22.06.2022, 21:48
Schneemann:
Jeder Krieg zerfällt in ganz unterschiedliche Phasen, die sich teilweise drastisch voneinander unterscheiden können. Wenn man nun darauf verweist, dass man aufgrund dessen kaum Aussagen treffen kann, verkennt dies meiner Meinung nach, dass man durchaus auch bei einer ganzheitlichen Betrachtung zu bestimmten übergreifend gültigen Erkenntnissen gelangen kann.
Ich bin da rein persönlich vermutlich stärker von Jomini her geprägt, während heute die Clausewitzsche Auffassung vorherrschend ist, welche mit größerer Unsicherheit und Unwägbarkeiten einher geht. Einer der wesentlichsten Unterschiede zwischen Jomini und Clausewitz aber ist der, dass laut Jomini es wesentlich ist, dass die politischen Ziele nachdem der Krieg begonnen wurde von der militärischen Führung als deren Auftrag möglichst frei verfolgt werden und sich die Politik dann in die eigentliche Führung des Krieges so wenig wie möglich einmischen sollte, insbesondere auch, dass sie sich aus der militärisch-strategischen Ebene heraus halten sollte.
Das leitet gleich gut über zu den Aussagen von voyageur hier im Strang:
Eine Armee ist der verlängerte Arm der Diplomatie eines Landes, die Aufgaben und notwendigen Ausrüstungen ergeben sich aus den Vorgaben der Regierung;
Selbst wenn man Krieg als die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln annimmt, sollten meiner rein persönlichen Meinung nach daher trotzdem bereits die (sich daraus ergebenden) Aufgaben und notwendigen Rüstungen dennoch weitestgehend vom Militär bestimmt werden und dieses muss nochmal deutlich mehr Einfluss auf die Gestaltung des Krieges und allem was mit diesem zusammen hängt erhalten sobald ein echter vollumfänglicher Krieg ausbricht. Abgesehen von diesem meiner Meinung nach notwendigen größeren Einfluss des Militärs auf dieser (höchsten) Ebene sieht man im Ukrainekrieg meiner Ansicht nach vor allem einen zu starken Einfluss der zivilen Politik auf die militärische Gestaltung bei den Russen und gerade eben daraus erhebliche militärische Probleme folgen. Meiner Ansicht nach wäre daher ein anderer Ansatz zielführender:
voyageur schrieb:
Bereits hier würde ich einhaken und meine These dazu ist, dass es besser wäre wenn die Politik lediglich vorgibt was erreicht werden soll und der Generalstab bzw. die militärisch verantwortlichen entscheiden dann, wie dieser Auftrag militärisch umgesetzt wird und entscheiden und dieser Entscheidung folgend führen sie den Krieg, frei von der zivilen Führung.
Ich weiß dass diese meine These dazu für die meisten heute sehr befremdlich klingen mag, aber im nächsten großen konventionellen Krieg ließe sich so meiner Auffassung nach ein deutlicher militärischer Vorteil gewinnen und belegt der Ukrainekrieg so wie er jetzt stattfindet meiner Ansicht nach diese meine These.
Schneemann:
in der Folge wird versucht, ein Idealbild einer Streitmacht zu entwickeln (das soll auch bitte nicht als Vorwurf verstanden wissen, sondern eher als Warnung vor dem Streben nach der überspezialisierten, eierlegenden Wollmilchsau), die auf alle Eventualitäten bestens eingestellt wäre. Das ist aber illusorisch, denn es gibt sie nicht, es wird auch nie das "ideale Kriegsszenario" geben, nur ähneln sich manchmal Begebenheiten.
