13.01.2025, 08:35
(13.01.2025, 00:15)stef schrieb: NightwatchDann gilt es festzuhalten: Ein Verzicht auf Barbarossa läuft Hitlers strategischen Absichten vollkommen zuwider. Sein Wirken war ideologisch ganz auf den Kampf gegen den Kommunismus / das internationale Judentum etc pp sowie auf die Gewinnung von Lebensraum / Rohstoffen im Osten ausgerichtet. Er war an einem Sieg über das britische Empire nicht weiter interessiert, betrachtete Krieg gegen Großbritannien als nicht mehr als eine zwingende Notwendigkeit europäischer Bündnispolitik und ging davon aus, nach dem Sieg über Frankreich im Westen den Rücken freizuhaben.
grundsätzlich ging es ja hauptsächlich um den Artikel. Roberts Alternative History beginnt 1941 und er schreibt davon das die "ganze Wehrmacht" angreifen sollte. Das ist natürlich übertrieben, gemeint wohl eher das der volle Schwerpunkt beim Angriff gegen Ägypten lag, also nach Operation Battleaxe, ohne Operation Barbarossa aber mit Operation Marita.
Ich hab mich vor zig Jahren sehr sehr intensiv mit der strategischen Lage 1942 im Mittelmeer beschäftigt. Manches davon gilt auch für 1941.
Um auf den Überfall auf die Sowjetunion zu verzichten hätte es also eine grundlegend anderen Weltanschauung Hitlers bedurft, mit der es aber dann überhaupt nicht zum Krieg, bzw. nach dem Sieg über Frankreich zu ernsthaften Friedensgesprächen gekommen wäre.
Dessen ungeachtet, ein Verzicht auf die Barbarossa und einen Fokus auf das britische Empire bedeutet dann sicherlich nicht einfach nur ein Abenteuer in Nordostafrika. Vielmehr hätte es dann wohl schon nach Frankreich eine Konzentration auf das Unternehmen Seelöwe und allerspätestens im Frühjahr 1941 Landungsversuche auf den britischen Inseln gegeben. Hätte man sich dagegen entscheiden (oder wäre man in der ein oder anderen Form gescheitert) wäre anstatt einem Abenteuer in lediglich Nordostafrika eine breiter angelegte Offensive auf den vorderen Orient denkbar gewesen.
Zumindest wenn man die Bedrohung durch die Sowjetunion an den neuen Ostgrenzen des Reiches schlicht ignoriert.
Das hieße dann anstatt einer Offensive aus Tripolis heraus wäre es wohl zu Gertrude / einem Durchmarsch bzw. Einmarsch in die Türkei gekommen.
Sicherlich natürlich parallel zu einem als primär Deckungsgruppe agierenden Afrikakorps in Kyrenaika, aber im Gegensatz zu einem Abenteuer in Nordostafrika hätte man so wirklich die volle Stärke der Wehrmacht einsetzen können.
Das grundsätzliche Problem dieses Ansatzes ist jedoch, dass ein solcher Vormarsch zwangsläufig die Sowjetunion auf den Plan gerufen hätte.
Aber wie gesagt, ein solcher Kriegsverlauf widerspricht den grundsätzlichen Überzeugungen Hitlers. Zudem ist es fraglich, ob die politische und erst recht militärischen Führung des Reiches den strategischen Wert des vorderen Orients überhaupt so erkannt hätte.
Die Versorgungslage des Reiches insgesamt spielt da auch mit rein. In den Köpfen der damaligen Zeit war (zurecht) noch die kriegsentscheidende Versorgung mit Lebensmitteln im Ersten Weltkrieg präsent. Entsprechend fokussiert war man im Osten auf das Ukrainische Getreide und sekundär auf Kohle und Erze, weniger auf Öl, was es irgendwo im tiefen Iran und/oder Kaukasus auch im Orient gegeben hätte. Insofern muss man erst mal auf die Idee kommen (und das dann durchhalten was die Versorgung des Reiches angeht) nur im Orient rumzuturnen.
Tatsächlich würde ich eher davon ausgehen, dass sich die Kriegswirtschaft des Reiches ohne die Beute aus der Sowjetunion so kaum hätte aufrecht erhalten lassen. Selbst mit einem Sieg im Orient über das Empire wäre man dann einem wmgl übermächtigen Gegner im Osten gegenübergestanden, der einem im Konfliktfall den Orient wahrscheinlich sehr schnell wieder entrissen hätte.
stef schrieb:Nein. Der letztendliche Entschluß für Barbarossa fiel nach dem Treffen Molotow - Ribbentrop im November 1940, als Molotow dort sehr weitreichende Forderungen stellte.Hitlers hat seinen Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion schon 1925 in Mein Kampf skizziert. Der Feldzug nach Osten war leitendes Motiv und Hauptziel seines politischen Wirkens.
stef schrieb:1941 gab es noch keine gravierenden Probleme mit den Schiffskapazitäten, das ergab sich erst mit den vielen Verlusten 1941.Wieder: Die Diskussion scheitert hier daran, dass du kein ausreichendes Szenario skizzierst was dir überhaupt vorschwebt. Ich habe oben grob umrissen warum ein Deutsche Entscheidung auf Barbarossa zu verzichten a) unrealistisch ist und b) zu einem völlig anderes Beschäftigung mit dem Orient geführt hätte als nur wie geschehen mit dem Afrikakorps Ägypten anzugreifen.
