(Allgemein) Wiedereinführung einer Wehrpflicht und Personalgewinnung
#84
Leider schreibst du an mir vorbei. Vermutlich erkläre ich das was ich meine nicht gut genug oder nicht verständlich genug. Dessen ungeachtet zeigen deine Ausführungen meiner Meinung nach das tatsächliche Hauptproblem der Bundeswehr auf:

Zitat:Das die Leute nicht kapieren das nicht alle Kämpfer sein können.

Selbsterklärend. Und das kapieren die auch, aber hier muss man in Bezug auf zwei Punkte relativieren:

1. Die Bundeswehr hat zu wenige Kämpfer im Verhältnis zur Gesammenge der Soldaten. Und insbesondere zu wenig Infanterie. Hier wäre also Luft nach oben.

2. Die Bundeswehr ist eben einfach keine richtige Berufsarmee und sie versucht weiterhin krampfhaft mit ihrem Wahn vom Zeitsoldaten viele Soldaten immer nur vorübergehend zu beschäftigen. Dies führt dazu, dass sie jungen für die Kampftruppe befähigten Soldaten Verwendungen anbietet, die für junge Männer die eben weder körperlich noch geistig ungeignet sind einfach unattraktiv sind.

Zitat:Gleichzeitig erkennt man aber das sich die Leute keine Gedanken machen über ihre Zukunft . 12 Jahre geilen Kämpfer spielen und danach ?

Und danach könnte man sie in anderen Verwendungen weiter verwenden, was den vermeintlichen Personalmangel noch weiter reduzieren würde.

Ich habe es schon öfter geschrieben, aber man sollte sich hier mal einfach ein Vorbild bei der Polizei nehmen. Da machen auch nur wenige Karriere und steigen auf, die anderen bleiben dann einfach in ihrer Laufbahn. Sie wechseln aber im Laufe mehrerer Jahrzehnte in denen sie Polizisten sind mehrfach die Verwendung. Ich habe mich früher immer gefragt wie das bei der Polizei läuft, dass hier Leute einfach 50 Jahre am Stück mittlere Beamte sind und erst nachdem ein paar Kameraden zu dem Verein gewechselt haben und ich dann gehört habe wie das funktioniert habe ich es verstanden: Man ist zuerst bei der Bereitschaftspolizei, dann bei einer anderen Geschlossenen Einheit, dann fährt man Streife, dann wird man ein paar Jahre später Zivile Einsatzstreife, dem folgend Jugendbeamter, dem folgend für die Personalgewinnung tätig, dem folgend sitzt man im Geschäftszimmer. Mit dem steigenden Alter steigt zwar auch der Dienstgrad - dies aber langsam und über sehr viel weniger Stufen als bei der Bundeswehr üblich, vor allem aber wechselt man wieder und wieder die Verwendung, und zwar üblicherweise von anstrengenderen Tätigkeiten "an der Front" (Bereitschaftspolizei, Streife usw) hin mit zunehmenden Lebensalter zu weniger anstrengenden Tätigkeiten und schließlich zu Verwaltungs- und Unterstützungstätigkeiten.

Das ist exakt das Modell, welches weitgehend alle Personalprobleme der Bundeswehr lösen würde. Und die Leute wären bereit für eine entsprechende Berufssicherheit umgekehrt viel hinzunehmen, von schlechterer Bezahlung bis hin zu einem niedrigeren Dienstgrad und dies auf lange Zeit. Deshalb will ich den Satz gleich nochmal aufgreifen:

Zitat: 12 Jahre geilen Kämpfer spielen und danach ?

Danach wird man in der Armee mit anderen Aufgaben betraut und nimmt diese wahr.

Gerade aber weil die Bundewehr dies nicht vorsieht, gerade eben deshalb hat sie ein Personalproblem. Den viele geeignete Bewerber werden davon abgeschreckt und junge Männer wollen querschnittlich nun mal eher zur Kampftruppe und stellen sich dann genau diese Frage !

Die mangelnde langfristige Berufssicherheit in dieser Pseudo-Berufsarmee und der Mangel an Perspektiven in Bezug auf völlig neue andere Verwendungen ist eines der wesentlichsten Probleme.

Stattdessen verwendet man Unsummen von Geld um die Leute dabei zu unterstützen auszuscheiden und in der Privaten Wirtschaft unterzukommen und zahlt also jede Menge für weitere Ausbildung, Fortbildungen usw. welche allesamt nicht der Armee zugute kommen, nur damit die Soldaten es hinnehmen, dass sie nach 12 Jahren (oder früher!) aus der Armee rausfliegen. Gerade dass ist Ineffizient sondergleichen und ein völliger Irrweg.