Streitkräfte sollten meiner Meinung nach so aufgestellt sein, dass sie 1. eine im Rahmen der Umstände maximale Kampfkraft aufweisen, also alles allein auf die Kriegsfähigkeit hin ausgerichtet ist und auf absolut gar nichts anderes, dass sie 2. mit den exakt gleichen Mitteln möglichst verschiedene Szenarien und unterschiedliche Aufgaben bearbeiten können, dazu müssen die verwendete Doktrin, Formationen, Systeme usw. so beschaffen sein, dass sie möglichst vielseitig und unterschiedlich verwendet werden können, und zwar mit den jeweils exakt gleichen Einheiten und deren exakt gleichen Waffensystemen. Und 3. muss der Gegner im Mittelpunkt des eigenen Strebens stehen, also muss man exakt festlegen gegen wen hier in welchem Raum was genau erreicht werden soll usw. Das führt wieder zu dem Punkt den voyageur angesprochen hat:
Bereits der Vorgabe solcher Szenarien sollte meiner rein persönlichen Meinung nach das Militär mitreden und mitentscheiden. Ich weiß natürlich, dass dies in Westeuropa TM unmöglich und undenkbar ist, es wäre rein theoretisch / kriegswissenschaftlich von erheblichem Vorteil. Um die Entscheidung mal umzudrehen: das Militär stellt der Politik verschiedene Szenarien vor, in welchen ein militärischer Einsatz möglich wäre und wie man diese jeweiligen Szenarien bearbeiten könnte und die Politik kann dann aus diesen Vorschlägen bei Bedarf aussuchen.
Ottone:
Ich bin immer noch der Überzeugung, dass die russische Luftraumverteidigung insgesamt für die NATO Luftstreitkräfte ein Problem darstellen könnte, dahin gehend, dass man erst nach einiger Zeit den Luftraum wird frei kämpfen können. Und dieser Zeitverzug könnte entscheidend sein, sind unsere westlichen TM Gesellschaften meiner Ansicht nach nicht mehr in der Lage mit so einem Ausmaß an militärischer Gewalt umzugehen ohne in sich zu kollabieren. Sie sind einfach auf allen Ebenen zu anfällig geworden vom Vorliegen und der Aufrechterhaltung ganz bestimmter Umstände.
Jeder Krieg zerfällt in ganz unterschiedliche Phasen, die sich teilweise drastisch voneinander unterscheiden können. Wenn man nun darauf verweist, dass man aufgrund dessen kaum Aussagen treffen kann, verkennt dies meiner Meinung nach, dass man durchaus auch bei einer ganzheitlichen Betrachtung zu bestimmten übergreifend gültigen Erkenntnissen gelangen kann.
Ich bin da rein persönlich vermutlich stärker von Jomini her geprägt, während heute die Clausewitzsche Auffassung vorherrschend ist, welche mit größerer Unsicherheit und Unwägbarkeiten einher geht. Einer der wesentlichsten Unterschiede zwischen Jomini und Clausewitz aber ist der, dass laut Jomini es wesentlich ist, dass die politischen Ziele nachdem der Krieg begonnen wurde von der militärischen Führung als deren Auftrag möglichst frei verfolgt werden und sich die Politik dann in die eigentliche Führung des Krieges so wenig wie möglich einmischen sollte, insbesondere auch, dass sie sich aus der militärisch-strategischen Ebene heraus halten sollte.
Das leitet gleich gut über zu den Aussagen von voyageur hier im Strang:
Eine Armee ist der verlängerte Arm der Diplomatie eines Landes, die Aufgaben und notwendigen Ausrüstungen ergeben sich aus den Vorgaben der Regierung;
Selbst wenn man Krieg als die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln annimmt, sollten meiner rein persönlichen Meinung nach daher trotzdem bereits die (sich daraus ergebenden) Aufgaben und notwendigen Rüstungen dennoch weitestgehend vom Militär bestimmt werden und dieses muss nochmal deutlich mehr Einfluss auf die Gestaltung des Krieges und allem was mit diesem zusammen hängt erhalten sobald ein echter vollumfänglicher Krieg ausbricht. Abgesehen von diesem meiner Meinung nach notwendigen größeren Einfluss des Militärs auf dieser (höchsten) Ebene sieht man im Ukrainekrieg meiner Ansicht nach vor allem einen zu starken Einfluss der zivilen Politik auf die militärische Gestaltung bei den Russen und gerade eben daraus erhebliche militärische Probleme folgen. Meiner Ansicht nach wäre daher ein anderer Ansatz zielführender:
voyageur schrieb:
Zitat:Der Generalstab legt dafür verschiedene Vorschläge bereit, die Politik entscheidet,
Bereits hier würde ich einhaken und meine These dazu ist, dass es besser wäre wenn die Politik lediglich vorgibt was erreicht werden soll und der Generalstab bzw. die militärisch verantwortlichen entscheiden dann, wie dieser Auftrag militärisch umgesetzt wird und entscheiden und dieser Entscheidung folgend führen sie den Krieg, frei von der zivilen Führung.
