19.05.2024, 08:36
Sorry, ich komme eben erst zum Antworten.
@Quintus
Hinzu kam, dass das Christentum eigentlich nur schwer als "das Christentum" bezeichnet werden kann, denn die Anhängerschaft war stark zerstritten, vor allem der Zwist zwischen Arianern und Trinitariern (die, wie der Name sagt, von der Dreifaltigkeit Gottes ausgingen, was die Arianer vehement ablehnten). Im Konzil von Nicäa konnten sich 325 n. Chr. sogar die Arianer zeitweilig durchsetzen. Dieser Streit und die ideologisch-religiöse Vormachtstellung der Arianer hielt bis in die 360er Jahre an, was dazu führte, dass unter Kaiser Julianus (Beinamen apostata = "der Abtrünnige") sogar der alte römische Götterkult wieder an Einfluss gewann. Angeblich soll Julianus gelästert haben, dass die Christen sich ja selbst nicht einig seien, was sie wollen. Erst 380 n. Chr. (siehe oben) hat dann Theodosius I. die trinitarische Lehre zur Staatsreligion erhoben.
Interessant hierbei, um kurz die Kurve zu den Barbaren zu schlagen, ist, dass bspw. die Goten, die etwa ab der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts allmählich christianisiert wurden ("Germanenmission", Stichwort Wulfila - https://de.wikipedia.org/wiki/Wulfila) zumeist Anhänger des Arianismus wurden, was sie in Gegensatz zur trinitarischen Lehre brachte, was dann erneuten Sprengstoff mit sich brachte.
Was auch interessant ist, ist, dass der Fernhandel zwar rückläufig war, aber man dafür Hinweise hat, wonach die Produktion von "einfacheren" Gütern des Fernhandels, z. B. Getreide oder Wein, lokal abgewickelt wurde (soweit möglich). Lediglich sehr teure Güter, etwa Gewürze, Gläser oder Schmuck, wurden noch im Fernhandel abgebildet. Und dadurch, dass die lokale Produktion einen Aufschwung in einfacheren Gütern sah, nahm die Wirtschaftsleistung zu.
Vor diesem Hintergrund ersann man in Rom die Logik, dass es einfacher ist, barbarische Völker an den Grenzen anzusiedeln als sie zu bekämpfen. Denn wenn man diese ansiedelt, übernehmen sie nicht nur den Grenzschutz (und man muss sie auch nicht bekämpfen), sondern sie erwirtschaften auch noch ihren Unterhalt selbst und führen entsprechend Abgaben ab. Allerdings ging diese Rechnung nicht ganz auf, denn die barbarischen Völkerschaften erwiesen sich als nicht unbedingt ideal was die Bestellung der Scholle angeht (gerade auch über die Goten an der Donau gibt es einige Klagen seitens der Römer). Ein weiteres Problem war, dass der Schutz, den Rom eigentlich seinen Gebieten zuzusichern hätte, nicht mehr bzw. nicht immer gewährleistet werden konnte. Hieraus resultierten dann u. a. auch die von dir genannte Bagauden-Bewegung, vor allem in Gallien, da die Bauern ihr Recht selbst in die Hand nahmen und sich marodierenden Gruppen anschlossen. Zwar bekam Rom das Problem mit brachialer Gewalt wieder in den Griff, aber dafür fehlten dann, gerade in Gallien, die Besteller für das Ackerland.
Schneemann
@Quintus
Zitat:...da Milspec explizit von einem Zeitpunkt schrieb - 400 n Chr - während du hier von der Reichskrise im 3 Jahrhundert schreibst. Das ist nicht der gleiche Zeitraum.Das ist richtig, fiel mir auch gerade auf. Gleichwohl aber ist der Schnitt zwischen den Zeiträumen nur schwer zu machen. Die Krise setzte im 3. Jahrhundert ein unter den Soldatenkaisern, die Folgen dieser Politik schwappten in die Zeit nach 300 n. Chr. massiv mit hinüber. D. h. dieser Niedergang war ein Prozess, der über die Grenzen der Jahrhunderte hinausreicht.
