26.04.2022, 10:27
Frankreich hatte nach dem Ersten Weltkrieg, obgleich Siegernation, eine Vielzahl von Sorgen und Problemen. Es waren nicht nur die reinen Verluste und die Zahl der Versehrten, Traumatisierten und Verstümmelten, die in die Millionen gingen, sondern es gab auch innenpolitisch-gesellschaftliche, finanzielle und politische Zwänge.
Durch die Pariser Vorortverträge wurde Frankreich eine Hegemonialstellung innerhalb Europas zugewiesen. Viele alte Länder (Belgien, Rumänien), aber gerade neu entstandene Staaten (Polen, Tschechoslowakei, Jugoslawien) sahen in Frankreich den Garanten für ihre neue Staatlichkeit und vor allem für die gewonnenen Gebiete, d. h. sie hatten den Anspruch, dass Frankreich ihre Gebiete notfalls mit schützt. Innerhalb Frankreichs wollte man zwar deutsche Ambitionen einhegen, aber man hatte wenig Interesse, europaweit für die Interessen anderer, kleinerer Staaten in die Bresche zu springen, da die eigenen Finanzen massiv angespannt waren und die Gesellschaft neue Kriegsabenteuer nicht mitgetragen hätte.
Vor allem die russische Revolution zog ihre Kreise und hatte auch ihre Auswirkungen in Frankreich. Das ging so weit, dass es z. B. Meutereien in der Marine gab, als man 1919 im Schwarzen Meer gegen die Bolschewisten intervenierte. Als Millerand 1920 Waffenlieferungen an Polen freigab und General Weygand entsenden ließ, gab es ebenso Unmut im Militär, das hart am Rande einer Revolte stand. Auch der Marokko-Krieg (Rifkrieg 1921 bis 1926) und die Bekämpfung der Aufstände im Libanon waren wenig beliebt im Land. Zumal dazu ja noch eine massive Schuldenkrise kam. Bspw.: Wiederaufbau der zerstörten Gebiete im Nordosten (geschätzte 100 Milliarden Francs Kosten), Schulden bei den USA bedingt durch Lieferungen während des Krieges (1919 ca. 50 Milliarden Francs) und allg. Verschuldung der Bevölkerung (ca. 300 Milliarden Francs 1925). Dazu kamen Inflation und die Versorgungsfolgekosten von Kriegsversehrten. Und: Die erwarteten Zahlungen aus Deutschland ("L'Allemagne paiera tout") blieben hinter den Erwartungen zurück. Kurzum: Es gab enorme innenpolitische Herausforderungen.
Was auch recht unbekannt ist: In den 1920ern gab es einen Bevölkerungsschwund (auch eine Folge des Krieges), der erst langsam wieder aufgefangen werden konnte - in der Folge gingen die Steuereinnahmen zurück - und weswegen ab Beginn der 1930er die Einwanderung verstärkt beworben wurde. Bedingt durch Kriegskosten, Steuern und Inflation waren ferner Teile des Mittelstandes verarmt, was, in Kombination mit der Einwanderungsfrage, zu einem Erstarken auch der rechten Kräfte beitrug.
Dennoch gelang es ab der zweiten Hälfte der 1920er, die Lage zu finanziell zu stabilisieren und auch außenpolitisch neue Kontakte zu knüpfen (Anerkennung der Sowjetunion, Wiederaufbau der Kontakte nach Deutschland [Locarno], Unterstützung der Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund). Allerdings wurden diese Erfolge u. a. Briands durch die Weltwirtschaftskrise nach 1929 und das daraus resultierende allgemeine Erstarken rechter Kräfte leider negiert...
Schneemann
Durch die Pariser Vorortverträge wurde Frankreich eine Hegemonialstellung innerhalb Europas zugewiesen. Viele alte Länder (Belgien, Rumänien), aber gerade neu entstandene Staaten (Polen, Tschechoslowakei, Jugoslawien) sahen in Frankreich den Garanten für ihre neue Staatlichkeit und vor allem für die gewonnenen Gebiete, d. h. sie hatten den Anspruch, dass Frankreich ihre Gebiete notfalls mit schützt. Innerhalb Frankreichs wollte man zwar deutsche Ambitionen einhegen, aber man hatte wenig Interesse, europaweit für die Interessen anderer, kleinerer Staaten in die Bresche zu springen, da die eigenen Finanzen massiv angespannt waren und die Gesellschaft neue Kriegsabenteuer nicht mitgetragen hätte.
Vor allem die russische Revolution zog ihre Kreise und hatte auch ihre Auswirkungen in Frankreich. Das ging so weit, dass es z. B. Meutereien in der Marine gab, als man 1919 im Schwarzen Meer gegen die Bolschewisten intervenierte. Als Millerand 1920 Waffenlieferungen an Polen freigab und General Weygand entsenden ließ, gab es ebenso Unmut im Militär, das hart am Rande einer Revolte stand. Auch der Marokko-Krieg (Rifkrieg 1921 bis 1926) und die Bekämpfung der Aufstände im Libanon waren wenig beliebt im Land. Zumal dazu ja noch eine massive Schuldenkrise kam. Bspw.: Wiederaufbau der zerstörten Gebiete im Nordosten (geschätzte 100 Milliarden Francs Kosten), Schulden bei den USA bedingt durch Lieferungen während des Krieges (1919 ca. 50 Milliarden Francs) und allg. Verschuldung der Bevölkerung (ca. 300 Milliarden Francs 1925). Dazu kamen Inflation und die Versorgungsfolgekosten von Kriegsversehrten. Und: Die erwarteten Zahlungen aus Deutschland ("L'Allemagne paiera tout") blieben hinter den Erwartungen zurück. Kurzum: Es gab enorme innenpolitische Herausforderungen.
Was auch recht unbekannt ist: In den 1920ern gab es einen Bevölkerungsschwund (auch eine Folge des Krieges), der erst langsam wieder aufgefangen werden konnte - in der Folge gingen die Steuereinnahmen zurück - und weswegen ab Beginn der 1930er die Einwanderung verstärkt beworben wurde. Bedingt durch Kriegskosten, Steuern und Inflation waren ferner Teile des Mittelstandes verarmt, was, in Kombination mit der Einwanderungsfrage, zu einem Erstarken auch der rechten Kräfte beitrug.
Dennoch gelang es ab der zweiten Hälfte der 1920er, die Lage zu finanziell zu stabilisieren und auch außenpolitisch neue Kontakte zu knüpfen (Anerkennung der Sowjetunion, Wiederaufbau der Kontakte nach Deutschland [Locarno], Unterstützung der Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund). Allerdings wurden diese Erfolge u. a. Briands durch die Weltwirtschaftskrise nach 1929 und das daraus resultierende allgemeine Erstarken rechter Kräfte leider negiert...
Schneemann