Zukunft Mörser
#43
Zitat:gleiche Konstruktion und reine Skalierung vorausgesetzt ist das Kaliber 98 mm ziemlich genau gleich weit weg vom Kaliber 120 mm wie 81 mm von 98 mm

Das ist da nicht einfache eine lineare Funktion von 1 mm ergibt einen Leistungswert n - folglich ergeben 22mm nun 22 x n mehr. Real praktisch ist die 98mm von der Wirkung her eben näher an der 120mm. Natürlich hat diese deutlich mehr Leistung, und auch deutlich mehr Leistungsreserve, aber dieses Mehr wird meist gar nicht benötigt. Wenn ich eine Stellung per Mörser beschießen will macht es rein praktisch kaum etwas aus ob ich nun mit der 120mm im Endeffekt nochmal 10 m mehr Radius bei der Explosion hätte - wenn der Treffer nicht nah genug sitzt, spielt das überhaupt keine Rolle dass dann die Splitter noch etwas weiter fliegen oder dass es mehr Splitter sind usw.

Die Zeit dichter Infanterieangriffe ist vorbei. Und dann muss man die Mehrleistung pro Einzelner Granate ins Verhältnis setzen zum Gewicht (!) und zur Anzahl der verschießbaren Granaten.

Mal rein theoretisch und völlig unabhängig von den genannten Kalibern: Nehmen wir mal rein theoretisch an, eine Granate hätte 5 kg und tatsächlich genau die Hälfte der Wirkung einer 10 kg Granate. Ich kann aber aus dem Mörser für die 5 kg Granaten nun dreimal so viele verschießen in der gleichen Zeit in der ich eine 10 kg Granate - dann bringe ich 15 kg Leistungs ins Ziel, statt nur 10 kg Leistung.

Oder ich habe beispielsweise 3 verschiedene Ziele. Um diese 3 Ziele nacheinander - und getrennt voneinander (!) zu treffen - benötige ich 3 Granaten. Dann benötige ich bei den 5 kg Granaten nur 15 kg und bei den 10 kg Granaten 30 kg - für die exakt gleiche Leistung.

Ich hoffe es wird so verständlicher worauf ich hinaus will.

Natürlich sind die 120mm leistungsfähiger wenn man sich die theoretischen Werte pro Granate ansieht, und Frankreich führt zur Zeit beispielsweise hier auch neue Systeme ein, welche von der Wirkung her nochmal deutlich stärker sind, aber: es gibt hier von der Wirkung her einen abnehmenden Grenznutzen und die Frage, wo genau der ideale Mittelpunkt zwischen Wirkung, Gewicht, logistischen Anforderungen usw liegt.

Um mal ein konkretes Beispiel zu bringen: der französische RT F1 Mörser in 120mm wiegt nicht weniger als ca. 500 kg (allerdings mit Lafette und Rädern, ist ein gezogener Mörser). Die Standard-Granaten wiegen so um die 18 kg. Diese kommen auf ca 8000 m und haben einen Wirkungsradius von ca 75 m.

Zum Vergleich: ein slowakischer Mörser im Kaliber 98mm kommt auf 115 kg, die Standard-Granaten wiegen wenn ich mich richtig erinnere ca 9 kg, die Reichweite liegt bei ca 7500 m und der Wirkungsradius bei ca 70 m. Und in einer modernisierten Version mit den neuesten Möglichkeiten der Materialwissenschaften könnte man das Gewicht des Mörsers selbst auf 90 bis 95 kg drücken.

Nun gibt es für den 120mm Mörser durchaus auch neuere, deutlich leistungsfähigere Munition, mit höherer Reichweite, höherer Wirkung usw usf ABER:

Mit Gleitmunition wird die Reichweite bei beiden Kalibern de facto so weitreichend, dass es gar keine Rolle mehr spielt. Da sind dann bei beiden Kalibern Reichweiten drin, welche bisher nur richtige Haubitzen erzielen konnten. Und die Wirkung selbst hat wie ich geschrieben habe einen abnehmenden Grenznutzen. Was nützt es die Wirkung einer 155mm Artillerie Granate mit einem 120mm Mörser zu erzielen, wenn bereits die Wirkung der 98mm völlig ausreichend wäre und dort die Granate nur halb so viel wiegt?

Und trotzdem groß genug ist um damit endphasengelenkte Munition zu verwenden !

