03.03.2022, 22:57
Quintus Fabius schrieb:Ich bin nicht prinzipiell gegen Waffenlieferungen, aber warum diese öffentlich ankündigen und medial präsentieren? Das geht doch alles viel eleganter. Wir liefern Strela und behaupten wir würden keine Waffen liefern. Das wäre wesentlich eleganter und sinnvoller, sich von jedweder Waffenhilfe für die Ukraine lautstark zu distanzieren, aber real ganz anders zu handeln. Stattdessen posaunt man die Welt hinaus, was man alles tun will und setzt damit eine Dynamik in Gang die man im Endeffekt nicht kontrolliert, geht unkalkulierbare Risiken ein und das noch bevor auch nur eine einzige Fliegerfaust in der Ukraine eingetroffen wäre.Ich finde den Ansatz der unkomplizierten Waffenhilfe überraschend gut. Liefert man keine Waffen, gilt der Westen als schwach, feige, hilflos und unzuverlässig. Liefert man die Waffen hintenrum, gilt der Westen als kriegstreiberisch, heuchlerisch und verlogen. Liefert man sie hingegen so, wie es jetzt passiert, sieht jeder: Oha, der Westen besteht nicht nur aus schwafelnden Politikern und zahnlosen Demonstranten, die Schilder hochhalten. Es gibt noch (oder wieder) Situationen, wo der Westen zum Zweihänder greift. Europa hat sich gerade eine unglaubliche Ladung Respekt eingeheimst. Die angesprochenen Risiken entstehen natürlich auch, aber hier hat man entschieden, diese in Kauf zu nehmen. Die Ukrainer werden es uns danken.
Ich lehne mich mal etwas aus dem Fenster und sage folgendes: Wenn die Russen an Tag 1 erfolgreich gewesen wären (Einnahme von Gostomel, direkte Bedrohung von Kiew, Kapitulation der ukrainischen Armee), hätte der Westen zwar wie üblich protestiert, ein bisschen sanktioniert und sich dann mit den Fakten arrangiert. Da die Ukraine aber standhielt, konnte der Westen die für ihn vertretbaren Gegenmassnahmen voll entfalten.
Es lohnt sich also, eine Armee zu haben und zu kämpfen. Wer sich wehrt, erhält Anerkennung und Unterstützung (es ist mir bewusst, dass hier die Rasputitsa kräftig auf seiten der Ukrainer mitgeholfen hat).
Zur heutigen Situation im Norden: Es gibt unbestätigte Berichte, dass die Ukrainer zum Gegenangriff übergegangen sind und bei Irpin, Bucha, Ivankiv, Gostomel und Vorzel kämpfen, d.h. den ellenlangen Konvoi der Russen angreifen. Mal sehen, wie sich die Lage entwickelt.