09.08.2024, 20:28
@KheibarShekan
Übrigens musste man sich dazu in Teheran sogar geradezu verbiegen. Denn die Palästinenser standen bei Khomeini in keinem guten Ruf. Grund war u. a., dass Khomeini Arafat und die PLO im Verdacht hatte, dass sie seinen sehr geschätzten Zögling Musa al-Sadr (https://de.wikipedia.org/wiki/Musa_as-Sadr), der mit seiner (zumindest anfangs) sehr disziplinierten, schiitischen Amal-Bewegung im Libanon dem wirren Treiben der PLO gerade im Südlibanon einen Riegel vorgeschoben hatte, durch Gaddafi haben umbringen lassen. Diese Tat, auch wenn sie nie gänzlich im Detail bewiesen werden konnte, hat Khomeini der Palästinenserführung nie verziehen. Dass man dann sich das "Ziel Jerusalem" und den "Kampf gegen die Zionisten" auf die Fahnen schrieb, war, zumindest anfangs, keiner wie auch immer gearteten Sympathie für die Palästinenser geschuldet, sondern diente vorzugsweise der inneren Konsolidierung der iranischen Revolution und der Kanalisierung auf ein "ausländisches Ziel". Zudem konnte man so die als Feindbild definierten USA "ärgern", wenn man deren kleinen Verbündeten Israel angriff. Insofern: Man hat - sogar seinerzeit trotz und mit erkennbarem Widerwillen ggü. den Palästinensern - sich in einen Konflikt hineinbegeben, der einen nicht tangierte und den man nicht brauchte (schließlich saß den Persern in den 1980ern noch Saddam mit seinem Gaskrieg am Schatt el-Arab im Genick). Aber man wollte es - und die Folgen sehen wir eben heute.
Schneemann
Zitat:Der Iran von 1970 ist aber nicht der selbe wie von 1979+. In vielerlei Hinsicht ist er das nicht.Das ist richtig, aber es macht die Gemengelage auch nicht besser. Nur weil sich das politische System eines Landes ändert, bedeutet dies nicht, dass sich hierdurch die Verantwortung für ein wie auch immer geartetes nationales Handeln verändert bzw. dass man keine Verantwortung hierfür zu übernehmen hätte. Das Deutschland von heute ist auch nicht das Kaiserreich Wilhelms II., dennoch waren es Deutsche, die in Deutsch-Südwest einen brutalen, genozidähnlichen Kolonialkrieg führten und wofür Deutschland als ehemalige Kolonialmacht auch eine Verantwortung hat (Details dazu - falls erwünscht - aber bitte nicht hier, sondern im Geschichte-Bereich). Man kann sich hier also kaum herausreden.
Zitat:Die Situation und das Verhalten Irans ist historisch erklärbar.Nur bedingt. Man mag in Iran sich die Gegnerschaft zu den USA vielleicht noch über drei Ecken herbeidichten können wollen, wenn man an Mossadegh denkt, aber es sei daran erinnert, dass eben dieser Mossadegh ein zumindest sozialistisch gefärbter, säkularer Politiker war, dessen politische Kernphilosophie den Hass eines jeden konservativen Mullahs erzeugen würde und auch erzeugt hat. Und die MEK und andere gegenwärtige Irrlichtereien entstanden nicht ohne Grund - die schiitischen Eiferer haben diese sozialistisch bis teils anarchistisch eingefärbten revolutionären Gruppen, die teils auch mit der UdSSR sympathisierten, gerne als Verbündete angesehen, zumindest solange wie es gegen den US-hofierten Schah ging. Als sich dann die religiösen Eiferer aber 1979 durchgesetzt hatten, haben sie die von ihnen als "gottlos" angesehenen ehemaligen Verbündeten über die Klinge springen und brutal mit Mord und Folter verfolgen lassen - mit dem Ergebnis, dass diese in den Untergrund gingen und man sich eine Basis für einen homegrown terrorism geschaffen hat; eine Basis übrigens, die heute auch mutmaßlich der Mossad für sich nutzen kann (spekulativ meinerseits).
Zitat:Gibt es denn auch nicht künstlich erzeugte Konflikte?Ja, hängt aber von der Ursache und der Zeit ab.
Zitat:Der Nahostkonflikt ist Irans Konflikt, den er künstlich am köcheln hält? Die These ist völlig absurd.Du lenkst hier ab. Ich redete bzgl. "unnötigem Krieg" nicht vom Nahostkonflikt, sondern vom iranisch-israelischen Konflikt. Der Nahostkonflikt ist deutlich älter als dieser unsinnige Gegensatz zwischen Iran und Israel. Und eben diesen Gegensatz hat der Iran seit 1979 künstlich herbeigeführt.
Übrigens musste man sich dazu in Teheran sogar geradezu verbiegen. Denn die Palästinenser standen bei Khomeini in keinem guten Ruf. Grund war u. a., dass Khomeini Arafat und die PLO im Verdacht hatte, dass sie seinen sehr geschätzten Zögling Musa al-Sadr (https://de.wikipedia.org/wiki/Musa_as-Sadr), der mit seiner (zumindest anfangs) sehr disziplinierten, schiitischen Amal-Bewegung im Libanon dem wirren Treiben der PLO gerade im Südlibanon einen Riegel vorgeschoben hatte, durch Gaddafi haben umbringen lassen. Diese Tat, auch wenn sie nie gänzlich im Detail bewiesen werden konnte, hat Khomeini der Palästinenserführung nie verziehen. Dass man dann sich das "Ziel Jerusalem" und den "Kampf gegen die Zionisten" auf die Fahnen schrieb, war, zumindest anfangs, keiner wie auch immer gearteten Sympathie für die Palästinenser geschuldet, sondern diente vorzugsweise der inneren Konsolidierung der iranischen Revolution und der Kanalisierung auf ein "ausländisches Ziel". Zudem konnte man so die als Feindbild definierten USA "ärgern", wenn man deren kleinen Verbündeten Israel angriff. Insofern: Man hat - sogar seinerzeit trotz und mit erkennbarem Widerwillen ggü. den Palästinensern - sich in einen Konflikt hineinbegeben, der einen nicht tangierte und den man nicht brauchte (schließlich saß den Persern in den 1980ern noch Saddam mit seinem Gaskrieg am Schatt el-Arab im Genick). Aber man wollte es - und die Folgen sehen wir eben heute.
Zitat:Es ist und bleibt absurd den Iran für den unnötigen, erfolglosen Krieg Israels mit der Hamas aufgrund des 7.10. verantwortlich zu machen.Es ist von auszugehen, dass a) der Iran zumindest in den unteren Chargenbereichen Kenntnis von dem Überfall hatte; zudem ist b) der Krieg der Israelis gegen die Hamas nach dem 7. Oktober nicht "unnötig" - es ist die logische und schlichte Gegenreaktion auf das schlimmste Massaker an Juden an einem einzigen Tag seit dem Zweiten Weltkrieg; und sie ist auch nicht "erfolglos", denn die Hamas ist derzeit kurz vor der Zerschlagung. Und das ist auch zweifelsfrei nötig.
Zitat:Bis Israel auf die Idee gekommen ist den Iran direkt anzugreifen, war das so.Der Iran hat über seine Proxies seit grob drei bis vier Jahrzehnten Israel attackiert und Menschen getötet, egal ob durch Raketenbeschuss oder Bombenanschläge über den halben Globus hinweg. Nun empört von einem Angriff Israels auf den Iran zu reden, entbehrt so ziemlich jeder Realität.
Schneemann