01.04.2022, 07:59
(31.03.2022, 15:29)Quintus Fabius schrieb: Aber meiner Meinung nach macht man jetzt den Fehler sie zu unterschätzen und ich halte es für weniger problematisch den Gegner als stärker einzustufen als umgekehrt.
Ersteres wirkt sich direkter aus, letzteres indirekter. Grundsätzlich sehe ich das ähnlich, wie groß die Gefahr ist kann ich aber nicht einschätzen. Aktuell finde ich das Meinungsbild in der Bevölkerung, die sich nicht explizit mit diesen Themen beschäftigt, recht interessant. Während es früher hieß, dass die Bundeswehr am besten aufgelöst wird, weil sie gegen den Russen eh nichts ausrichten kann, sieht man es jetzt eher so, dass eine vernünftig aufgestellte Bundeswehr tatsächlich eine Chance hat, weil der Russe ja offensichtlich doch nicht so übermächtig ist. Aber ich will nicht zu weit weg vom Thema kommen.
Sicher ist jedenfalls, dass es verschiedene Ebenen gibt und sich die populärmediale mal wieder als Blase entpuppt hat. Die jetzige Entwicklung geht in die entgegen gesetzte Richtung, tatsächlich wird die russische Armee schwach geschrieben, was ebenso weit entfernt von der Realität ist. Umgekehrt findet eine Glorifizierung der ukrainischen Armee hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit statt, die so auch wenig mit der Realität (die ja mehr aus "Not gegen Elend" unter schlechten äußeren Bedingungen besteht) zu tun hat.
Insofern ja, ich stimme dir in dem Punkt zu, aber in folgendem nicht:
Zitat:den die ganze Rüstungstechnologie welche da zumindest theoretisch durchaus vorhanden ist, könnte ohne die ganze Korruption und Kriminalität ja durchaus zeitnah in reale Bewaffnung umgesetzt werden. Und ich halte da sehr vieles immer noch für herausragend bzw. konzeptionell genau richtig.
Die Probleme gehen weit über Korruption und Kriminalität hinaus, es gibt teilweise sehr gute, meinetwegen auch "herausragende" Konzepte, die sich aber in der gewünschten Form und der aktuellen industriellen Basis als unproduzierbar erweisen. Wie gesagt kann ich das nicht für das Heer sagen, da kenne ich mich zu wenig aus, aber ich sehe es besonders im Bereich der Luftwaffe. Zeitnah ist das nicht zu lösen, die groben Probleme brauchen etliche Jahre, die kleineren vermutlich Jahrzehnte, wenn ich das mit anderen Industrien vergleiche.
Von daher kann ich auch den Punkt nachvollziehen, Putin wäre aus westlicher Sicht das beste gewesen, was Russland hätte passieren können, weil er dafür gesorgt hat, genau diese Basis über zwei Jahrzehnte lang auszuhöhlen. Man stelle sich vor, es hätte ab Ende der neunziger Jahre eine echte industrielle Revolution gegeben, an die sich eine echte militärische Revolution angeschlossen hätte. Oder anders formuliert, man stelle sich vor, all das, was so konzeptionell vorgestellt wurde, würde tatsächlich existieren und funktionieren wie propagiert.