21. Januar 1968, Beginn der Schlacht von Khe Sanh
#2
Diese Schlacht / Belagerung hatte meiner Ansicht nach drei ungewöhnliche Effekte:

1. Die Verluste der Nord-Vietnamesen waren angesichts der dort vor Ort zusammen gezogenen und eingesetzten Feuerkraft der Amerikaner moderat, insbesondere im Verhältnis zu den Verlusten der Gegenseite. Es starben 274 US Soldaten, weitere 2541 wurden verwundet. Die Südvietnamesen verloren 229 Tote und 436 Verwundete. Auf der Gegenseite büßten die Nord-Vietnamesen nur ungefähr 5.500 Tote ein (wie die MACV SOG recht sicher feststellen konnte) und vermutlich um die 15.000 Verwundete.

Das klingt nun zunächst mal nach hohen Verlusten für die NV, und nach einer Niederlage für diese. Aber man muss das wie schon geschrieben ins Verhältnis setzen zu der absurd hohen konzentrierten Feuerkraft welche hier gegen die NV eingesetzt wurde, und dass diese die Angreifer waren, gegen sehr gut ausgebaute und extrem zäh verteidigte Stellungssysteme.

Allein schon in den ersten Wochen der Schlacht wurden mehr als 100.000 Tonnen Bomben auf die NV abgeworfen und mehr als 100.000 Artilleriegeschosse auf sie abgefeuert. Die Truppenstärke der NV unmittelbar vor den US Befestigungen lag aber gerade mal bei um die 20.000 Mann (wahrscheinlich etwas darunter). Innerhalb weniger Wochen wurden also auf jeden einzelnen NV Soldaten nicht weniger als 5 Tonnen Bomben und 5 Artilleriegeschosse abgefeuert. Und das war nur die Anfangszeit, dass steigerte sich dann ja noch.

2. Die NV setzten zum ersten Mal erfolgreich Panzer offensiv ein, was für die Amis eine ziemliche Überraschung war. Die leichten PT-76 Panzer bewährten sich dabei außerordentlich, und auch hier muss man wieder bemerken, dass es schier unfassbar ist, wie lange sie im Feuer der US Streitkräfte durchhielten. Dazu noch das sehr schwierige Terrain. Die US Truppen wurden allein schon dadurch davon überrascht, als dass sie einen Panzerangriff in solchem Gelände für unmöglich gehalten hatten.

3. Und was kaum einer weiß und fast nirgends thematisiert wird: angesichts der Heftigkeit der Kämpfe und weil man zumindest vorübergehend davon ausging, dass die Schlacht in einer Niederlage enden könnte, wurde von Westmoreland allen Ernstes der Einsatz von Nuklearwaffen gegen die NV erwogen. Das war kein rein theoretisches Gedankenspiel, es wurde ernsthaft geplant. Die US Airforce wiederum plante den Einsatz chemischer Waffen, sollte die Situation noch schlimmer werden. Auch dieser Vorschlag wurde von Westmoreland ernsthaft erwogen. Als Gegenargument wurde seitens McNamaras nicht die Eskalation oder mögliche politische Folgen genannt, sondern dass das Gelände die Wirkung taktischer Nuklearwaffen stark beschränken würde. Der Vorschlag chemische Waffen im großen Stil einzusetzen wurde aber weiter erwogen, jedoch verbesserte sich die militärische Lage und die rote Linie welche man da gesetzt hatte wurde nicht erreicht.
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RE: 21. Januar 1968, Beginn der Schlacht von Khe Sanh - von Quintus Fabius - 23.01.2025, 23:21

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