(Zweiter Weltkrieg) Unternehmen Barbarossa
#45
Bleiben wir mal beim Punkt Flugzeuge:

Wenn ich für die Verteidigung eine Vorwärtsstrategie verfolge, und ich stehe sagen wir gemittelt 20 bis 40 km von der Grenze entfernt (was für die Mehrheit der Flugzeuge gar nicht der Fall war, die standen schon etwas weiter weg, wenn auch immer noch in "Grenznähe"), dann habe ich bei einer Reichweite von 300 km eine Operationstiefe von bis zu um die 100 km über die Grenze. Nicht gerade viel für eine weitreichende Operation in die Tiefe wie sie von sowjetischer Seite angedacht wurde. Entsprechend benötigst du eine ausreichende Infrastruktur vorne, damit die angedachte Angriffsoperation als Reaktion auf einen deutschen Angriff durchgeführt und aus der Luft unterstützt werden kann. Deshalb der entsprechende Ausbau dieser Infrastruktur "vorne" und die Belegung dieser Flugplätze als Reaktion auf die zunehmende deutsche Truppenkonzentration.

Zur Frage der Chronologie:

Die deutsche Führung plante den Angriffskrieg gegen die Sowjetunion nachweislich schon 1940 ausführlichst. Das ist also lange vor der sowjetischen Truppenkonzentration an der Westgrenze, nämlich schon im Vorjahr. Hitler erläuterte bereits am 02.06.1940 gegenüber dem OKW und dem OKH, dass jetzt nach den Erfolgen im Westen die Zitat: Auseinandersetzung mit dem Bolschewismus erfolgen müsse. Bereits am 25.06.1940 begann man bereits damit erste Truppen in den Osten zu verlegen und bezeichnete das besetzte Polen als Aufmarschraum für den bevorstehenden Angriff (so die Berichterstattung des OKH selbst). Und am dem 03.07.1940 wurden von deutscher Seite aus bereits konkrete Angriffspläne ausgearbeitet, da war noch lange nichts mit einer sowjetischen Truppenkonzentration zum Zwecke eines Angriffs/Gegenangriffs/Präventivangriff, siehe als Quelle die Operationsstudie Ost des OKW von 1940 und den Operationsplan Ost des OKH aus dem gleichen Jahr. Am 21.07.1940 sagte Hitler dann wortwörtlich, dass man jetzt möglichst schnell das Zitat: russische Problem in Angriff nehmen müsse. Und so ging das mit ganz konkreten Angriffskriegsplanungen weiter bis schließlich zur Verkündung des Falls Barbarossas am 18.12.1940 durch Hitler selbst Zitat:

"Die deutsche Wehrmacht muss darauf vorbereitet sein, auch vor Beendigung des Krieges gegen England Sowjetrussland in einem schnellen Feldzug niederzuwerfen (Fall Barbarossa). ........Vorbereitungen, die eine längere Anlaufzeit benötigen, sind – soweit noch nicht geschehen – schon jetzt in Angriff zu nehmen und bis zum 15. 5. 41 abzuschließen. Entscheidender Wert ist jedoch darauf zu legen, daß die Absicht eines Angriffes nicht erkennbar wird. ...........Das Endziel der Operation ist die Abschirmung gegen das asiatische Russland aus der allgemeinen Linie Wolga – Archangelsk."

Und auch das war noch bevor die Sowjets anfingen ihre Flugzeuge an der Grenze zu stapeln.

In diesem Kontext empfehle ich dir als Quelle das Kriegstagebuch von Halder sowie die Schriften von Warlimont, insbesondere: Im Hauptquartier der deutschen Wehrmacht

Lange Rede, kurzer Sinn:

Es gab lange vor der sowjetischen Truppenkonzentration an der Grenze ganz konkrete deutsche Kriegsplanungen mit dem Ziel eines Angriffskrieges gegen die Sowjetunion. Lies einfach die Originalquellen, und Berichte derjenigen welche selbst dabei waren und direkt in diese Planungen involviert waren.

Verbleibt natürlich die Frage, wozu dann der sowjetische Aufmarsch stattfand, und meiner rein privaten Ansicht nach (These) könnte es durchaus die Idee der Sowjets gewesen sein, einen Präventivkrieg zu führen, also einen Präventivangriff durchzuführen. Wozu es nicht mehr kam, weil die Deutschen ihnen mit dem Angriff zuvor kamen. Meiner Meinung nach könnte es also das Ziel der Sowjetunition gewesen sein, einen Präventivangriff zu führen. Das würde die entsprechende Dislozierung der Kräfte noch perfekter erklären.

Selbst wenn dies der Fall gewesen ist, so wäre der deutsche Angriffskrieg dennoch immer noch kein Präventivkrieg, sondern das war schon 1940 als Angrifskrieg ganz konkret geplant und der Angriffskrieg gegen die Sowjetunion spukte eigentlich als politische Absichtserklärung bereits seit der Machtergreifung und in diffuser Form sogar schon davor in den Köpfen der führenden Nationalsozisalisten herum.

Es ist daher falsch, von einem deutschen Präventivkrieg zu sprechen. Die Kräftedislozierung der Sowjets ist dafür keinerlei (indirekter) Beleg. Allenfalls ist sie ein Indiz für einen etwaig von der Sowjetunion geplanten Präventivkrieg. Der deutsche Angriffskrieg stand aber schon vor dieser sowjetischen Truppenkonzentration an der Grenze eindeutig fest und verlief völlig unabhängig von jedweder sowjetischen militärischen Planung.

Beschließend noch eine weitere recht brauchbare Quelle für dich diesbezüglich:

https://www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-16439

Zitat:Der besondere Wert von Müllers Studie besteht erstens darin, dass er eine in kein Korsett intentionalistischer oder funktionalistischer Metatheorien eingezwängte Analyse der realen Kriegsplanungen liefert. Und schließlich kann Müller nachweisen, dass in keiner Phase der militärischen Planungen von 1938 bis 1941 die Angst vor einem angeblich drohenden Angriff der Roten Armee eine Rolle gespielt hat. Im Gegenteil, man ging von deren Schwäche und einem in wenigen Wochen zu erringenden Sieg aus.

Das zieht sich übrigens so durch alle deutschen Originalschriften dieser Zeit, dass man davon ausging, die Sowjetunion rasch niederringen und besiegen zu können. Allein schon aus dieser Einschätzung heraus zeigt sich klar, dass hier kein Präventivkrieg geplant war, sondern von 1938 an ein absolut astreiner Angriffskrieg. Darüber diskutieren zu wollen ist recht müssig.

Es wäre daher viel interessanter darüber zu diskutieren, ob die Sowjets ihrerseits 1941 einen Präventivkrieg planten ! Das würde vieles was man da festgestellt hat erklären.
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