Die Frage ist halt auch, worauf genau ich mit den Mörsern hinaus will. Wenn ich beispielsweise die Reichweite und die Wirkung von 120mm Mörsern in den Bereich von richtigen Haubitzen bringe, dann sollte ich diese Mörser eben nicht mit kleineren wesentlich leichteren Mörsern vergleichen, sondern mit den Haubitzen.

Dass ist dann eine ganz andere Klasse von Waffensystemen ! Wenn ich die Wirkung einer 155mm mit nur 500 kg Gewicht erzielen kann, perfekt, wesentlich leichter als jede Haubitze in 155mm es je sein könnte. Also würde es Sinn machen dieses Kaliber beispielsweise als Brigade-Artillerie zu explorieren.

Geht es hingegen darum in einem Bataillon oder in einem Regiment Mörser zu haben, welche de facto zu den Infanteriewaffen zählen, dann machen die 120mm schon wieder weniger Sinn. Beispielsweise sind die 120mm in den schweren Kompanien der Infanterie-Bataillone im Vergleich zu den 98mm deutlich nachteilig.

Und umgekehrt wäre eine 98mm auf der Ebene der Brigade völlig sinnlos.

Die Frage ist also schlußendlich: von was für einer Ebene, von was für einem Auftrag und von was für Anforderungen sprechen wir hier ?!

Meiner rein privaten Meinung nach gibt es zwischen der Verwendung von 120mm und 98mm auch gar keinen Widerspruch. Man könnte beispielsweise das größere Kaliber als Teil der Brigadeartillerie einsetzen, entsprechende Gleitmunition würde hier die Reichweite derart erhöhen, dass man damit bereits die Leistung von Haubitzen abbilden kann, nur mit einem geringeren logistischen Fußabdruck und einer deutlich / immens viel größeren Querfeldeinbeweglichkeit. Und in den Bataillonen selbst ersetzt man die 120mm durch ein 98mm Kaliber und hätte hier erneut den genau gleichen Vorteil: erleichterte Logistik und wesentlich größere Querfeldeinbeweglichkeit. Oder man verwendet halt auch Brigadeebene stattdessen dann schon richtige Artillerie etc.

Zitat:Ich halte es ja grundsätzlich nicht für verkehrt, den Status Quo immer mal wieder neu zu bewerten, und es geht hier ja nicht um eine konkrete Planung, sondern um eine theoretische Betrachtung, da ist der Spielraum ja freier. Vielleicht sollte man losgelöst von bekannten Produkten einfach definieren, welche Leistungen wünschenswert wären, um dann zu berechnen, welches Kaliber, welche Lauflänge, welche Gewichte, usw. am sinnvollsten wären.

Zweifelsohne wäre das der theoretisch richtige Ansatz und vor etlichen Jahren hat das mal ein Bekanner von mir gemacht und kam beispielsweise auf einen Wert von 107mm. ABER: hier und heute hat man ja bereits bestimmte Kaliber eingeführt, für diese steht Munition zur Verfügung, diese werden produziert und könnten auch ad hoc in wesentlich größeren Stückzahlen beschafft werden und sie kommen daher wesentlich günstiger als eine komplette Neuentwicklung- darüber hinaus hätte die ansonsten kein anderer und schlußendlich wäre daher die Interoperabilität zu bedenken.

Deshalb macht es viel mehr Sinn bestehende Kaliber evolutionär weiter zu entwickeln, statt völlig neues zu erschaffen. Und auch entsprechend bereits vorhandene Mörsersysteme evolutionär weiter zu entwickeln statt völlig neue zu beschaffen.

Für die Bundeswehr sollte man meiner Meinung nach auf 60mm (Zugebene RSG60 Commando- und Kompanieebene RSG60) und 98 mm (Bataillon) setzen. Und dann die Munition für diese Kaliber evolutionär immer weiter entwickeln.

Beschließend noch eine recht nette PDF zu tschechischen Kommando-Mörsern, damit man mal die Vielzahl der möglichen Munitionstypen und ihre jeweilige Wirkung besser einschätzen kann:

https://www.mycity-military.com/uploads2...Mortar.pdf

Die ANTOS Mörser in 60mm gibt es mit 4,9 kg Gewicht. Wenn jeder Mann eines Zuges eine Granate mitführt belastet dass ihn kaum, und käme ein Zug so auf 30 Granaten die er durch das System jagen kann. Die ganzen 30 Granaten könnte man übrigens theoretisch in einer Minute raushauen, dass wäre schon mal ein wirklich ordentlicher Feuerhagel, oder ein wirklich ordentlicher Rauchvorhang oder was auch immer.
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