15.08.2022, 05:46
Beitrag zu den gegenwärtigen nationalistischen Strömungen in Indien, vor allem unter der Modi-Regentschaft wurden diese verstärkt hervorgehoben, und den daraus sich ergebenden Veränderungen, gerade auch was den Umgang mit den Muslimen im Land und auch dem europäisch-kolonialen Erbe angeht:
Schneemann
Zitat:UNABHÄNGIGKEIT VOR 75 JAHRENhttps://www.dw.com/de/indien-wie-der-hin...a-62803676
Indien: Wie der Hindu-Nationalismus das Land verändert
Indien wandelt sich allmählich von einer säkularen, multikulturellen Nation zu einem hinduistisch geprägten Staat, sagen Aktivisten und Minderheitengruppen. Für religiöse Minderheiten ein Problem.
Als Indien 1947 von Großbritannien unabhängig wurde, wollten die Gründerväter die neue freie Nation als säkularen multikulturellen Staat aufbauen. [...] Indien hat seit seiner Unabhängigkeit freie Wahlen abgehalten und einen friedlichen Machtwechsel erlebt, das Land verfügt über eine unabhängige Justiz und eine lebendige Medienlandschaft. Kritiker sind jedoch der Meinung, dass unter der seit 2014 amtierenden Regierung von Premierminister Narendra Modi der säkulare Charakter des Landes ins Hintertreffen geraten ist. Das bestimmende Credo von Modis Bharatiya Janata Partei (BJP) ist seit 1989 "Hindutva", eine politische Ideologie, die die Werte der Hindu-Religion als Eckpfeiler der indischen Gesellschaft und Kultur propagiert. [...]
Hindus stellen die überwältigende Mehrheit der 1,4 Milliarden Einwohner Indiens. In den vergangenen Jahren wurden die Forderungen rechtsgerichteter religiöser Gruppen laut, Indien zu einer Hindu-Nation zu erklären und die Vorherrschaft der Hindus gesetzlich zu verankern.
Diese Forderungen haben die religiösen Minderheiten, insbesondere die Muslime, von ihrem Land entfremdet, sagen Kritiker. Die aggressive Hindutva-Politik der BJP behandle religiöse Minderheiten zudem als "Bürger zweiter Klasse". Hassreden und Gewalt gegen die 210 Millionen Muslime des Landes hätten in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. [...]
Das Staatsbürgerschaftsgesetz von 2019 (Citizenship Amendment Act, CAA) ebnet den Weg für Hindus, Sikhs, Buddhisten, Jainisten, Parsen und Christen aus Afghanistan, Pakistan und Bangladesch, die vor 2015 nach Indien eingewandert sind, im Schnellverfahren die Staatsbürgerschaft zu erhalten. Für Muslime gilt dieses Schnellverfahren jedoch nicht. [...]
Saira Shah Halim, eine Schriftstellerin und Aktivistin, erklärte gegenüber der DW, dass die alte liberale Ordnung angesichts des aufkommenden ethnischen Nationalismus ins Wanken gerate. Dies untergrabe Indiens Ansehen als größte Demokratie der Welt und lasse Zweifel an seiner Zukunft als säkularer Staat aufkommen. "Hindu-Nationalismus sollte nicht mit dem Hass auf Mitbürger aus der Minderheitengemeinschaft einhergehen. Dieser Hass wird von den Behörden gefördert und ungestraft ausgeübt, wo die Unterdrückung der Muslime so allgegenwärtig geworden ist", sagte Saira Sha Halim. [...]
Nicht nur auf politischer, sondern auch auf persönlicher Ebene haben sich die Beziehungen zwischen Hindus und Muslimen verschlechtert. [...] Hasan Suroor, Autor des kürzlich erschienenen Buches "Unmasking Indian Secularism" (zu Deutsch: Die Entlarvung des indischen Säkularismus, Anmerk. d. Red.), erklärte gegenüber der DW, dass dringend ein neuer Fahrplan zur Wiederherstellung der Harmonie zwischen den Gemeinschaften erforderlich sei, bevor es für eine Kurskorrektur zu spät sei. [...]
"Dies ist kein Plädoyer dafür, den Säkularismus gänzlich aufzugeben oder plötzlich einen theokratischen Hindu-Staat anzunehmen", sagte Suroor, "sondern nach einem Modell zu suchen, das mit den heutigen politischen und sozialen Realitäten in Einklang steht."
Schneemann