04.09.2023, 07:02
Die Lage in Bergkarabach verschärft sich weiter - und genau genommen sehe ich wenig Optionen, wie die seitens Aserbaidschan ausgelöste Krise bzw. durchgesetzte Blockade beendet werden könnte. Baku scheint hier im Stillen darauf zu setzen, dass die Blockade greift und Bergkarabach mehr oder minder ohne größere Proteste der Weltgemeinschaft an Aserbaidschan zurückfällt. Und nachdem der frühere, regulierende Einfluss Moskaus immer mehr ein selbst verschuldeter Totalausfall ist, könnte es durchaus sein, dass Alijew - in Anlehnung an die Großmachttöne aus Ankara - darauf baut, seinen Plan mithilfe der turkstämmigen Achse durchzusetzen.
Es kann aber auch bedeuten, dass es einen neuen Krieg gibt...
Schneemann
Es kann aber auch bedeuten, dass es einen neuen Krieg gibt...
Zitat:Blockade der Versorgungsroutehttps://www.tagesschau.de/ausland/bergka...n-110.html
Aserbaidschan hungert Bergkarabach aus [...]
Seit dem 12. Dezember 2022 reduzierte die Regierung von Aserbaidschan schrittweise die Versorgung über die einzige Versorgungsroute zwischen Bergkarabach und Armenien, den Latschin-Korridor, zunächst mittels einer vorgeblichen Protestaktion von Öko-Aktivisten, seit Ende April mit einem Kontrollpunkt am Grenzübergang von Armenien nach Aserbaidschan. Die Regierung in Baku spricht vom Recht auf Kontrolle über das eigene Territorium und der Notwendigkeit, Waffentransporte in die Region zu unterbinden. [...]
Russische Soldaten sollten demnach den fünf Kilometer breiten Landstreifen kontrollieren. Die Vereinbarung beendete einen 44 Tage währenden Krieg, bei dem Aserbaidschan Territorium zurückerobert hatte, das Armenien seit Beginn der 1990er-Jahre besetzt gehalten hatte. [...]
Für die armenische Bevölkerung in Bergkarabach wurde das Leben seither immer prekärer. In den vergangenen Monaten ließ Aserbaidschan nur noch Fahrzeuge der russischen Truppen und des Internationalen Roten Kreuzes mit schwer kranken Patienten und lebenswichtigen Medikamenten passieren, und dies immer seltener. Inzwischen bleibt den Bewohnern in Bergkarabach nur noch, was sie an Vorräten übrig haben, was sie unter Wucherpreisen den russischen Soldaten abkaufen können und was in ihren Gärten und auf ihren Feldern wächst. [...] Außerdem ist die Gas- und die Stromversorgung aus Armenien unterbrochen. Die Führung von Bergkarabach sah sich gezwungen, zur Stromerzeugung den Betrieb der Wasserkraftwerke zu forcieren, weshalb nun immer häufiger auch die Wasserversorgung ausfällt. Mittlerweile beklagen die Bewohner Mangelernährung und gesundheitliche Folgeprobleme wie Fehlgeburten. [...]
Die EU, die USA, Russland und andere Staaten warnten Alijew und drangen auf den Fortgang der von ihnen vermittelten Friedensverhandlungen. Alijew, zwar auf internationale Investitionen angewiesen, setzt er aber nach wie vor auf die Umsetzung seiner Maximalforderungen. In Bergkarabach ist das die vollständige Assimilierung der Armenier in den aserbaidschanischen Staat. Entsprechend fürchten diese, schrittweise ihre Eigenständigkeit zu verlieren, wenn nicht ganz vertrieben zu werden. Entsprechend verstehen sie die Entsendung von Hilfsgütern aus Baku als Versuch, Abhängigkeiten zu schaffen. Zudem lässt Aserbaidschan seit dem 20. August verstärkt Armenier in Begleitung der russischen Truppen aus Bergkarabach ausreisen - ohne eine Sicherheit auf Rückkehr. Die Zahl der Ausgereisten könnte inzwischen mehrere Hundert betragen.
Schneemann