05.04.2024, 16:39
Quintus Fabius schrieb:Man kann doch nicht ernsthaft in einem solchen Umfeld keine aktuellen Offensivpläne in der dort immer zwingend notwendigen Größenordnung haben ?! Das ist doch irreal !Es hieß dazu, dass ist anscheinend Pläne für beschränktere Aktionen im Rahmen dessen hatten, was die zehn Jahre zuvor stattfand, aber keinen strukturierten Ansatz, die komplette Armee mit dem Ziel der vollständigen Zerschlagung der Hamas dort einzusetzen. Da musste man Nacharbeiten, weil es plötzlich um Räume ging bei denen man annahm dort eh nie operieren zu können. Man hatte im Vorfeld in den Planungsstäben nicht ausreichend personelle Ressourcen und hat sich daher auf Szenarien konzentriert die wahrscheinlich erschienen. Sprich wohl hauptsächlich den Norden.
Hinzu kam dann noch, dass die US Admin meinte sich direkt in den Planungsprozess mit einmischen zu müssenund zu diesem Zweck auch einiges an Beratern entstand hat (die dann auch prompt viel Unsinn verzapft haben). Das hat den Start auch noch mit verzögert.
Unterm Strich aber, ich sehe nach wie vor nicht, inwieweit es viel geändert hätte, wenn man zu bzw. vor Beginn ein bis zwei Wochen mehr Zeit herausgeholt hätte. Auch nicht damit, dass man in den zwei, drei Wochen im November vor dem Waffenstillstand noch schneller (und härter) agiert hätte. Vielleicht wäre man so mit Gaza-Stadt in der ersten Dezemberwoche fertig gewesen anstatt real zwei, bis drei Woche später. Die Truppen wären aber auch um einiges abgekämpfter gewesen und die Umgruppierungen für eine Offensive auf Rafah hätten sich wohl weiter verzögert als wie es real der Fall gewesen wäre wenn man es angegangen hätte. Und politisch bzw. diplomatisch hätte man doch auch nichts gewonnen. Die Kritik an der israelischen Operation im Dezember erwuchs ja nicht aus dem Umstand heraus, dass die Israelis zu lange brauchen, sondern dass die Kämpfe in der westlichen Wahrnehmung viel zu intensiv geführt und mit viel zu großen Zerstörungen und zivilen Opfern einhergingen. Und va das man in Rafah nicht das sehen wollte was Israel mit Gaza-Stadt gemacht hat. Wenn man da in einem alternativen Szenario idealerweise irgendwann schon ab Mitte Oktober losschlägt und sich noch intensiver und umfassender durch Gaza kämpft, wäre die internationale Reaktion auch schon früher auf dem Level angekommen wo sie dann in der Realität im Dezember gewesen ist. Ich sehe daher den Faktor Geschwindigkeit vor dem operationellen Bruch nach der Einnahme des Nordens nicht als groß relevant an.
Wohl eher eben das es falsch war nicht von Anfang an bzw. zuerst überhaupt nach Rafah zu gehen. Warum man das nicht gemacht hat ist halt die Frage. Inkompetenz zu vermuten ist mir zu einfach. Ein Faktor könnte gewesen sein, dass Ägypten hier Druck gemacht hat und sich die Amerikaner voll dahinter gestellt haben. Ein anderer Grund könnte sein, dass man den Norden aufgrund des Raketenterrors priorisiert hatte und man erst die primären Abschussgebiete besetzen wollte. Auch könnte schlicht sein, dass man sich die härteste Aufgabe (Gaza Stadt) zuerst vornehmen wollte, weil man davon ausging, das der internationale Druck die Stadt doch zu verschonen schnell zu groß werden würde. Oder man sah sich nicht willends oder in der Lage die Flüchtlingsströme irgendwo anders hinzulenken als nach Rafah bzw. sie dort zu kontrollieren. Womöglich könnte gerade auch wieder in diesem Punkt die US Administration gedrängt haben.
Aber wieder, der entscheidende Punkt ist, dass nichts davon entscheidend gewesen ist. Die Sache lief trotz aller vermeidlichen oder tatsächlichen Fehlplanungen und Verzögerungen bis zur Einnahme von Gaza-Stadt gut genug bis hervorragend. Dann wurde aus für mich jenseits amerikanischen Drucks unerfindlichen Gründen auf die Bremse getreten und 4 Monate später stehen wir immernoch am gleichen Punkt.