06.11.2024, 03:35
Was die "Demilitarisierung" anlangt; vielleicht stünde am Ende nicht die kolportierte Zahl von 50.000 unterm Strich, aber jedenfalls würde Russland eine massive Reduzierung des Personal- und v.a. des Materialbestands der ukrainischen Streitkräfte verlangen. Das wird nicht verhandelbar sein (und ich glaube nicht, dass man z.B. in Berlin irgendeinen Plan B für diesen Fall in der Schublade hat), denn betrachtet man die geopolitische Situation nüchtern, erweist sich das als unabdingbare Voraussetzung für die russische Position:
Erstens hat man dem eigenen Volk die Ukraine als militärische Bedrohung präsentiert. Man kann also aus Prestige- und Glaubwürdigkeitsgründen keine starke ukrainische Armee dulden. Es würde wirken, als hätte man vergebens gekämpft.
Zweitens ist die Eroberung der Restukraine schon rhetorisch vorbereitet, Medwedew und Patruschew senior haben sie bereits als Staatsziel ausgerufen, und auch Putin kommt von seiner Palme nicht mehr herunter. Russland muss also versuchen, am Verhandlungstisch zu erreichen, was im Felde bisher kaum geklappt hat: die ukrainische Armee vor einem etwaigen Angriff entscheidend zu schwächen.
Drittens wird die Ukraine sehr wahrscheinlich territoriale Zugeständnisse machen müssen, und angesichts der innenpolitischen Lage im Land wäre es durchaus möglich, dass nach einem entsprechenden Vertrag in Kiew ein Revisionist an die Macht kommt, der nach dem Vorbild Aserbaidschans die Rückeroberung der geraubten Gebiete versucht. Warum sollte Russland eine solche Situation überhaupt erst entstehen lassen? Nach den Oktober-Umfragen wollen immer noch zwei Drittel der Ukrainer, dass der Krieg weitergeht, falls und solange es nötig ist.
Viertens zeichnet sich ab, dass die Soldaten, Veteranen und deren Familien Zugeständnisse an Russland nicht akzeptieren könnten: (Link) Derzeit umfasst die ukrainische Armee über 1,2 Mio. Soldaten, und es gibt an die 200.000 ausgemusterte Veteranen aus dem Zeitraum 2014-2022. Wenn Russland darauf dringt, einen Großteil dieser Leute zu entlassen und ihnen metaphorisch zu sagen: "Ihr habt zehn Jahre vergebens gekämpft!", ist der Ukraine eine schwere, vielleicht existenzbedrohende innenpolitische Krise gewiss. Die Milizen aus der Zeit um 2014 könnten sich erneut formieren, bürgerkriegsähnliche Zustände wären nicht undenkbar. Was für Russland vorteilhaft wäre.
Fünftens weiß Moskau, das einst dem Deutschen Reich bei der Umgehung der Bestimmungen des Vertrags von Versailles half, dass eine so kleine Armee für die Ukraine eine selbstmörderische und unannehmbare Bedingung wäre, und Kiew versuchen dürfte, die auferlegten Beschränkungen zu umgehen. Dann hätte man einen Kriegsgrund, den man der ganzen Welt präsentieren könnte.
Und deswegen wird Russland alles daran setzen, entweder militärisch oder diplomatisch die ukrainische Wehrfähigkeit zu zerschlagen.
Und ich würde sogar behaupten, dass der Punkt "Entmilitarisierung", der eigentlich nur einer von vielen im russischen Forderungskatalog ist, für Russland gleich nach der Forderung kommt, die beanspruchten Gebiete abzutreten. Umgekehrt werden die Ukrainer eher territoriale Zugeständnisse machen, als sich von Russland entwaffnen zu lassen.
Über alle anderen Punkte lässt sich wesentlich leichter verhandeln, weil die Forderungen unspezifisch genug sind, dass auch faktisch bedeutungslose Zugeständnisse als Sieg präsentiert werden können.
Irgendein schöner Passus zur russischen Sprache in der Verfassung?
Das tut der Ukraine nicht weh, und da würden wohl sogar die ärgsten Nationalisten mitmachen müssen, weil die große Mehrheit der Ukrainer ihnen lange nicht vergeben würde, die Rückkehr zum bloßen status quo ante blockiert zu haben.
Blockfreiheit?
