01.03.2022, 19:28
(01.03.2022, 07:19)Quintus Fabius schrieb: Rheinmetall legt erstes Angebot für ein Gesamtpaket vor:Bei Focus Online steht noch etwas mehr von dem Interview. Ich zitiere den größten Teil mal, weil ich es ganz interessant finde.
https://www.t-online.de/finanzen/news/un...-euro.html
Zitat:(...)FOCUS Online: Die Bundeswehr ist seit Jahren kaputtgespart worden, heißt es oft. Trotzdem betrug der jährliche Verteidigungshaushalt auch 2021 schon rund 46,9 Milliarden Euro. Das ist viel Geld. Warum kommt das Geld offenbar nicht an den richtigen Stellen an? Und hilft es dann überhaupt, die Summe aufzustocken?
Papperger: Es ist ganz wichtig, dass wir jetzt die Prozesse bei der Bundeswehr anpassen. Die Art der Qualifizierung, also der Freigabe von Material, muss anders werden und wir müssen die Bürokratie abbauen. So wie ich das sehe, beschäftigt sich das Ministerium jetzt mit Hochdruck damit.
FOCUS Online: Was genau muss sich ändern?
Papperger: Die Beschaffung dauert allgemein viel zu lange. Es gibt zum Teil 25 Genehmigungsprozesse für Panzer-Munition. Da können wir viel schneller sein. Ein Beispiel: Munition, die in den Niederlanden für denselben Waffentyp schon qualifiziert worden ist, müssen wir in Deutschland nicht noch einmal extra genehmigen. Ein weiteres Beispiel ist der Panzer-TÜV: Ein Panzer muss jedes Jahr zum deutschen TÜV. Das mag in Friedenszeiten machbar sein, aber nicht, wenn der Panzer jetzt akut in einem Einsatz gebraucht wird. Diese Frist könnte man auf zwei oder drei Jahre verlängern.
FOCUS Online: Welche Waffen braucht die Bundeswehr nun ganz konkret? Oder ist der Bedarf zu Land, zu Wasser und in der Luft gleich groß?
Papperger: Die Landsysteme sind meiner Meinung nach derzeit am schlechtesten aufgestellt.
FOCUS Online: Diese Aussage überrascht nicht. Ihr Unternehmen liefert ja nur Landsysteme.
Papperger: Ich kann das aber an ganz konkreten Beispielen festmachen. Mit dem Bestand an Munition könnte unsere Armee im Verteidigungsfall nur wenige Tage durchhalten. Es stimmt leider: Die Bundeswehr ist keineswegs einsatzbereit, die Landesverteidigung wird mit dem vorhandenen Material nicht funktionieren. Wir liefern Munition für Maschinenkanonen, Panzerkanonen und Artillerie. Früher haben wir davon im Jahr 250.000 Stück für die Bundeswehr produziert – jetzt sind es noch 20.000 bis 30.000 pro Jahr, also ein Zehntel.
FOCUS Online: Wie schnell könnten Sie denn überhaupt liefern?
Papperger: Wir haben für das Ministerium aktuell Listen aufgestellt, was kurzfristig verfügbar wäre. Wir als Rheinmetall könnten in kurzer Zeit Ausrüstung im Wert von 42 Milliarden Euro liefern. Unsere Munitionswerke und Panzerwerke haben die Kapazitäten dafür. Wir können innerhalb von zwölf Monaten logistische Fahrzeuge liefern, innerhalb von 18 Monaten Radfahrzeuge und innerhalb von 24 Monaten auch Kettenfahrzeuge. Die Weichen müssten nur jetzt schnell gestellt werden, damit die Materialbeschaffung beginnen kann.
FOCUS Online: Das haben Sie alles auf Lager?
Papperger: Die Werke dafür haben wir: In Ungarn, Australien, England und auch in Kanada, den USA und natürlich unsere deutschen Werke. Kapazität gibt es also genug. Was noch fehlt ist Pulverkapazität und Sprengstoffkapazität. Aber da haben unsere Freunde in Ungarn bereits Maßnahmen ergriffen.
FOCUS Online: Ihre Freunde in Ungarn?
Papperger: Die Regierung dort wird eine große Sprengstoffproduktion aufbauen. Die Pläne sind längst fertig.
FOCUS Online: Was ist mit Partnern in Westeuropa? Bundeskanzler Scholz sprach davon, dass neues Gerät in enger Abstimmung mit Frankreich entwickelt werden soll. Werden Sie da zum Beispiel mit Ihrem Konkurrenten Thales kooperieren?
Papperger: Solche Pläne gibt es schon lange, wir sind bereits dabei. Aber diese Kampffahrzeuge, die dort entwickelt werden sollen, kommen erst später. Das sind langfristige strategische Entscheidungen
FOCUS Online: Welches Produkt aus Ihrem Arsenal ist aus Ihrer Sicht jetzt am wichtigsten für die Bundeswehr?
Papperger: Auf jeden Fall die Munition. Und die Regierung sollte die zweite Tranche Puma-Panzer bestellen. Dann folgen die Radfahrzeuge mit der Erneuerung der Fuchs-Flotte durch den Schützenpanzer Boxer. Und wir haben aktuell auch nur 225 Kampfpanzer.
FOCUS Online: Was machen Sie eigentlich, wenn jetzt auch andere Länder bei Ihnen anfragen. Wen beliefen Sie zuerst?
Papperger: Wir werden die Kapazitäten aufbauen und alle Partner gleichbehandeln.
FOCUS Online: Würden Sie auch die Ukraine beliefern? Gab es Anfragen?
Papperger: Ja, die Ukraine hat bereits angefragt. Der Antrag wird derzeit von der Bundesregierung geprüft. Ich kann in der derzeitigen Situation nur sagen: Wir wollen denen helfen.
FOCUS Online: Wenn die Nachfrage steigt, steigen normalerweise die Preise. Kommt uns die Aufrüstung über Nacht nun deutlich teurer als ein langfristig geplanter Aufbau?
Papperger: Wenn wir schneller produzieren sollen, kosten Geschwindigkeitszuschläge natürlich Geld. Ansonsten werden wir aber sehr faire Preise aufrufen. Wir betreiben ein langfristiges Geschäft. Wir planen in Jahrzehnten.