06.12.2021, 10:48
Zunächst vielen Dank für die Verlegung in den dann wohl doch richtigen Strang
@ Quintus
Natürlich kann man die Mannstärkenbegrenzung umgehen. Ein furchtbar simpler Weg wäre z.B. zu argumentieren, dass die deutsche Vertragsversion buchstäblich von "Mannstärke" spricht und Frauen daher nicht mitzählen. Die von Dir erwähnten Rotations - und Reservemuster wären weitere Methoden. Allerdings sind diese Methoden allesamt mehr oder weniger aufwändig und vor allem: Auffällig. Selbst wenn die Bundesregierung hinter diesen Plänen stünde bräuchte es nur einen französischen, britischen oder polnischen Politiker, der innenpolitisch Punkte machen will und etwas von "verbotener deutscher Aufrüstung" faselt - und schon hätten wir den Salat. Also ja: Aufrüstung auf über 370.000 Mann ist machbar - aber bestenfalls kompliziert.
Was die Kriegsführung in Osteuropa angeht: Wenn wir das Baltikum zur Militärgrenze machen, dann können wir mit 370.000 Mann tatsächlich auskommen. Vermutlich würde sogar unsere jetzige Stärke ausreichen, solange die großen westeuropäischen Staaten jeweils grob ein Korps für die Grenze im Baltikum abstellen. Wenn wir jedoch versuchen müssen, das Baltikum von den Russen zurückzuerobern (also Stand jetzt), dann brauchen wir nach der alten Faustregel der mindestens dreifachen, besser sieben- bis zehnfachen Überlegenheit des Angreifers doch deutlich mehr.
Ich meinte damit, dass unsere Stärke im Bereich Landstreitkräfte bei diesen Systemen liegt. Ich bin auch keineswegs dagegen, hier industriepolitisch "nachzusteuern" wenn es notwendig ist. Es ist aber auch eine Frage der notwendigen Spezialisierung der Industrie. Die von Dir genannten Systeme lassen sich (mit Ausnahme der Raketen) vergleichsweise leicht herstellen. Beim Panzerbau braucht man von den Motoren über das Panzerungsmaterial bis hin zu den Wuchtgeschossen eine Spezialindustrie, die sich eben nicht so rasch aus dem Boden stampfen lässt. Bei (Kriegs-)Schiffen ist die Spezialisierung sogar noch schlimmer. Ich habe ja hier im Forum schon mal vorgeschlagen, zum raschen aufbau einer maritimen Reserve im großen Stil zivile Schiffe zu bewaffnen und in Dienst zu stellen - das funktioniert aber eben auch nur, wenn diese Schiffe dann auch verfügbar sind, was angesichts der so beliebten Ausflaggungen ja nicht eben garantiert ist. Vor diesem Hintergrund würde ich daher sagen: Ja, Spezialisierung birgt das Risiko, sich falsch zu spezialisieren - aber ohne Spezialisierung geht vieles halt gar nicht.
Zur Frage "Luft vs. See":
Zunächst ist das eine Frage der Zeit. Es dauert heutzutage offenbar jahrzehnte, einen entsprechenden neuen Flugzeugtyp zu entwickeln und zur Einsatzbereitschaft zu bringen. Selbst die Beschaffung lang erprobter Muster dauert Jahre (siehe die Anschaffung der C-130 durch die Luftwaffe). Wenn wir den Schwerpunkt auf "Luft" legen, würde ich daher vorschlagen, dass wir uns nicht auf die Flugzeuge selbst sondern auf die Munition konzentrieren - und gleichzeitig dafür sorgen, dass im Notfall alles, was fliegt, diese Munition auch verwendent kann.
Meine Abneigung gegen den Schwerpunkt "Luft" rührt daher, dass ich die Luftwaffe für extrem Erstschlaggefährdet halte: Sie konzentriert riesige Mengen hochspezialisierten Materials auf sehr wenige, schwer zu schützende Basen. Als Beispiel: Die A400M Transporter der Luftwaffe stehen dauerhaft im Freien. Da muss nicht mal ein Marschflugkörper kommen, da reicht ein "Schläfer" mit einem sMG und die Vögel sind hin. Natürlich kann man Fliegerhorste entsprechend härten, aber stand jetzt ist jede Korvette selbst im Hafen (vorrausgesetzt, sie ist aufmunitioniert) zu besserer Flugabwehr in der Lage als die meisten Fliegerhorste der Luftwaffe. Die Marine ist selbstverständlich auch gefährdet, allerdings ist es wesentlich leichter, ein Schiff in See gehen zu lassen, als ein Geschwader auf mehrere (zivile) Flughäfen zu verteilen - und ein Schiff führt genügend Material mit, um wenigstens für einige Zeit autark kämpfen zu können. Daher würde meine Forderung für die Marine auch lauten: Stahl ist billig, Luft ist umsonst! Baut große Schiffe mit großen Magazinen.
@ Quintus
Zitat: Solche vertragsgemäßen Beschränkungen lassen sich gerade zu lächerlich leicht umgehen. Gerade in Bezug auf Infanterie aber könnte man die Begrenzung besonders leicht aushebeln, mit entsprechender Rotation, Reserven, Verbänden welche offiziell nicht Armee sind usw. 370.000 Mann unsererseits wären zudem für einen Großkrieg in Osteuropa absolut ausreichend - und man könnte noch darüber hinaus entsprechend osteuropäische Staaten für zusätzliche Quantität befähigen - während man selbst mit 370.000 Mann dass dazu stellt was die Osteuropäischen Massenheere benötigen. Beispielsweise wäre es sehr leicht möglich die baltischen Staaten in eine waffenklirrende Militärgrenze umzurüsten. Und was diesen an Hochtechnologie dann noch dazu fehlt wird von uns gestellt und dann wäre die Zahl ausreichend.