Da könnte sich Russland mit wachsweichen Zusicherungen zufriedengeben, weil die politischen Verhältnisse zumindest in der Türkei und in Ungarn erwarten lassen, dass diese Staaten auch in zehn, zwanzig Jahren der Aufnahme der Ukraine in die NATO nicht zustimmen würden.
Aber bei den Gebieten und bei der Stärke der ukrainischen Armee gibt es keine Interpretationsspielräume.
Erstens hat man dem eigenen Volk die Ukraine als militärische Bedrohung präsentiert. Man kann also aus Prestige- und Glaubwürdigkeitsgründen keine starke ukrainische Armee dulden. Es würde wirken, als hätte man vergebens gekämpft.
Zweitens ist die Eroberung der Restukraine schon rhetorisch vorbereitet, Medwedew und Patruschew senior haben sie bereits als Staatsziel ausgerufen, und auch Putin kommt von seiner Palme nicht mehr herunter. Russland muss also versuchen, am Verhandlungstisch zu erreichen, was im Felde bisher kaum geklappt hat: die ukrainische Armee vor einem etwaigen Angriff entscheidend zu schwächen.
Drittens wird die Ukraine sehr wahrscheinlich territoriale Zugeständnisse machen müssen, und angesichts der innenpolitischen Lage im Land wäre es durchaus möglich, dass nach einem entsprechenden Vertrag in Kiew ein Revisionist an die Macht kommt, der nach dem Vorbild Aserbaidschans die Rückeroberung der geraubten Gebiete versucht. Warum sollte Russland eine solche Situation überhaupt erst entstehen lassen? Nach den Oktober-Umfragen wollen immer noch zwei Drittel der Ukrainer, dass der Krieg weitergeht, falls und solange es nötig ist.
Viertens zeichnet sich ab, dass die Soldaten, Veteranen und deren Familien Zugeständnisse an Russland nicht akzeptieren könnten: (Link) Derzeit umfasst die ukrainische Armee über 1,2 Mio. Soldaten, und es gibt an die 200.000 ausgemusterte Veteranen aus dem Zeitraum 2014-2022. Wenn Russland darauf dringt, einen Großteil dieser Leute zu entlassen und ihnen metaphorisch zu sagen: "Ihr habt zehn Jahre vergebens gekämpft!", ist der Ukraine eine schwere, vielleicht existenzbedrohende innenpolitische Krise gewiss. Die Milizen aus der Zeit um 2014 könnten sich erneut formieren, bürgerkriegsähnliche Zustände wären nicht undenkbar. Was für Russland vorteilhaft wäre.
Fünftens weiß Moskau, das einst dem Deutschen Reich bei der Umgehung der Bestimmungen des Vertrags von Versailles half, dass eine so kleine Armee für die Ukraine eine selbstmörderische und unannehmbare Bedingung wäre, und Kiew versuchen dürfte, die auferlegten Beschränkungen zu umgehen. Dann hätte man einen Kriegsgrund, den man der ganzen Welt präsentieren könnte.
Und deswegen wird Russland alles daran setzen, entweder militärisch oder diplomatisch die ukrainische Wehrfähigkeit zu zerschlagen.
Und ich würde sogar behaupten, dass der Punkt "Entmilitarisierung", der eigentlich nur einer von vielen im russischen Forderungskatalog ist, für Russland gleich nach der Forderung kommt, die beanspruchten Gebiete abzutreten. Umgekehrt werden die Ukrainer eher territoriale Zugeständnisse machen, als sich von Russland entwaffnen zu lassen.
Über alle anderen Punkte lässt sich wesentlich leichter verhandeln, weil die Forderungen unspezifisch genug sind, dass auch faktisch bedeutungslose Zugeständnisse als Sieg präsentiert werden können.
Irgendein schöner Passus zur russischen Sprache in der Verfassung?
Das tut der Ukraine nicht weh, und da würden wohl sogar die ärgsten Nationalisten mitmachen müssen, weil die große Mehrheit der Ukrainer ihnen lange nicht vergeben würde, die Rückkehr zum bloßen status quo ante blockiert zu haben.
Blockfreiheit?
Da könnte sich Russland mit wachsweichen Zusicherungen zufriedengeben, weil die politischen Verhältnisse zumindest in der Türkei und in Ungarn erwarten lassen, dass diese Staaten auch in zehn, zwanzig Jahren der Aufnahme der Ukraine in die NATO nicht zustimmen würden.
Aber bei den Gebieten und bei der Stärke der ukrainischen Armee gibt es keine Interpretationsspielräume.