01.09.2024, 15:53
(01.09.2024, 14:30)Old Boy schrieb: Ich habe neulich zu meinem nicht enden wollenden Erstaunen den Grund erfahren, weshalb die Bundesregierung keine geflüchteten Ukrainer im wehrfähigen Alter (allein in Deutschland über 200,000) in die Ukraine zurückschicken möchte, noch ukrainische Freiwillige auf deutschem Boden militärisch ausbilden möchte, um einen Freiwilligenverband zu formen: Arbeitskräfte!Und von wem hast Du das erfahren? Das erscheint mir doch wenig wahrscheinlich.
Erstens lässt die Integration ukrainischer Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt erkennbar zu wünschen übrig, und es gibt auch wenig Grund zur Annahme, dass sich dies ohne umfangreiche Maßnahmen ändert.
Es handelt sich nun mal um Kriegsflüchtlinge, um Menschen, die – anders als z.B. viele Syrer – eigentlich in ihre Heimat zurückkehren möchten, und deswegen wenig Grund dazu sehen, sich hier eine eigene Existenz aufzubauen (zumal angesichts eines großzügigen Sozialstaats). Kann ich nachvollziehen, würde ich vielleicht auch so machen.
Zweitens wird die Ukrainepolitik der Bundesregierung von mindestens einem Drittel der deutschen Wähler kategorisch abgelehnt; mit Abstufungen unterhalb der Schwelle von "kategorisch" sind es, je nach Umfrage, sogar noch deutlich mehr. Doch gärt diese Ablehnung gerade in den demographischen Segmenten, auf die die SPD besonders angewiesen ist. Man wird sogar davon ausgehen dürfen, dass sich hinter der oppositionellen CDU gegenwärtig mehr vorbehaltlos pro-ukrainische Wähler versammeln als hinter den Regierungsparteien, ausgenommen Bündnis 90/Grüne.
Ukrainische Freiwilligenverbände unter deutscher Anleitung für den Krieg gegen Russland aufzubauen, wäre eine Maßnahme, die diese Regierung meines Erachtens schlichtweg nicht politisch verantworten kann.
Drittens stellt sich nach wie die Frage, ob die deutsche Ukrainepolitik überhaupt ein greifbares strategisches Ziel verfolgt. Ich denke nicht. Ich denke, dass Olaf Scholz am liebsten überhaupt keine Probleme an der Backe hätte, und seine Politik vor allem darauf abzielt, die an ihn herangetragenen Ansprüche zu balancieren. Die Ostdeutschen, die sozialistische Friedensbewegung sowie die stark pro-russischen norddeutschen SPD-Landesverbände zerren an der einen Seite; sein grüner Koalitionspartner, die bürgerliche Mitte und die Alliierten zerren an der anderen Seite.