Zitat:Es breitete sich dann das Christentum massiv in der Bevölkerung aus, was die Wehrkraft meiner rein persönlichen Meinung nach schwächte, aber nicht weil das Christentum weich war, sondern aufgrund der religiösen Intoleranz, der dadurch verursachten inneren Konflikte und Verfolgungen im Kontext mit der religiösen Toleranz der Barbaren die auch Christen waren.Die barbarischen Stämme waren allerdings noch keine Christen und das Christentum selbst stand im römischen Reich zu Beginn des 4. Jahrhunderts noch nicht auf festen Beinen. Die letzten Christenverfolgungen gab es unter Galenius um 303 bis 305 n. Chr.; da das Christentum allerdings dennoch ein Faktor war, gerade unter den ärmeren Schichten, der nicht mehr zu leugnen war, wurde es 311 n. Chr. zur tolerierten Religion (religio licita). In der Oberschicht und auch im Militär setzte es sich nach 312 n. Chr. verstärkt durch, als Konstantin/Constantinus in der recht bekannten Schlacht an der Milvischen Brücke 312 n. Chr. seinen Gegenkaiser Maxentius angeblich dadurch besiegen konnte, dass er die Schilde seiner Truppen mit dem Kreuzeszeichen versah (in hoc signo vinces) - so zumindest die Legende (vermutlich würde man es heute als gute PR-Arbeit bezeichnen). Und es war Konstantin, der dann 313 n. Chr. im Mailänder Edikt das Christentum offiziell erlaubte. Es war aber damit immer noch nicht Staatsreligion, dies wurde es offiziell erst 380 n. Chr. unter Theodosius I. (cunctos populos).
Hinzu kam, dass das Christentum eigentlich nur schwer als "das Christentum" bezeichnet werden kann, denn die Anhängerschaft war stark zerstritten, vor allem der Zwist zwischen Arianern und Trinitariern (die, wie der Name sagt, von der Dreifaltigkeit Gottes ausgingen, was die Arianer vehement ablehnten). Im Konzil von Nicäa konnten sich 325 n. Chr. sogar die Arianer zeitweilig durchsetzen. Dieser Streit und die ideologisch-religiöse Vormachtstellung der Arianer hielt bis in die 360er Jahre an, was dazu führte, dass unter Kaiser Julianus (Beinamen apostata = "der Abtrünnige") sogar der alte römische Götterkult wieder an Einfluss gewann. Angeblich soll Julianus gelästert haben, dass die Christen sich ja selbst nicht einig seien, was sie wollen. Erst 380 n. Chr. (siehe oben) hat dann Theodosius I. die trinitarische Lehre zur Staatsreligion erhoben.
Interessant hierbei, um kurz die Kurve zu den Barbaren zu schlagen, ist, dass bspw. die Goten, die etwa ab der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts allmählich christianisiert wurden ("Germanenmission", Stichwort Wulfila - https://de.wikipedia.org/wiki/Wulfila) zumeist Anhänger des Arianismus wurden, was sie in Gegensatz zur trinitarischen Lehre brachte, was dann erneuten Sprengstoff mit sich brachte.
Zitat:die Urbane mediterane Kultur ließ sich ökonomisch mit der damaligen Technologie und den damaligen Mitteln nicht nachhaltig aufrecht erhalten; es gab daraus folgend massive Umweltzerstörungen und eine allgemeine Übernutzung der Ressourcen; der Handel regionalisierte sich und der weitreichende Handel aus dem frühen und mittleren Kaiserreich ging immer mehr zurück und kam schließlich zwischen bestimmten Provinzen teilweise ganz zum erliegen; es herrschte eine immer extremere Ungleichverteilung in der Gesellschaft, noch viel extremer als sie schon vorher gewesen war und unter Exkludierung der Sklaven, also nur in Bezug auf Freie; da man keine großen Mengen an Sklaven und Reichtümern durch weitere Eroberungszüge einbringen konnte, geriet dadurch die auf Raubkriege ausgelegte Wirtschaft in eine langsame AbwärtsspiraleJa und Nein. Richtig ist zweifelsohne, dass a) der Fernhandel rückläufig war und b) der Nachschub an Sklaven ausblieb, da eben keine weiteren Eroberungen erfolgten. Seltsamerweise konnte sich die Wirtschaft im 4. Jahrhundert aber dennoch stabilisieren. Die Hintergründe sind immer noch umstritten, eine der Thesen ist die, dass durch die Dominanz von patrocinium und colonia der Bauer zwar unter das "Joch" der Großgrundbesitzer geriet, aber seine Abgaben an diesen und nicht mehr an den Staat leisteten. Dadurch hatte zwar der Staat sinkende Einnahmen, aber der Bauer teils mehr Freiheiten als früher, zumal er ja das Schollenrecht weiter innehatte (also sein Land nur mit ihm, der nur Pächter war, selbst veräußert werden durfte), was zu einer besseren Produktivität beitrug.
