02.11.2024, 18:18
Zitat:Man erwartet das die russische Wirtschaft in diesem Jahr um 3,6 Prozent wachsen wird.Das überrascht mich dann doch etwas. Ich wäre eigentlich angesichts der massiv aufgeheizten Rüstungsindustrie - die mittlerweile wohl irgendwo zwischen 20% und 25% des BIP ausmacht - von einem Wachstum von über 5% ausgegangen. Aber offenkundig reicht selbst dieser grotesk aufgeblähte Wehretat nicht aus, um das (Schein-)Wachstum weiterführend zu generieren. Eine Ursache könnte sein, dass die russische Rüstung eben nicht mehr für den Export produziert, sondern für die "heimische Nutzung" bzw. weil man die Gerätschaften selbst benötigt. Der deutliche Rückgang in den Rüstungsexporten (Indien 2012: 3,8 Mrd. Dollar, aktuell: 1,1 Mrd. Dollar; China 2018: 1,8 Mrd. Dollar, aktuell: 0,7 Mrd. Dollar; sonstige Länder weltweit 2011: 4,5 Mrd. Dollar, aktuell: 0,7 Mrd. Dollar) spiegelt dies auch wieder.
Eine Wachstumsrate von 3,6 Prozent im Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2023 positionierte beispielsweise Russland als eine der am schnellsten wachsenden Großwirtschaften der Welt außerhalb von Indien und China...
Nur während man mit Exporten eben noch Geld ins Land holen kann, kann man dies mit dem Nutzen der Rüstungsgüter selbst nicht erreichen. Und das russische BIP, das von knapp 2.300 Mrd. Dollar (2022) auf knapp 2.000 Mrd. Dollar 2023 einbrach, erholt sich dadurch nur sehr langsam - aktuell liegt es wohl bei 2.050 Mrd. Dollar. ABER: Diese "Erholung" kommt nur durch die massive Aufblähung der Rüstungsindustrie zustande, die ein Fass ohne Boden ist bzw. keine Werte schafft. Es ist folglich eine Scheinerholung. Würde man also die künstlich befeuerte Rüstungsindustrie herausrechnen, dann läge das russische BIP wohl deutlich unter 2.000 Mrd. Dollar (vermutlich 1.700 Mrd. oder weniger?).
In gewisser Weise muss der Kreml also diese Rüstungsblase aufrechterhalten. Einerseits natürlich aus propagandistischen Gründen, andererseits aber auch schlicht deswegen, weil bei einem plötzlichen Frieden und einem Abstellen des Rüstungsmotors der wirtschaftliche (Ab-)Sturz ins kalte Wasser erfolgen würde. Und ob die Russen es Putin und seiner Kamarilla verzeihen würden, dass sie sie nicht nur in einen Krieg mit hunderttausenden Opfern getrieben haben, sondern wenn sie sie danach auch noch in Armut stürzen würden, muss man durchaus hinterfragen? Das könnte das labile innenpolitische Gerüst, man denke auch an Veteranen des Ukrainekrieges, wenn diese die Armut zuhause dann sehen, durchaus ins Wanken bringen. Insofern gibt es auch noch ein rein innenpolitisches Kalkül in Moskau, die Rüstung weiter zu befeuern.
Es ist aber fast wie bei ein Kater - man trinkt dagegen an, aber der Entzug wird am Ende nur umso schlimmer.
Schneemann