08.06.2024, 14:10
Zitat:Die Hamas hat mit dem Iran und der Hisbollah relativ wenig am Hut. Das ist insoweit richtig, wird aber oft falsch dargestellt.Was im Grunde und zudem ein Faktor sein könnte, dass man die Hamas an der langen Hand verhungern lassen will. Bzw. dass sie keine größere Eskalation wert ist, zumal man die IDF mit dem Überfall am 7. Oktober und seitdem ja zumindest in erheblichem Maße beschäftigt - was sicherlich im Interesse der Iraner ist (unabhängig davon, wie tief die Verstrickungen zwischen Iran und Hamas nun waren oder nicht waren).
Zitat:Die Gruppierung Hamas ist ein Vehikel der in Westasien relativ mächtigen Muslimbruderschaft und nicht zuletzt von Israel selbst.Der erste Teil des Satzes stimmt sicherlich, der zweite Teil - d. h. wonach die Hamas bzw. die Muslimbrüder auch ein Vehikel der Israelis seien - ist aber in der Pauschalität nicht haltbar. (Die Details über die Entstehung der Hamas und die kolportierten Verstrickungen israelischer Geheimdienste in diese Entstehung haben wir hier im Forum auch schon mal diskutiert, ich müsste den Strang aber nun suchen.)
Zitat:Die Theorien über die vermeintliche Befehlsgewalt Teherans über "seine Proxies" wird aber auch nicht richtiger, indem man sie wiederholt.Du möchtest doch nicht ernsthaft abstreiten, dass z. B. die Hisbollah ein verlängerter Arm Teherans ist und auch Weisungen von dort erhält?
Zitat:Die angesprochene Macht-Basis der Hisbollah ist im Libanon innenpolitischer und militärischer Natur und da muss man auch unterscheiden.Nein, sie ist einerseits militärisch ein Faktor als "Staat im Staate" und nimmt diese Sonderrechte recht selbstgefällig auch wahr. Und zudem ist sie eben auch eine politische Partei. Das heißt aber nicht, dass militärischer und politischer Bereich nun säuberlich trennbar wären. Darum geht es mir aber nun nicht primär.
Vielmehr ist der Libanon eine gewichtige Basis für die Hisbollah und damit auch von Teheran. Und das Land selbst ist äußert labil, sowohl innenpolitisch als auch wirtschaftlich (zudem sind zahlreiche Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien noch im Land), und an dieser Labilität hat die Hisbollah (und hat auch die frühere Amal) durchaus ein gerüttelt Maß Anteil durch ihre Vetternwirtschaft, ihre Korruption und ihre politischen Sonderlocken. Wenn es nun zu einem größeren Krieg mit Israel käme, würde das Land diesen sehr wahrscheinlich nicht überstehen, sondern es würde in neuen Wirren, vielleicht sogar in einem neuen Bürgerkrieg entlang der konfessionellen Grenzen versinken. Und das wiederum würde die recht gute innenpolitische Position bzw. die weitgehend gefestigte Machtbasis der Hisbollah mittelfristig gesehen extrem gefährden. Ein Umstand, den weder die Hisbollah noch in Iran irgendwer brauchen könnte. Insofern sehe ich keinen Sinn darin und verstehe es auch nicht, wenn die Hisbollah nun in Nordisrael herumzündelt bzw. deswegen nenne ich diese aktuellen Aktionen einen strategischen Fehler (aus der iranischen Perspektive gesehen, ohne nun Sympathien damit ausdrücken zu wollen).
Schneemann