15.02.2024, 07:43
Zitat:Weil das nun mal das vorgehen ist durch welches Staaten wie Deutschland 1871 entstanden und bis 1918 aufgebaut wurden.Der Grundgedanke, dass zu einer Wehrhaftigkeit einer Gesellschaft ein gewisser Nationalstolz notwendig ist, ist nicht falsch. Und es war dieser Umstand, der 1871 mit zur Begründung des Deutschen Kaiserreiches beitrug (wobei die Motivation der süddeutschen Staaten, gerade bei Bayern und Württembergern, sich gerade wegen diesem Nationalstolz Preußen anzuschließen, wiederum eher begrenzt war [vielmehr war es die geschickte Politik Bismarcks, der auf eine französische Kriegserklärung "hinarbeitete", den so konnte er das Schutzbündnis des Norddeutschen Bundes mit den süddeutschen Staaten von 1866 aktivieren und sie in den Waffengang einbinden]), auch das mag noch richtig sein.
Was allerdings nicht richtig ist, ist, dass es dieser war, der bis 1918 einen Aufbau ermöglicht hat. Genau genommen hatte der Aufbau 1914 sein Ende gefunden. Und es war in der Fernbetrachtung der Nationalstolz, der letztlich den Weg in die Niederlage 1914 eingeläutet und 1918 bewirkt hat. Das Problem besteht insofern darin, dass wenn sich dieser Nationalstolz ungestüm und unkanalisiert gemeinsam mit der Wehrhaftigkeit entwickelt, dass er dann die Neigung haben kann, sich hin zu einem recht intoleranten Nationalismus auszuprägen. Und die hieraus resultierende Kombination von proponierter Wehrhaftigkeit und Nationalismus hat Deutschland nicht nur Momente des Aufbaus und der Stärke gebracht, sondern sie hat im Endeffekt auch die beiden Niederlagen von 1918 und 1945 in erheblichem Maße bewirkt, wobei die letzte der beiden verheerend war und uns beinahe Kopf und Kragen gekostet hatte.
Wäre also die Frage, ob wir aktuell in der Lage sind, mit dieser Kombination von Wehrhaftigkeit und Nationalstolz umzugehen? Ich denke, aus meiner optimistischen Sicht, dass wir dies durchaus könnten. So lange aber gerade diese Forderung aktuell leider sehr häufig auch aus Kreisen kommt, die unverhohlen einem doch einseitigen und oftmals recht intoleranten Nationalismus frönen, bleibt bei mir eine gewisse Restskepsis.
Vonnöten wäre also ein vergleichsweise unverkrampfter Nationalstolz, ein positiver Patriotismus sozusagen, der von der Bevölkerung in der Breite mitgetragen wird, aber welcher sich eben nicht aus Zeiten zu zehren sucht, die von Monarchie und Diktatur und überbordendem Überlegenheitsgefühl, ja Arroganz gegenüber anderen Ländern geprägt waren.
Schneemann