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hinter welcher Front? Als in der Realität deutschen Truppen in Tripolis ankamen, und hier kann nur Roberts Szenario beginnen, war die Front ca. 450 km entfernt.
1500 km sind es etwa bis El Alamein. Warum springst du sofort auf diesen Wert?
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Das Problem der Ausladungen in Tripolis / Bengashi basierte hauptsächlich auf mangelnden Arbeitskräfte und Tonnage zum Abtransport. Beides lösbare Probleme.
Ein deutscher Schwerpunktwechsel hätte den Briten, wie in der ersten Hälfte 1942, sehr schnell die Nutzung von Malta verunmöglicht mit entsprechenden unterbliebenden Luftangriffen auf Tripolis, wie 1942 geschehen.
Wenn du also mit Details der Safari in Nordostafrika argumentierst gehe ich davon aus, dass das Afrikakorps lediglich etwas stärker aufgestellt wurde und der Kriegsverlauf sich ansonsten an der Realität orientiert.
Siehe hierzu auch Schneemanns Einwurf.
stef schrieb:"auch wenn du postulierst, dass die Achsenmächte Versorgungskonvois in weit größerem Umfang hätten sichern können als es in der Realität der Fall gewesen ist."Du kannst die Masse der Luftwaffe nicht in Afrika einsetzen. Es fehlt da schlicht an den logistischen Kapazitäten, erst recht wenn du noch ein viel größeres Afrikakorps versorgen willst.
du willst also erzählen selbst wenn die Luftwaffe mit der Masse ihrer Einheiten im Mittelmeer eingesetzt wird hat das nicht die entsprechenden Auswirkungen.
stef schrieb:es gab damals keine Großraum Kairo mit Millionen Menschen. Zwischen Alexandria - Kairo waren weitestgehend offenes Gelände. Ein Vorstoß zwischen den beiden Städten zum Nil wäre geländemäßig kein Problem gewesen. Auch ein Vorstoß auf der westl. Seite an Kairo vorbei - kein Problem.
Man sollte nicht die heutige Zeit mit der vor 80 Jahren verwechseln.
Natürlich gab es einen Großraum Kairo. Mit halt so 2 Millionen Menschen damals.
Das Problem was du nicht siehst: Die Breite und Tiefe des Nildeltas. Das Afrikakorps agierte mit beschränkten Kräften in einem Küstenstreifen von in der Regel weniger als 50km Breite. Meistens weniger als 30km. Im Nildelta weicht die Wüste zurück und der bespielbare Kampfraum weitet sich allein zwischen Kairo und Alexandria auf 180km aus. Bei einer Tiefe östlich von Alexandria bis Suez von 250km.
Das sind Räume die du nicht mal eben mit einem kühnen Panzervorstoß nehmen kannst. Natürlich ist es möglich einen Panzerkeil zwischen Alexandria und Kairo ins Delta zu treiben. Und dann? Ein solcher Vorstoß öffnet enorme Flanken die durch Deckungstruppen gehalten werden müssten damit die Panzer nach Suez hätten vorstoßen können.
Selbst wenn es gelingt Alexandria recht schnell zu isolieren, was hindert die Briten daran die Deutschen Flanken von Süden her zu bedrohen? Schneemann hatte es schon angerissen, Italienisch-Ostafrika war bis Ende 1941 weitgehend eingenommen. Ein Vorstoß der Achsenmächte nach Ägypten hätte dazu geführt, dass sich die Ostafrikakampagne verzögert hätte, stattdessen hätte man die entsprechenden Truppenverbände ins südliche Ägypten verlegt und hätte die deutschen Flanken angegriffen während eine verstärkte 9. Armee vor Suez gehalten hätte.
Natürlich kannst du postulieren, dass man neben einer stärkeren Panzerarmee Afrika und wesentlichen Elementen der Luftwaffe auch noch ausreichend deutsche oder italienische Infanterie als Flankenschutz im Nildelta aus Tripolis und Benghazi hätte supporten können. In meinen Augen sind das Hirngespinste.
stef schrieb:Mit welchen Truppen hätten denn diese britischen Flankenangriffe gestartet werden sollen?Ein breiter Deutscher Aufmarsch im Mittelmeerraum für einen Schwerpunkt Nordostafrika hätte doch dazu geführt, dass die britischen Expeditionskräfte nie nach Griechenland entsandt worden wäre.
Die britische Basis Ägypten war noch nicht aufgebaut, die Masse der britischen Truppen war vorher nach Griechenland verlegt worden und die in Libyen aufgerieben.