Zitat:Ein Bewerber kann heute seine Wünsche äußern , aufgrund der Ergebnisse des danach folgenden Einstellungstest Wird ihm mitgeteilt ob er für die gewünschte Verwendung befähigt wäre und ob offene Stellen und in welcher Laufbahn bei der gewünschten Verwendung zur Verfügung stehen würden . Falls dies nicht der Fall ist weil entweder keine Stellen frei sind oder Leistungen nicht ausreichen werden ihm Alternativen gezeigt . Wo ist da das Problem?

Das Problem ist, dass die Bundeswehr extrem schlecht darin ist, den Bewerbern welche befähigt sind überhaupt sinnvolle Stellen anzubieten. Alles viel zu langsam, alles viel zu bürokratisch, alles viel zu ineffizient, alles viel zu abschreckend, vergraulend, und in vielen Fällen gibt es Bewerber die absolut geeignet sind, und es gäbe Stellen, aber trotzdem bringt man beide nicht zusammen.

Sohn von einem Bekannten von mir wollte unbedingt zur Bundeswehr. Fähig, aber man wollte ihn nicht. Angeblich keine Stelle verfügbar in den Bereichen in welchen er gerne tätig gewesen wäre. Ich gab ihm den Rat mal direkt über bestimmte Kontakte bei bestimmten Einheiten nachzuforschen und siehe da, es gab Stellen die nicht besetzt werden konnten, weil angeblich keine geeigneten Bewerber dafür da sind. Das ist kein Einzelfall!

Ebenso ist es kein Einzelfall, dass Bewerber aus rein bürokratischen Gründen abgelehnt werden, dass hat also in vielen Fällen absolut nichts mit deren Fähigkeiten oder dem Einstellungstest zu tun, sondern es resultiert allein aus Vorschriften und der Unfähigkeit diese zu umgehen. Ich kenne persönlich einen ehemaligen Soldaten, der sowohl Fallschirmjäger als auch Gebirgsjäger war, mit Einsatzerfahrung im Ausland. Er wollte wieder zu dem Verein (mir unverständlich, aber er hat da halt eine große Loyalität und Nostalgie für), aber die Bundeswehr erklärte sie könne ihn nicht einstellen, dies ginge nicht, weil die Vorschriften und Vorgaben dies verbieten. Auch hier meldete er sich dann selbst bei seiner ehemaligen Einheit und diese erklärten ausdrücklich sie hätten Interesse und wollten ihn, der Bedarf sei da, die Stellen seien da, aber das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr erklärte, es ginge halt nicht, das tue ihnen persönlich sehr leid, aber die Vorschriften und gesetzlichen Regularien seien nun mal so wie sie sind.

Aber um nicht immer auf der Kampftruppe herum zu reiten: ein Bekannter wollte zur Nachschubtruppe, und dort beispielsweise Lkw fahren. Ebenfalls abgelehnt, ebenfalls das gleiche Problem: das Amt für Personalmanagement erklärt es gehe nicht, obwohl er fähig ist und obwohl es Stellen gäbe. Weil .... es steht auf dem allerheiligsten Papier geschrieben, also hat man überhaupt gar keine Wahl als das zu tun was da geschrieben steht.

Diese Mentalität verseucht die gesamte Bundeswehr in allen Bereichen. Vor allem anderen ist sie untauglich für den Krieg, und nebenbei hat sie einen großen Anteil an der aktuellen Personalnot.

Zitat:Wenn ein Bewerber Fallschirmjäger werden will weil er krieg spielen will fehlt es wohl eher an der geistigen Befähigung.

Und das ist beschließend auch noch so ein Punkt: die Bundeswehr stellt Anforderungen die teilweise fragwürdig sind. Und sie setzt zu wenig darauf das Material welches sie kriegt selbst besser zu befähigen. Es gibt eine Menge Bewerber aus denen man durchaus etwas machen könnte. Man will aber alles sozusagen frei Haus geliefert bekommen. Um es dann maximal flexibel abstoßen zu können, um den jeweiligen politischen Vorgaben genügen zu können. Das war als System in den Zeiten in welchem man nur immer kleiner und kleiner werden musste so natürlich notwendig. Aber diese Zeiten sollten eigentlich vorbei sein.

Trotzdem betreibt man die Personalentwicklung strategisch immer noch so, als müsse man eine fortwährend schrumpfende Armee betreiben, daher die Überbetonung des Zeitsoldatentums und die ganzen Mechanismen welche die Personalgewinnung aktuell so erschweren.



So kann man die Personalnot natürlich nicht lösen.
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