19.11.2023, 12:49
Und als seinen Berater kann sich Girkin ja dann noch Dugin ins Boot holen, die beiden sollen ja schon gewisse Kontakte pflegen.
Was dabei auch noch mit hinzu kommt, ist, dass es nicht nur rein neofaschistisches oder neobolschewistisches Gedankengut ist, das sich hier mit paranoidem Bellizismus, Rassismus und Imperialismus paart, sondern dass dazu noch eine erhebliche Portion von spinnertem Okkultismus und von obskurer Esoterik mit reingemischt wird - beinahe ähnlich wie manche Vordenker der Ariosophie zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die zumindest in Teilen die rassischen Phantasiegebilde mancher NS-Größen mit beeinflussten.
Schneemann
Zitat:Der gefährlichste Philosoph der Welthttps://www.nzz.ch/meinung/r-gefaehrlich...ld.1764246
Alexander Dugin und die Rolle von Russlands extremer Rechten bei dem völkermörderischen Eroberungskrieg Russlands gegen die Ukraine [...]
Ein häufiger Protagonist journalistischer Untersuchung der tieferen Ursachen für Moskaus jüngste Aussenpolitik ist der extravagante russische Ideologe Alexander Dugin. Langbärtig, mit sonorer Stimme und extrovertiert, ist Dugin ein telegener Redner, der das Stereotyp des archetypischen russischen Philosophen erfüllt. Er kann für seine Zuhörer Unterschiedliches sein – ein moderner Dostojewski, rechter Trotzki, orthodoxer Mönch, zweiter Rasputin oder alternativer Tolstoi. [...]
Seine politischen Ansichten reichen von Samuel Huntingtons Zivilisationstheorie bis zu Aleister Crowleys Satanismus, vom linksextremen Syndikalismus bis zum rechtsextremen Traditionalismus, von erzreaktionären Prinzipien bis zu radikal nonkonformistischen Ideen. [...] Zur Bezeichnung seiner eigenen Ideologie hat Dugin neue Konstrukte eingeführt wie «Neo-Eurasismus» oder «Vierte Politische Theorie», um Leser in Russland und darüber hinaus zu beeindrucken. [...]
Dugin ruft offen zu einer weltweiten antiliberalen Revolution auf, sagt das Ende der internationalen Ordnung voraus und erklärt bereitwillig die Gründe seiner Abscheu für den Westen. [...] Die Rolle Dugins bei der neuen Aggressivität des Kremls im Allgemeinen und dem russisch-ukrainischen Krieg im Besonderen ist jedoch komplizierter. Anders als oft dargestellt, ist Dugin weder ein intellektuell innovativer Philosoph noch ein Ideologe mit direktem Zugang zum Kreml. [...]
Dugins philosophische Äusserungen und politische Ideen sind jedoch lediglich russische Übersetzungen oder Reformulierungen verschiedener älterer nichtrussischer antirationaler und antiindividualistischer philosophischer Diskurse. Wer mit klassischer Geopolitik, integralem Traditionalismus, internationalem Okkultismus, der deutschen Konservativen Revolution, dem französischen Postmodernismus, der europäischen Neuen Rechten sowie einigen anderen alternativen Denkschulen vertraut ist, wird beim Lesen Dugins ständig Déjà-vu-Erlebnisse haben. [...]
Dugins Sammelsurium nihilistischer Phantasien, faschistischer Träume und totalitärer Pläne enthält wenig Neues für Studenten des nichtrussischen Ultranationalismus, Antidemokratismus und Illiberalismus. [...] In der Vergangenheit nahmen einige von Dugins extremen Äusserungen die heutige Rhetorik der Propagandisten des Kremls vorweg. Im Jahr 2014 rief Dugin in einer berüchtigten Videopräsentation die Russen dazu auf, die Ukrainer zu «töten, töten, töten». Im Jahr 2015 verkündete er: «Der Krieg ist unsere Heimat, unser Element, unsere natürliche und ursprüngliche Umgebung, in der wir lernen müssen, effektiv und siegreich zu existieren.» Auch andere ältere Äusserungen Dugins erschienen einst als empörend, klingen aber heute in Russland zeitgemäss. [...]
Nichtsdestoweniger bereitete die russische extreme Rechte als ganze Russlands antiwestliche Wende im Jahr 2007, den Einmarsch in die Ukraine im Jahr 2014 und die Grossinvasion im Jahr 2022 mit vor. Dugin und ähnliche rechte Trommler haben mehr als drei Jahrzehnte lang unermüdlich imperialistische, ultranationalistische und paranoide antiwestliche Ideen geäussert. Als Putin vor fünfzehn Jahren seine Abkehr vom Westen verkündete, vor bald zehn Jahren die Krim annektierte und vor fast zwei Jahren einen grossen Krieg begann, brauchte vielen Russen nicht erklärt zu werden, warum Moskau dies angeblich tun musste. Russlands extreme Rechte, mit Dugin als ihrem philosophischen Patriarchen, hatte dies bereits Jahre zuvor getan.
Was dabei auch noch mit hinzu kommt, ist, dass es nicht nur rein neofaschistisches oder neobolschewistisches Gedankengut ist, das sich hier mit paranoidem Bellizismus, Rassismus und Imperialismus paart, sondern dass dazu noch eine erhebliche Portion von spinnertem Okkultismus und von obskurer Esoterik mit reingemischt wird - beinahe ähnlich wie manche Vordenker der Ariosophie zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die zumindest in Teilen die rassischen Phantasiegebilde mancher NS-Größen mit beeinflussten.
Schneemann