30.10.2024, 11:08
(30.10.2024, 07:58)Quintus Fabius schrieb: Da gibt es ganz andere Gründe, warum man Russland als Faschistisch einstufen kann.
Aber um dir hier eine Synthese anzubieten: Klerikalfaschismus wäre meiner Meinung nach die passendste Bezeichnung / Definition.
Der Einbezug der Kirche ist nur ein Propagandamittel. Es ist nicht so, als dass die Orthodoxie irgendetwas wesentlich im operativen Tagesgeschäft mitbestimmen würde.
• Die russisch-orthodoxe Kirche hat Macht und Einfluss, ist aber nicht gleichgestellt mit dem Staat; vielmehr unterstützt sie das Regime vor allem auf ideologischer Ebene.
Vielleicht wird dieser Einfluss in Zukunft steigen, sobald Putin schwächer wird oder es einen Nachfolger gibt.
• Der Staat verfolgt eine nationalistische und imperiale Ideologie, die zwar auf „orthodoxen Werten“ basiert, jedoch auch Elemente eines neuen russischen Imperialismus aufweist, der nicht rein religiös ist.
• Der russische Staat kontrolliert und lenkt die Medien und politische Opposition stark, wobei die Religion eine untergeordnete Rolle spielt im Vergleich zur Stärkung der nationalen und kulturellen Identität.
Russland lässt sich daher besser als autoritäres, ultranationalistisches Regime beschreiben, das religiöse und traditionelle Werte nutzt, um gesellschaftliche Stabilität und den Zusammenhalt zu fördern und seine Macht zu legitimieren.
Der Einbezug der Religion ist daher mehr als eine Art gesellschaftlicher Kleber zu verstehen, der die Kohäsion fördern soll. Rigide konservative Moralvorstellungen, wie sie scheinbar religiös legitimiert werden, sind dabei hilfreich im Kampf gegen den „dekadenten Westen“.
Und schliesslich: eine gläubige Bevölkerung, die das eigene kritische Denken in Bezug auf gewisse Dinge (Moral, Obrigkeit) aufgegeben hat, lässt sich viel einfacher manipulieren.