21.08.2024, 00:48
(20.08.2024, 16:36)lime schrieb: Doch können sie, ist sowie nur eine Frage der Zeit bis die USA die Ukraine wie eine heiße Kartoffel fallen lässt. Mit Trump kommt es früher mit den Demokraten etwas später.Das ist nur eine von sehr vielen Möglichkeiten, und keineswegs sicher. Möglich wäre z.B. auch, dass der weiter oben genannte, von Selenskyj angestrebte Effekt eintritt und die westlichen Partner ihre Politik revidieren, weil sie merken, dass seine Einschätzung richtig war.
Davon abgesehen kamen aus dem Trump-Lager zuletzt einige Vorschläge zur Lösung des Konflikts, die allermindestens mal nahelegen, dass Trump keine Absicht hat, die Ukraine einfach fallenzulassen, sobald er die Wahl gewonnen hat. Der britische Ex-Premier Johnson behauptet, dass sein Busenfreund Trump ihm im Zwiegespräch versichert habe, dass er die Ukrainer sogar aufrüsten und alle Beschränkungen kippen wolle, um die Russen an den Verhandlungstisch zu zwingen. Auch Pompeo, Außenminister unter Trump, äußerte sich dahingehend.
(20.08.2024, 20:27)Pmichael schrieb: Ich finde ja die ganzen Berichte über die Wehrpflichtigen der Russen in der Kursk Region ja fürchterlich interessant. Geringe Kampfkraft, schlecht ausgestattet und generell nicht vorbereitet - von der unmenschlichen Konzentration Lagern für unwillige Soldaten mal ganz abgesehen, ergeben sie sich oft nach kurzen Gefechten in großer Anzahl.Wie man v.a. in Deutschland von einer erdrückenden russischen Übermacht und unvermeidlichen ukrainischen Niederlage auszugehen bereit ist – selbst ehemalige Offiziere wie Vad, Kujat, Thiele, die es besser wissen müssten –, ist natürlich großer Quatsch. Ein Krieg ist kein Trumpf-Kartenspiel, es gewinnt nicht automatisch der, der den höchsten Wert auf seiner Karte stehen hat. Trotzdem denke ich, dass Deine Einschätzung ein bisschen zu optimistisch ist.
Und das ist ja im Prinzip nichts neues, war es doch grundsätzlichen Zügen schon die Einschätzung der NATO während des Kalten Krieges, daher empfinde ich es immer ganz schön absurd wie man oft eine Überlegenheit bezüglich der Kriegstüchtigkeit der Russen erdichtet. Diese Russen würden einen Krieg gegen die NATO nicht lange überstehen.
Man muss auch die Verhältnisse vor Ort bedenken. Die Lage in Kursk ist aus russischer Sicht objektiv ein Alptraum, da findet auch zwei Wochen nach Beginn der Offensive offensichtlich immer noch keine richtige Koordination der Verteidigung statt, es gibt unklare und konkurrierende Hierarchien, Panzer müssen aus dem Raum Woltschansk (bei Charkiw) herangekarrt werden, also direkt von der Front.
Die Kadyrowzy, die das Gebiet verteidigen sollten und offenbar ihre Zeit damit verbrachten, auf den Dörfern Frauen zu belästigen, haben sich beim ersten Anzeichen von Gefahr verpisst.
Und jetzt stehst Du da als grüner Wehrpflichtiger ohne klaren Auftrag, und siehst Dich ukrainischen Truppen gegenüber, die auf zwei, drei, in einzelnen Fällen zehn Jahre Kriegserfahrung zurückblicken und in bester Laune sind, weil sie dem Woschd ein herrliches Schnippchen schlagen konnten?
Ganz ehrlich, wer würde sich da nicht ergeben?
Jetzt kommt das aber.
Was die, nennen wir sie mal, Veteranen Russlands angeht – die Kontraktniki, Mobiks und Freiwilligen der letzten drei Jahre –, so werden sie von ihren ukrainischen Gegnern keineswegs geringgeschätzt. Etwaige Ausbildungsmängel und die grottenschlechte Führung (sowohl taktische als auch Menschenführung) machen sie durch persönlichen Mut wett. Wohlgemerkt: Wir sprechen hier von einer Gruppe, die nach konservativer Schätzung mindestens eine halbe Million Mann stark ist. Und das ist eine halbe Million kriegserfahrener Soldaten mehr, als die NATO hat. Denn, wie es unlängst der ranghöchste Unteroffizier des US-Heeres (Command Sergeant Major of the Army) Michael Weimer so treffend formulierte: "I've seen a lot of combat. But I have no idea what war is. I can't even begin to imagine what fighting in Ukraine is like."
Ich denke nicht, dass die NATO Russland einfach zum Frühstück verputzt. Insbesondere die Opfer- und Leidensbereitschaft der russischen Bevölkerung könnte einen solchen Konflikt erheblich in die Länge ziehen.
Demgegenüber sehe ich keine solche Resilienz in den meisten westlichen Gesellschaften. Insbesondere nicht in den westeuropäischen. Mal ganz abgesehen vom Zustand und den Werten der Generation, die diesen Krieg führen müsste, man stelle sich das mal vor: Da sitzen einige der ranghöchsten deutschen Offiziere außer Dienst (wie General Kujat und Vizeadmiral Schönbach) und bezeichnen es praktisch seit Tag 1 dieses Krieges als ihre Expertise, dass die Ukraine nicht gewinnen könne und sich lieber ergeben solle, um unnötige Opfer zu vermeiden. Ganz im Ernst, ich hoffe wirklich, dass diese ganze Riege von Russland bezahlt wird, denn wenn dies die Mentalität unserer militärischen Führung ist – wegducken und aufgeben –, dann gute Nacht.