden würden, dass tatsächlich eine konventionelle Gegenschlagsfähigkeit eklatant geschwächt werden könnte?
Und dass dies die Aufgabe der amerikanischen Mittelstreckenwaffen ist, konterkariert SWP selbst:
>>Stark übertrieben wären Befürchtungen Moskaus, mit der Dark Eagle könne die Nato entwaffnende Präzisionsschläge führen und so Russlands nukleares Vergeltungspotential an Land in großem Umfang zerstören oder seine politischen Führungszentren auf einen Schlag ausschalten. Dafür sind schon die Stückzahlen der in Deutschland stationierten US-Systeme viel zu gering: Für die LRHW sind wohl nur vier Abschussrampen vorgesehen, von denen je zwei Flugkörper starten können. Die Rampen sind zwar nachladbar, aber die (geheime) Gesamtzahl der teuren Flugkörper müsste relativ klein sein.<<
Klar ist: Wenn die Stückzahlen gering sind, dann kann damit auch kein relevanter Schutz Mitteleuropas erreicht werden, und dann kann das auch nicht Kernaufgabe sein.
Wobei hier SWP natürlich gleich mal ein Argument gegen weitere Mittelstreckenraketen liefert, denn dann werden die beschriebenen Befürchtungen real.
Zitat:Die drei bodengestützten Mittelstreckenwaffen bieten einen Mehrwert für die konventionelle Abschreckung gegenüber Russland, denn sie erfüllen die zwei Aufgaben besser. Nicht nur die LRHW, auch die SM 6-Version der Army fliegen mit über fünffacher Schallgeschwindigkeit und sind im Zielanflug manövrierbar. Daher sind sie hocheffektiv gegen mobile Ziele und sehr schwer abzufangen, selbst für moderne Raketenabwehr.
Mittelstreckenraketen gegen mobile Ziele? Im Ernst? Das soll echt die Idee sein, dass man mit Dark Eagle, Stückpreis 40 Mio Dollar, einen Oreschnik-LKW pulverisiert?
Mir fallen echt keine mobilen Hochwertziele ein .... was wirklich einen hohen Wert hat, ist doch normalerweise verbunkert und nicht mobil?
Zitat:Wegen der aktuellen russischen Hochrüstung und der Sanktionen gegen das Land knirscht und kracht es in Russlands Rüstungssektor aber bereits jetzt an allen Ecken und Enden.
Die SWP-Redaktion fand die Beschreibungsweise nicht zu nah am Stammtisch???
Zitat:Als Risiko wird zudem, speziell in Bezug auf die LRHW, eine verminderte Krisenstabilität diskutiert, also das verfrühte militärische Eskalieren Russlands aus Angst vor einem entscheidenden Überraschungsangriff der Nato. Die LRHW kann russisches Kernland in wenigen Minuten erreichen, und infolge der Manövrierfähigkeit sei für Moskau unklar, ob der Angriff eventuell Russlands nuklearem Vergeltungspotential gelte. Dadurch entstünden in Krisen Anreize für den Kreml, das eigene Atomarsenal frühzeitig einzusetzen, bevor Nato-Raketen es zerstören (»use ’em or lose ’em«). Ferner könne Moskau nicht wissen, ob anfliegende LRHW konventionell oder nuklear bestückt seien, und daher nuklear überreagieren.
Doch dieses »warhead ambiguity«-Problem existiert nicht. Die drei bodengestützten Abstandswaffen gibt es nur konventionell. Die USA nutzen flexibel zu bewaffnende (dual-capable) Flugkörper seit 2011 nicht mehr.
Die Ungewissheit, welches Ziel attackiert wird, und die kurze Flugzeit erhöhen tatsächlich den Druck auf den Kreml. Daraus abgeleitete Eskalationsrisiken werden aber oft überzeichnet. »Use ’em or lose ’em«-Szenarien, in denen Russland einen Nuklearkrieg gegen die USA startet, um zu verhindern, dass seine Raketen am Boden zerstört werden, werfen Fragen auf. Warum sollte Moskau aus Furcht vor einem möglichen US-Angriff einen Atomkrieg lostreten, bei dem die nukleare Vergeltung der USA garantiert ist?
Da fehlt es massiv an Logik. »use ’em or lose ’em« gilt ja nicht nur für Atomwaffen. Und ob eine anfliegende Rakete einen Nuklearsprengkopf oder einen konventionellen besitzt und ob Russland das sicher feststellen kann, ist völlig rille. Also wenn Russland befürchtet, dass die NATO mittels eines Erstschlags mit konventionellen Mittelstreckenraketen die russische konventionelle Angriffsfähigkeit zerstören will, dann ist es für Russland naheliegend, mit seinen konventionellen Raketen dem NATO-Erstschlag zuvorzukommen und vielleicht möglichst die NATO-Angriffsfähigkeit zu treffen. Also selbstverständlich liegen hier gewaltige Eskalationsrisiken.
Zitat:Insgesamt ist das Risiko für Deutschland moderat. Dagegen abzuwägen ist das reale Risiko des Nichthandelns: Welche Schlüsse zieht Putin, wenn ihm die Nato nicht signalisiert, dass eine weitere russische Eskalation in Richtung Nato auf eine entschlossene Allianz trifft, die neue, noch wirksamere Abstandswaffen zur Verfügung hat?
Das ist mal wirklich Quatsch-Argumentation, als ob es zwischen Mittelstreckenraketen in der Hand einer entschlossenen NATO und einer unentschlossenen NATO ohne Mittelstreckenraketen keine anderen Optionen gäbe. Mit so einem Quatsch kann man alles rechtfertigen, sagen wir mal unbemannte U-Boote: "Welche Schlüsse zieht Putin, wenn ihm die Nato nicht signalisiert, dass eine weitere russische Eskalation in Richtung Nato auf eine entschlossene Allianz trifft, die neue, unbemannte U-Boote zur Verfügung hat?"
>>Solche Rüstungskontrollideen hätten zum Ziel, das heute zugunsten Russlands bestehende Ungleichgewicht bei landgestützten Mittelstreckenwaffen in Europa abzumildern oder idealerweise zu beseitigen<<
Das ignoriert, dass Russland in Wahrheit die USA als Gegner sieht. Europa ist lediglich das Aufmarschgebiet der USA, und die dazugehörigen Mittelstreckenraketen lagern eben bei der US Navy. Eine faire Rüstungskontrolle müsste schon auch diese Mittelstreckenraketen miteinbeziehen, und damit weiß hier im Forum jeder, dass das illusorisch ist.
Damit ergibt sich für mich die Frage: Gibt es eigentlich auch irgendeine vernünftige, möglichst in sachlicher Sprache gehaltene Risikobewertung bzgl. europäischer Mittelstreckenraketen?