Nordafrika, der Nahe Osten und die Sicherheit Europas
#27
Zitat:Wie würdet ihr die Situation bewerten, wenn der nahe Osten und Nordafrika zukünftig nicht mehr oder in weit geringeren Umfang Waffen von Europa und den USA kaufen. Gehen wir davon aus das es China und der Türkei gelingen wird in diesem Markt Fuß zu fassen.
Die Frage bzw. die Grundannahme beinhaltet einige vage Aspekte.

1. Welche Intention wollen China und die Türkei haben? Man sollte bedenken, dass der nahöstliche Raum einer der labilsten und volatilsten weltweit ist; und es hat den westlichen Rüstungsfirmen - gerade auch den Amerikanern - durchaus berechtigt von vielen Seiten den Vorwurf eingebracht, sie würden eine der wackeligsten Regionen der Welt geradezu und auf unverantwortliche Weise mit Waffen zuschütten. Ist nun die Frage, ob sich Peking und Ankara diesen Vorwurf einheimsen wollen?

2. Es wäre also zu gewichten, inwieweit Ankara und Peking den nahöstlichen Raum weiterhin wackelig halten wollen? Aus chinesischer Sicht mag man sich zurücklehnen können, zu groß ist die Distanz, aber will die Türkei ihre eigene Nachbarschaft hochrüsten - gesetzt denn Fall, es wäre möglich - und langfristig somit einer Destabilisierung Vorschub leisten, die die Gewinne aus dem schnellen Waffenverkauf wieder negieren würde? Ich denke eher nicht.

3. Die Frage wäre, wo die nahöstlichen Staaten ihre Waffen kaufen wollen? Ist die Grundannahme, dass die nahöstlichen Staaten einfach über Nacht kaum mehr Waffen aus dem Westen beziehen wollen, überhaupt haltbar? Ich sehe das nicht. Auch wird es so sein, dass Staaten wie z. B. Ägypten, Algerien, Jordanien oder gerade auch die Golfstaaten sich nicht auf China oder die Türkei alleine stützen wöllten. Es würde etwas den Rahmen der Frage sprengen, aber die Animositäten und das Misstrauen sind doch vergleichsweise hoch, so dass ich denke, dass ein Sich-Abhängig-Machen-Wollen von Ankara und Peking in Rüstungs- und Sicherheitsfragen in diesen Ländern nicht eintreten wird.

4. Solange grundlegende politische Fragen nicht geklärt sind, wird sich gerade für Ankara die Einflusszone auf die turkstämmigen Bereichen und einige wenige Länder begrenzen (z. B. Libyen, Sudan, die genannte zentralasiatische Achse). China wiederum hat z. B. nach dem Sudan, den Tschad und nach Ägypten und nach Äthiopien schon geliefert, darüber hinaus aber recht überschaubar an andere nahöstliche Staaten - dass dies sich ändert, ist nicht abzusehen.

5. Zuletzt wäre noch die Frage, welche Waffen das sein sollen? Schweres Gerät? Flugzeuge? Drohnen? Kleinwaffen? Für Drohnen und Kleinwaffen sehe ich durchaus Nischen - sie können ja bekanntlich in jedem LIC irgendwo gebracht werden -, aber bei Flugzeugen und Panzern wird der Blick der Staaten in der Region weiterhin nach dem Westen gerichtet sein.

Schneemann
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