17.01.2022, 12:35
@Quintus:
Um mal etwas Klarheit in den Dschungel der Zahlen zu bringen. Aktuell verfügt die Luftwaffe über etwa 90 Tornados (nominell 93), davon 21 in der Version ECR. Diese sind verteilt auf die Standorte Büchel (Luft-Boden, NT) und Jagel (Aufklärung, SEAD, EloKa, Luft-Boden), plus die Versuchsflugzeuge der WTD61.
Es gibt mit dem GSLEP ein Nutzungsdauerverlängerungsprogramm für die Zellen, die den strukturellen Weiterbetrieb des Tornados über Jahrzehnte (!) sicherstellen könnte, das wird aktuell durchgeführt, ansonsten hätte die Ausmusterung der ersten Maschinen bereits beginnen müssen.
Daneben gibt es mit den ASSTAs Kampfwertsteigerungen (auch Waffenintegration) und Obsoleszenzbeseitigungen der Avionik, Sensorik, etc., mit denen der Tornado auch operativ einsatzfähig gehalten werden soll. Das Problem dabei ist allerdings, dass diese aufgrund finanzieller Einschränkungen in den vergangenen Jahren nicht in der nötigen Konsequenz umgesetzt und weiterentwickelt wurden. Der aktuelle Stand ist ASSTA 3.1, dieser soll einen Weiterbetrieb bis 2025 sichern, danach wird die Rate verfügbarer Maschinen aufgrund auftretender Obsoleszenzen sehr schnell stark absinken. ASSTA 4/4.1 sollte eigentlich schon vor etlichen Jahren definiert und ab 2022 umgesetzt sein. Zumindest ein Teil der Modifikationen wird auf jeden Fall kommen (Integration AARGM, IFF Mode 5, MIDS, usw.), ich bezweifel, dass das vollumfänglich umgesetzt wird. Damit wäre ein Weiterbetrieb bis 2030 möglich. Ursprünglich war auch noch ein ASSTA 5 bzw. ASSTA ff vorgesehen, dass den Tornado bis 2035 und gegebenenfalls darüber hinaus einsatzfähig gehalten hätte. Dieses Programm ist mit dem angesetzten Nutzungsdauerende 2030 nicht weiter verfolgt worden.
Die Festlegung des Nutzungsdauerendes auf 2030 erfolgte, nachdem die Entscheidung der Briten, den Tornado aufzugeben, absehbar war. Für jede zukünftige Maßnahme hätten sich die Stückkosten dramatisch erhöht, in einem Maße, dass eine Ersatzbeschaffung günstiger käme. Dummerweise hatte man dem Eurofighter die entsprechende Weiterentwicklung bis dahin immer verweigert, so dass dieser nicht als zeitnaher Ersatz zur Verfügung stand, anders als bei den Briten (wobei die natürlich ein anderes Anforderungsspektrum an die Maschine stellten). Diese ganze zögerliche Haltung bei der Befähigung des Eurofighters ist auf diese Ausgangssituation und das Versagen der Politik, damit umzugehen, zurück zu führen.
Die bisherige Ersatzbeschaffung sah 30 F/A-18F für die Rolle NT, 15 EA-18G für die Rolle EloKa und 40 Eurofighter mindestens Tranche 3B für die Rolle Jabo und Aufklärung vor. Zusätzlich wurden 15 weitere Eurofighter in einer möglichen ECR-Konfiguration zur Ergänzung der EA-18G in Aussicht gestellt. Meines Erachtens (aber das ist pure Spekulation) plante man Langfristig die Konzentration der Super Hornets und Growler auf einem Stützpunkt und in einem Geschwader, dass dann in enger Kooperation auch für IKM genutzt werden würde (also Luft-Boden und Aufklärung), während die neuen Eurofighter und die gegebenenfalls zu beschaffenden ECR-Eurofighter hätten kombiniert werden sollen. Zumindest hätte das logistisch und operationell meines Erachtens den meisten Sinn ergäben.
Da ich davon ausgehe, dass die 40 Eurofighter min. Tranche 3B als Tornado-Ersatz auch in der Aufklärerrolle sowieso beschafft werden (alles andere wäre sinnfrei), müsste man aus den aktuell etwa 90 Maschinen ein Fähigkeitserhalt bis 2030 ableiten. Klingt viel, aber nicht alle Maschinen sind gleichermaßen dafür geeignet, nicht alle durchlaufen das GSLEP, und die genannten 40 Eurofighter stehen auch nicht sofort zur Verfügung. Die weiteren darüber hinaus bestellten Maschinen auch nicht. Für den reinen Fähigkeitserhalt sollten meines Erachtens 12 bis 15 Flugzeuge je Rolle zur Verfügung stehen.