Was auch interessant ist, ist, dass der Fernhandel zwar rückläufig war, aber man dafür Hinweise hat, wonach die Produktion von "einfacheren" Gütern des Fernhandels, z. B. Getreide oder Wein, lokal abgewickelt wurde (soweit möglich). Lediglich sehr teure Güter, etwa Gewürze, Gläser oder Schmuck, wurden noch im Fernhandel abgebildet. Und dadurch, dass die lokale Produktion einen Aufschwung in einfacheren Gütern sah, nahm die Wirtschaftsleistung zu.
Vor diesem Hintergrund ersann man in Rom die Logik, dass es einfacher ist, barbarische Völker an den Grenzen anzusiedeln als sie zu bekämpfen. Denn wenn man diese ansiedelt, übernehmen sie nicht nur den Grenzschutz (und man muss sie auch nicht bekämpfen), sondern sie erwirtschaften auch noch ihren Unterhalt selbst und führen entsprechend Abgaben ab. Allerdings ging diese Rechnung nicht ganz auf, denn die barbarischen Völkerschaften erwiesen sich als nicht unbedingt ideal was die Bestellung der Scholle angeht (gerade auch über die Goten an der Donau gibt es einige Klagen seitens der Römer). Ein weiteres Problem war, dass der Schutz, den Rom eigentlich seinen Gebieten zuzusichern hätte, nicht mehr bzw. nicht immer gewährleistet werden konnte. Hieraus resultierten dann u. a. auch die von dir genannte Bagauden-Bewegung, vor allem in Gallien, da die Bauern ihr Recht selbst in die Hand nahmen und sich marodierenden Gruppen anschlossen. Zwar bekam Rom das Problem mit brachialer Gewalt wieder in den Griff, aber dafür fehlten dann, gerade in Gallien, die Besteller für das Ackerland.
Zitat:Es wurde fortwährend versucht die politische Macht zu zentralisieren, um den Zerfall des Reiches in mehrere Staaten zu verhindern oder (wo dies vorübergehend geschah Palmyra, Gallien, Britannien diese wieder einzugliedern) - obwohl diese Zentralisierung angesichts der Probleme des Reiches insgesamt ein Fehler warNach meinem Verständnis gab es eher den Versuch, das Reich zu dezentralisieren. Dass Konstantin mit Byzantion 326 n. Chr. (am 11. Mai 330 n. Chr. offiziell als Konstantinopel zur Hauptstadt erklärt) eine neue Hauptstadt benannte, war ja auch seinem Wunsch geschuldet, von Rom sich loszulösen. Zwar gab es danach wieder Versuche, dass Reich zu "einen", aber wenn, dann gingen diese Versuche fast immer von Konstantinopel und nicht von Westrom aus. (Unter Ausnahme von Theodosius I.)
Zitat:; das Militär degenerierte durch Inkompetenz und Korruption, ganz viele Verbände bestanden nur auf dem Papier...Da habe ich beim Stöbern eine interessante Episode gefunden: So gibt es eine Beschwerde von 322 n. Chr., wonach ein Equites-Offizier die Pferde seiner Leute verkaufte und das Geld selbst einsteckte, was einen ziemlichen Wirbel verursachte. Da musste ich beinahe an die russische Armee denken...
Schneemann