Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg
(07.10.2022, 14:12)Quintus Fabius schrieb: Wir betrachten im Westen TM Krieg viel zu sehr als eine bloße militärische Angelegenheit, und vernachlässigen bei allen militärischen Planungen die Zivilgesellschaft, die Wechselwirkungen mit der Kultur, der Wirtschaft, den Zivilisten, den verschiedenen Nicht-Militärischen Organisationen usw usw, kurz wir denken zu "militärisch" in dem Sinne, dass wir den Krieg zu sehr nur auf die Einheiten der Armee reduziert betrachten. Und wenn man dies kritisiert wird schnell empört mit dem Völkerrecht, dem Grundgesetz, rechtlichen Regelungen und Verordnungen und all diesem gewedelt.

Nur: das wird alles in einem ernsthaften Krieg rein gar nichts nützen, erst recht nicht gegen einen Gegner dem jedes Recht vollkommen egal ist.

Der überbordende Legalismus ist meiner Überzeugung nach eine der wesentlichen Ursachen der Ritualisierung der Kriegsführung im Westen TM, und noch vor allem anderen der Beschränktheit des militärischen Denkens in der real existierenden Bundeswehr!
Überbordender Legalismus?
Vielleicht solltest Du Dich noch einmal sehr eingehend mit der Frage beschäftigen warum das so ist.
Wieso haben wir eine Charta der Vereinten Nationen (leider momentan nur ein Schatten), wieso haben wir ein Grundgesetz aus dem sich ALLES gültige Recht in unserem Land ableitet? Mit Sicherheit nicht wegen soziokultureller Strömungen von wo auch immer, sondern als Antwort auf eine Zeit wo völlig überbordender Nationalismus und Militarismus die Welt für einen kurzen Moment zum soziokulturellen Stillstand gebracht hat und sich die Menschen auf der ganzen Welt (zumindest für ein paar Monate) die Frage gestellt haben wie das Leben nach diesen Schrecken überhaupt weiter gehen soll.
(07.10.2022, 16:38)Quintus Fabius schrieb: Krieg selbst ist seiner wahren Natur nach nicht anderes als die völlige Abwesenheit von Recht jeder Art
Das würde ich auch unterschreiben
(07.10.2022, 16:38)Quintus Fabius schrieb: und hat daher nur ein Gebot: dass der Zweckmässigkeit. Das heißt "Gut" und "Böse" sind im Krieg frei von jeder Moral und Ethik höchst einfach zu definieren: Gut ist alles, was den Sieg befördert oder zumindest dem Feind größtmöglichst schadet - und Böse ist alles andere.
Nein! Der Zweck heiligt eben nicht die Mittel! Das ist einer der großen Unterschiede zwischen funktionierenden Rechtsstaaten und allen anderen. Ich weiß dass es für viele Menschen verschiedenster Herkunft und Glaubensrichtung aus unterschiedlichen Gründen schwer zu ertragen ist, aber es gibt nachweißlich eine große und komplexe Bandbreite zwischen Gut und Böse! Daher im übrigen (u.a. natürlich) die Komplexität unseres Rechtssystems.
(07.10.2022, 16:38)Quintus Fabius schrieb: Entsprechend ist es kein Gebot von Moral und Ethik Kriegsgefangene gut zu behandeln, sondern nur eines der Zweckmässigkeit.
Nein, es ist durch Recht und Gesetz geboten bzw verboten. Und das ist in diesem Punkt zum Glück sehr eindeutig und bedarf keiner besonderen Auslegung
(07.10.2022, 16:38)Quintus Fabius schrieb: Es ist einfach praktisch sinnvoll auf diese Weise dem Gegner das Aufgeben leicht zu machen. Es ist noch darüber hinaus sinnvoll in seiner Wechselwirkung auf die Zivilgesellschaft, Wirtschaft usw. Feindliche Gefangene sollte man deshalb gut behandeln, weil es zweckmässig ist, nicht weil es Recht und Gesetz ist.
Auch wenn ich das Gegenteil befürchte, kann nur hoffen, dass Du nicht im Staatsdienst tätig bist.
(07.10.2022, 16:38)Quintus Fabius schrieb: Die Idee der westlichen TM Streitkräfte, insbesondere aber der real existierenden Bundeswehr ist es, auch in einem ernsthaften Krieg minutiös das Recht einzuhalten, die Vorschriften einzuhalten, sich bis ins letzte Detail wortwörtlich an das auf Papier geschriebene Wort zu halten. Und zwar völlig unabhängig und völlig frei davon ob dies jeweilig zweckmässig ist oder nicht. Das hat meiner Meinung nach vor allem tiefenpsychologische Gründe. Man will so das Verbrechen, das Böse welches der Krieg selbst im Endeffekt darstellt (Abwesenheit von Recht) einheben, man will es binden und zähmen und ordnen, vor allem um es erträglicher und damit führbar zu machen.
Es gibt substanzielle und auch gewichtige Unterschiede innerhalb der Rechtsvorschriften (Komplexität). Eine sinnfreie TMP Prüfung im Einsatzland und die Behandlung von Kriegsgefangenen haben nichts, aber auch gar nichts miteinander zu tun, auch wenn beides gesetzlich vorgeschrieben ist und sollten hier nicht vermengt werden.
(07.10.2022, 16:38)Quintus Fabius schrieb: Ritualisierte Kriegsführung diente schon immer diesem Zweck, sie ist ja keine Erfindung der Gegenwart. Und sie hat immer schon dem Wesen der Dinge im Krieg und dessen natürlicher Entwicklung widersprochen, war also deshalb auch immer ein Versuch diese Entwicklung welche da in jedem Krieg ganz von selbst abläuft so weit wie möglich auszubremsen und zu verlangsamen, im angenommenen Idealfall zu stoppen.

Dieser sinnlose und fruchtlose Versuch aber senkt die Kriegsfähigkeit der Streitkräfte ein. Natürlich ist es völlig illusorisch und fernab jeder praktischen Realität, in dieser Gesellschaft und noch viel mehr in dieser Bundeswehr eine Kriegsführung frei von Recht auch nur diskutieren zu wollen.
Richtig! Weil`s hierfür zum Glück keinerlei Grundlage und vor allem eben keine Legitimation gibt.
(07.10.2022, 16:38)Quintus Fabius schrieb: Worauf ich eigentlich hinaus will ist, dass man sich trotzdem bewusst sein muss, dass die eigene Kriegsfähigkeit durch diese Fakten, durch diese realen praktischen Umstände wie sie nun einmal sind, gemindert wird. Dass wir also "schwächer" sind als es rein vom Potential her der Fall wäre und dass diese Schwäche, diese Verminderung der Kriegsfähigkeit aufgrund des Legalismus daher bei militärischen Planungen berücksichtigt werden muss. Entsprechend benötigt man beispielsweise eine größere technologische Überlegenheit, mehr Quantität, ein vorsichtigeres Vorgehen, mehr Feuerkraft usw um die Schwächung der Kampfkraft insgesamt damit zu kompensieren.
Die NATO (vor allem natürlich die USA) tut alles um das sicher zu stellen
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