Es ist immer schwer, genaue Prognosen abzugeben, dafür müsste man einen genauen Zustandsbericht und die geplanten Modernisierungsmaßnahmen für die einzelnen Maschinen haben, bekannt sind aber nur allgemeine Sachstände. Das macht eine Bewertung schwierig. Ähnlich sieht es bei den Kosten aus, das sind alles nur öffentliche Schätzungen, die durchaus auch einer Agenda unterliegen.
Die Frage nach einem Ersatz durch Eurofighter ECR und Eurofighter NT wurde schon vor drei Jahren als ambitioniert bis unrealistisch abgetan, war das ein politisch-industrielles Spiel? Es reicht auf jeden Fall nicht einfach eine Modernisierung und Zertifizierung der Maschine, es müssen für ein neues Muster neue Verfahren entwickelt und diese dann auch entsprechend ausgebildet werden. Insofern geht es nicht darum, dass die Muster 2030 zur Verfügung stehen, damit der Fähigkeitserhalt erfolg hat, müssen die Muster 2030 operativ einsatzfähig sein, zumindest im Rahmen einer IOC, aber in nennenswerter Stückzahl.
Gegebenenfalls müsste man auch überlegen, ob nicht doch noch ein weiteres Update für den Tornado Sinn macht. Das wäre kurzfristig teurer, könnte aber langfristig (durch die Fokussierung auf den Eurofighter) auch Kostenvorteile mitbringen. Es bliebe das Risiko, dass die Leistungsfähigkeit des Eufi ECR nicht passt oder das Projekt aus der Bahn gerät.
Übrigens noch ein Wort zur F-35, weil die ja teilweise (lieben Gruß an GMP) als die Ideallösung angesehen wird. Eine einfache Beschaffung von der Stange ist da wenig zielführend, schlicht weil die F-35A nur per Boom betankt werden kann, und damit nicht kompatibel zu unseren A400M wäre. Grundsätzlich wäre eine Modifikation möglich, das wurde von Lockheed schon vor einem Jahrzehnt festgehalten, und die aktuellen Informationen rund um eine neue Modifikation (siehe F-35-Strang) könnten in diese Richtung gehen. Nur so nebenbei, weil das hier noch gar nicht angesprochen wurde.
Um mal etwas Klarheit in den Dschungel der Zahlen zu bringen. Aktuell verfügt die Luftwaffe über etwa 90 Tornados (nominell 93), davon 21 in der Version ECR. Diese sind verteilt auf die Standorte Büchel (Luft-Boden, NT) und Jagel (Aufklärung, SEAD, EloKa, Luft-Boden), plus die Versuchsflugzeuge der WTD61.
Es gibt mit dem GSLEP ein Nutzungsdauerverlängerungsprogramm für die Zellen, die den strukturellen Weiterbetrieb des Tornados über Jahrzehnte (!) sicherstellen könnte, das wird aktuell durchgeführt, ansonsten hätte die Ausmusterung der ersten Maschinen bereits beginnen müssen.
Daneben gibt es mit den ASSTAs Kampfwertsteigerungen (auch Waffenintegration) und Obsoleszenzbeseitigungen der Avionik, Sensorik, etc., mit denen der Tornado auch operativ einsatzfähig gehalten werden soll. Das Problem dabei ist allerdings, dass diese aufgrund finanzieller Einschränkungen in den vergangenen Jahren nicht in der nötigen Konsequenz umgesetzt und weiterentwickelt wurden. Der aktuelle Stand ist ASSTA 3.1, dieser soll einen Weiterbetrieb bis 2025 sichern, danach wird die Rate verfügbarer Maschinen aufgrund auftretender Obsoleszenzen sehr schnell stark absinken. ASSTA 4/4.1 sollte eigentlich schon vor etlichen Jahren definiert und ab 2022 umgesetzt sein. Zumindest ein Teil der Modifikationen wird auf jeden Fall kommen (Integration AARGM, IFF Mode 5, MIDS, usw.), ich bezweifel, dass das vollumfänglich umgesetzt wird. Damit wäre ein Weiterbetrieb bis 2030 möglich. Ursprünglich war auch noch ein ASSTA 5 bzw. ASSTA ff vorgesehen, dass den Tornado bis 2035 und gegebenenfalls darüber hinaus einsatzfähig gehalten hätte. Dieses Programm ist mit dem angesetzten Nutzungsdauerende 2030 nicht weiter verfolgt worden.