Ich weiß dass diese meine These dazu für die meisten heute sehr befremdlich klingen mag, aber im nächsten großen konventionellen Krieg ließe sich so meiner Auffassung nach ein deutlicher militärischer Vorteil gewinnen und belegt der Ukrainekrieg so wie er jetzt stattfindet meiner Ansicht nach diese meine These.
Schneemann:
in der Folge wird versucht, ein Idealbild einer Streitmacht zu entwickeln (das soll auch bitte nicht als Vorwurf verstanden wissen, sondern eher als Warnung vor dem Streben nach der überspezialisierten, eierlegenden Wollmilchsau), die auf alle Eventualitäten bestens eingestellt wäre. Das ist aber illusorisch, denn es gibt sie nicht, es wird auch nie das "ideale Kriegsszenario" geben, nur ähneln sich manchmal Begebenheiten.
Streitkräfte sollten meiner Meinung nach so aufgestellt sein, dass sie 1. eine im Rahmen der Umstände maximale Kampfkraft aufweisen, also alles allein auf die Kriegsfähigkeit hin ausgerichtet ist und auf absolut gar nichts anderes, dass sie 2. mit den exakt gleichen Mitteln möglichst verschiedene Szenarien und unterschiedliche Aufgaben bearbeiten können, dazu müssen die verwendete Doktrin, Formationen, Systeme usw. so beschaffen sein, dass sie möglichst vielseitig und unterschiedlich verwendet werden können, und zwar mit den jeweils exakt gleichen Einheiten und deren exakt gleichen Waffensystemen. Und 3. muss der Gegner im Mittelpunkt des eigenen Strebens stehen, also muss man exakt festlegen gegen wen hier in welchem Raum was genau erreicht werden soll usw. Das führt wieder zu dem Punkt den voyageur angesprochen hat:
Zitat:Die Politik gibt verschiedene Szenarien vor, wo ein militärischer Einsatz notwendig/wünschenswert , sein könnte.
Bereits der Vorgabe solcher Szenarien sollte meiner rein persönlichen Meinung nach das Militär mitreden und mitentscheiden. Ich weiß natürlich, dass dies in Westeuropa TM unmöglich und undenkbar ist, es wäre rein theoretisch / kriegswissenschaftlich von erheblichem Vorteil. Um die Entscheidung mal umzudrehen: das Militär stellt der Politik verschiedene Szenarien vor, in welchen ein militärischer Einsatz möglich wäre und wie man diese jeweiligen Szenarien bearbeiten könnte und die Politik kann dann aus diesen Vorschlägen bei Bedarf aussuchen.
Ottone:
Zitat:Insofern ist es nicht falsch sich darauf - Artillerie und Plattwalzen - einzurichten, auch wenn die Gleichung mit einer starken westlichen Luftwaffe anders aussehen würde.
Ich bin immer noch der Überzeugung, dass die russische Luftraumverteidigung insgesamt für die NATO Luftstreitkräfte ein Problem darstellen könnte, dahin gehend, dass man erst nach einiger Zeit den Luftraum wird frei kämpfen können. Und dieser Zeitverzug könnte entscheidend sein, sind unsere westlichen TM Gesellschaften meiner Ansicht nach nicht mehr in der Lage mit so einem Ausmaß an militärischer Gewalt umzugehen ohne in sich zu kollabieren. Sie sind einfach auf allen Ebenen zu anfällig geworden vom Vorliegen und der Aufrechterhaltung ganz bestimmter Umstände.