Natürlich kann man die Mannstärkenbegrenzung umgehen. Ein furchtbar simpler Weg wäre z.B. zu argumentieren, dass die deutsche Vertragsversion buchstäblich von "Mannstärke" spricht und Frauen daher nicht mitzählen. Die von Dir erwähnten Rotations - und Reservemuster wären weitere Methoden. Allerdings sind diese Methoden allesamt mehr oder weniger aufwändig und vor allem: Auffällig. Selbst wenn die Bundesregierung hinter diesen Plänen stünde bräuchte es nur einen französischen, britischen oder polnischen Politiker, der innenpolitisch Punkte machen will und etwas von "verbotener deutscher Aufrüstung" faselt - und schon hätten wir den Salat. Also ja: Aufrüstung auf über 370.000 Mann ist machbar - aber bestenfalls kompliziert.
Was die Kriegsführung in Osteuropa angeht: Wenn wir das Baltikum zur Militärgrenze machen, dann können wir mit 370.000 Mann tatsächlich auskommen. Vermutlich würde sogar unsere jetzige Stärke ausreichen, solange die großen westeuropäischen Staaten jeweils grob ein Korps für die Grenze im Baltikum abstellen. Wenn wir jedoch versuchen müssen, das Baltikum von den Russen zurückzuerobern (also Stand jetzt), dann brauchen wir nach der alten Faustregel der mindestens dreifachen, besser sieben- bis zehnfachen Überlegenheit des Angreifers doch deutlich mehr.
Zitat: Wenn aber weder Artillerie noch Panzer die Zukunft sind, nützt dass uns wenig bis nichts. Industrielle Kapazität kann man ja darüber hinaus in jede Richtung lenken, beispielsweise Drohnen, einfache Wegwerfraketen und per Rakete verlegbare Streu-Minen in Massenproduktion herstellen, oder was auch immer dann notwendig ist um sich durchzusetzen. Beispielsweise auch Kriegsschiffe !
Man sollte sich also nicht fragen: was stellen wir gerade zur Zeit her, sondern was werden wir herstellen müssen weil es dann notwendig wird und/oder weil es dann der bestmögliche Ansatz ist !
Ich meinte damit, dass unsere Stärke im Bereich Landstreitkräfte bei diesen Systemen liegt. Ich bin auch keineswegs dagegen, hier industriepolitisch "nachzusteuern" wenn es notwendig ist. Es ist aber auch eine Frage der notwendigen Spezialisierung der Industrie. Die von Dir genannten Systeme lassen sich (mit Ausnahme der Raketen) vergleichsweise leicht herstellen. Beim Panzerbau braucht man von den Motoren über das Panzerungsmaterial bis hin zu den Wuchtgeschossen eine Spezialindustrie, die sich eben nicht so rasch aus dem Boden stampfen lässt. Bei (Kriegs-)Schiffen ist die Spezialisierung sogar noch schlimmer. Ich habe ja hier im Forum schon mal vorgeschlagen, zum raschen aufbau einer maritimen Reserve im großen Stil zivile Schiffe zu bewaffnen und in Dienst zu stellen - das funktioniert aber eben auch nur, wenn diese Schiffe dann auch verfügbar sind, was angesichts der so beliebten Ausflaggungen ja nicht eben garantiert ist. Vor diesem Hintergrund würde ich daher sagen: Ja, Spezialisierung birgt das Risiko, sich falsch zu spezialisieren - aber ohne Spezialisierung geht vieles halt gar nicht.
Zur Frage "Luft vs. See":
Zunächst ist das eine Frage der Zeit. Es dauert heutzutage offenbar jahrzehnte, einen entsprechenden neuen Flugzeugtyp zu entwickeln und zur Einsatzbereitschaft zu bringen. Selbst die Beschaffung lang erprobter Muster dauert Jahre (siehe die Anschaffung der C-130 durch die Luftwaffe). Wenn wir den Schwerpunkt auf "Luft" legen, würde ich daher vorschlagen, dass wir uns nicht auf die Flugzeuge selbst sondern auf die Munition konzentrieren - und gleichzeitig dafür sorgen, dass im Notfall alles, was fliegt, diese Munition auch verwendent kann.
Meine Abneigung gegen den Schwerpunkt "Luft" rührt daher, dass ich die Luftwaffe für extrem Erstschlaggefährdet halte: Sie konzentriert riesige Mengen hochspezialisierten Materials auf sehr wenige, schwer zu schützende Basen. Als Beispiel: Die A400M Transporter der Luftwaffe stehen dauerhaft im Freien. Da muss nicht mal ein Marschflugkörper kommen, da reicht ein "Schläfer" mit einem sMG und die Vögel sind hin. Natürlich kann man Fliegerhorste entsprechend härten, aber stand jetzt ist jede Korvette selbst im Hafen (vorrausgesetzt, sie ist aufmunitioniert) zu besserer Flugabwehr in der Lage als die meisten Fliegerhorste der Luftwaffe. Die Marine ist selbstverständlich auch gefährdet, allerdings ist es wesentlich leichter, ein Schiff in See gehen zu lassen, als ein Geschwader auf mehrere (zivile) Flughäfen zu verteilen - und ein Schiff führt genügend Material mit, um wenigstens für einige Zeit autark kämpfen zu können. Daher würde meine Forderung für die Marine auch lauten: Stahl ist billig, Luft ist umsonst! Baut große Schiffe mit großen Magazinen.