Die Festlegung des Nutzungsdauerendes auf 2030 erfolgte, nachdem die Entscheidung der Briten, den Tornado aufzugeben, absehbar war. Für jede zukünftige Maßnahme hätten sich die Stückkosten dramatisch erhöht, in einem Maße, dass eine Ersatzbeschaffung günstiger käme. Dummerweise hatte man dem Eurofighter die entsprechende Weiterentwicklung bis dahin immer verweigert, so dass dieser nicht als zeitnaher Ersatz zur Verfügung stand, anders als bei den Briten (wobei die natürlich ein anderes Anforderungsspektrum an die Maschine stellten). Diese ganze zögerliche Haltung bei der Befähigung des Eurofighters ist auf diese Ausgangssituation und das Versagen der Politik, damit umzugehen, zurück zu führen.
Die bisherige Ersatzbeschaffung sah 30 F/A-18F für die Rolle NT, 15 EA-18G für die Rolle EloKa und 40 Eurofighter mindestens Tranche 3B für die Rolle Jabo und Aufklärung vor. Zusätzlich wurden 15 weitere Eurofighter in einer möglichen ECR-Konfiguration zur Ergänzung der EA-18G in Aussicht gestellt. Meines Erachtens (aber das ist pure Spekulation) plante man Langfristig die Konzentration der Super Hornets und Growler auf einem Stützpunkt und in einem Geschwader, dass dann in enger Kooperation auch für IKM genutzt werden würde (also Luft-Boden und Aufklärung), während die neuen Eurofighter und die gegebenenfalls zu beschaffenden ECR-Eurofighter hätten kombiniert werden sollen. Zumindest hätte das logistisch und operationell meines Erachtens den meisten Sinn ergäben.
Da ich davon ausgehe, dass die 40 Eurofighter min. Tranche 3B als Tornado-Ersatz auch in der Aufklärerrolle sowieso beschafft werden (alles andere wäre sinnfrei), müsste man aus den aktuell etwa 90 Maschinen ein Fähigkeitserhalt bis 2030 ableiten. Klingt viel, aber nicht alle Maschinen sind gleichermaßen dafür geeignet, nicht alle durchlaufen das GSLEP, und die genannten 40 Eurofighter stehen auch nicht sofort zur Verfügung. Die weiteren darüber hinaus bestellten Maschinen auch nicht. Für den reinen Fähigkeitserhalt sollten meines Erachtens 12 bis 15 Flugzeuge je Rolle zur Verfügung stehen.
Es ist immer schwer, genaue Prognosen abzugeben, dafür müsste man einen genauen Zustandsbericht und die geplanten Modernisierungsmaßnahmen für die einzelnen Maschinen haben, bekannt sind aber nur allgemeine Sachstände. Das macht eine Bewertung schwierig. Ähnlich sieht es bei den Kosten aus, das sind alles nur öffentliche Schätzungen, die durchaus auch einer Agenda unterliegen.
Die Frage nach einem Ersatz durch Eurofighter ECR und Eurofighter NT wurde schon vor drei Jahren als ambitioniert bis unrealistisch abgetan, war das ein politisch-industrielles Spiel? Es reicht auf jeden Fall nicht einfach eine Modernisierung und Zertifizierung der Maschine, es müssen für ein neues Muster neue Verfahren entwickelt und diese dann auch entsprechend ausgebildet werden. Insofern geht es nicht darum, dass die Muster 2030 zur Verfügung stehen, damit der Fähigkeitserhalt erfolg hat, müssen die Muster 2030 operativ einsatzfähig sein, zumindest im Rahmen einer IOC, aber in nennenswerter Stückzahl.
Gegebenenfalls müsste man auch überlegen, ob nicht doch noch ein weiteres Update für den Tornado Sinn macht. Das wäre kurzfristig teurer, könnte aber langfristig (durch die Fokussierung auf den Eurofighter) auch Kostenvorteile mitbringen. Es bliebe das Risiko, dass die Leistungsfähigkeit des Eufi ECR nicht passt oder das Projekt aus der Bahn gerät.
Übrigens noch ein Wort zur F-35, weil die ja teilweise (lieben Gruß an GMP) als die Ideallösung angesehen wird. Eine einfache Beschaffung von der Stange ist da wenig zielführend, schlicht weil die F-35A nur per Boom betankt werden kann, und damit nicht kompatibel zu unseren A400M wäre. Grundsätzlich wäre eine Modifikation möglich, das wurde von Lockheed schon vor einem Jahrzehnt festgehalten, und die aktuellen Informationen rund um eine neue Modifikation (siehe F-35-Strang) könnten in diese Richtung gehen. Nur so nebenbei, weil das hier noch gar nicht angesprochen wurde.