21.11.2021, 12:02
@Quintus:
Für mich ist deine Aufstellung halt nicht nachvollziehbar, bei einer realistischen Betrachtung sollte meiner Ansicht nach die Berücksichtigung des politischen und gesellschaftlichen Willens nicht bei der Finanzierung der Bundeswehr aufhören, was entsprechende Argumente bezüglich einer stärkeren Übernahme von Aufgaben und Verantwortung durch besser aufgestellte und auch im IKM einsetzbare Land- und Luftstreitkräfte ad absurdum führt. Es gibt schlicht keine technischen oder organisatorischen Gründe, die dem jetzt entgegen stehen.
Verwendet man nicht nur bei der Finanzierung, sondern auch dem tatsächlichen Einsatzwillen eine realistische Grundlage, so muss man anerkennen, dass die Marine bisher nicht nur der verlässlichste Partner für andere Streitkräfte war und ist, sondern auch häufiger als jede andere Teilstreitkraft eingesetzt wurde und dabei prozentual die größten Belastungen erfuhr. Und dass die in den letzten Jahren zunehmender aufgetretenen Einschränkungen im Gegensatz zu Luftwaffe und Heer tatsächlich auf technischen und organisatorischen Ursachen basierten, bspw. weil zu wenig Einheiten verfügbar waren.
Die Grundvoraussetzung deines Wunschkonzertes ist es letztlich, durch eine Erhöhung unserer Kampfkraft und der Bereitstellungen bestimmter Fähigkeiten andere Nationen zu entlasten, damit diese sich ihrerseits auf andere Fähigkeiten konzentrieren können. Und auch wenn ich diesen Gedanken selbst gerne mitgehe, er ist eben nicht realistisch. Und er wird durch deine Ausgestaltung des Wunschkonzerts meiner Ansicht nach sogar unrealistischer, weil eine der wichtigsten Stützen, nämlich die maritime Kooperation, wegfallen würde.
Um beispielsweise die von dir propagierte EU-Marine aufstellen zu können (was ich durchaus unterstütze) ist es meines Erachtens zwingend notwendig, dass wir unseren maritimen Verpflichtungen jetzt und mittelfristig nachkommen und so unter Beweis stellen, dass wir weiterhin und in zunehmenden Maße diese Verantwortung ernst nehmen. Es muss klar werden, dass solche Kooperationen für uns nicht recht und billig sind, um Mittel und Personal zu sparen, sondern wir sie als einen Ausbau von Leistungsvermögen und damit Kampfkraft verstehen, der gleichzeitig Mittel und Personal freisetzt, dass anderswo weiter Leistungsvermögen und Kampfkraft aufbauen kann. Eine solche EU-Marine wird, sofern sie überhaupt realisiert werden kann, im ersten Schritt aus einer Kombination nationaler Marinen bestehen müssen, die durch immer stärkere Verzahnung auch personell zusammenwachsen. Das setzt voraus, dass wir in diese Kooperation auch etwas einbringen, und uns nicht schon im Vorfeld darauf beschränken zu sagen, dass das nicht zu unseren Kernfähigkeiten gehört und wir daher keinen adäquaten (relativ zur wirtschaftlichen Stärke und Abhängigkeit vom Seehandel) Beitrag leisten wollen, sollten oder gar müssen.
Dem Ziel folgend, ein Wunschkonzert anhand von realistischen Möglichkeiten auszugestalten, müsste meiner Ansicht nach die Marine daher eine größere Rolle spielen als das aktuell in der Realität der Fall ist, und die restlichen Streitkräfte nicht mit dem Hintergedanken einer stärkeren Spezialisierung von Fähigkeiten und damit einer Entlastung von Bündnispartnern aufgestellt werden, sondern viel stärker einer internationalen Kooperation unterworfen sein. In diesem Sinne ist beispielsweise auch nicht die Aufgabe der nuklearen Teilhabe sinnvoll, sondern die Kooperation mit weiteren Partnern (eine entsprechende Zusammenarbeit mit Belgien und den Niederlanden habe ich in einem anderen Thema ja schon skizziert).
Und um den Aspekt auch noch kurz anzusprechen, natürlich haben die verschiedenen Szenarien unterschiedliche Wirkungen und Wahrscheinlichkeiten, ein konventioneller Krieg mit Russland wäre für uns definitiv einschneidender als etwa eine von dir genannte Blockade des Suez-Kanals, aber ist ersteres Szenario wahrscheinlicher? Oder überhaupt wahrscheinlich? Welche anderen Szenarien gibt es noch? Natürlich klingt es auf den ersten Blick absurd, wenn wir uns etwa um den pazifischen Raum Gedanken machen, um eine Auseinandersetzung mit China, aber schon die aktuelle Situation zeigt, wie vulnerabel unsere Gesellschaft geworden ist und welche Abhängigkeit von weltweiten Lieferketten besteht. Vielleicht wäre es das beste, die Bundeswehr weitgehend aufzulösen und das Geld lieber in den Wiederaufbau verloren gegangener industrieller Kompetenzen in Deutschland und Europa zu stecken, weil der gefährlichste Konflikt in Zukunft kein offener Krieg, sondern die Dominanz von Warenströmen ist?
Eine Diskussion darüber würde an dieser Stelle jetzt definitiv zu weit führen, mir ging es auch eher um den Punkt, dass es sehr schwer ist tatsächliche Entwicklungen vorher zu sehen, und eine zu starke Fokussierung auf ein Szenario daher für mich keinen Sinn ergibt. Diese Fokussierung auf Fähigkeiten sollte also nicht im Kontext von bestimmten Szenarien erfolgen, sondern zwingend dem Erhalt von Fähigkeiten im Bündnis, womit die Entlastung der Partner in den Vordergrund rückt. Und dafür braucht es meiner Ansicht nach, wie dargelegt, andere Ansätze.
Für mich ist deine Aufstellung halt nicht nachvollziehbar, bei einer realistischen Betrachtung sollte meiner Ansicht nach die Berücksichtigung des politischen und gesellschaftlichen Willens nicht bei der Finanzierung der Bundeswehr aufhören, was entsprechende Argumente bezüglich einer stärkeren Übernahme von Aufgaben und Verantwortung durch besser aufgestellte und auch im IKM einsetzbare Land- und Luftstreitkräfte ad absurdum führt. Es gibt schlicht keine technischen oder organisatorischen Gründe, die dem jetzt entgegen stehen.
Verwendet man nicht nur bei der Finanzierung, sondern auch dem tatsächlichen Einsatzwillen eine realistische Grundlage, so muss man anerkennen, dass die Marine bisher nicht nur der verlässlichste Partner für andere Streitkräfte war und ist, sondern auch häufiger als jede andere Teilstreitkraft eingesetzt wurde und dabei prozentual die größten Belastungen erfuhr. Und dass die in den letzten Jahren zunehmender aufgetretenen Einschränkungen im Gegensatz zu Luftwaffe und Heer tatsächlich auf technischen und organisatorischen Ursachen basierten, bspw. weil zu wenig Einheiten verfügbar waren.
Die Grundvoraussetzung deines Wunschkonzertes ist es letztlich, durch eine Erhöhung unserer Kampfkraft und der Bereitstellungen bestimmter Fähigkeiten andere Nationen zu entlasten, damit diese sich ihrerseits auf andere Fähigkeiten konzentrieren können. Und auch wenn ich diesen Gedanken selbst gerne mitgehe, er ist eben nicht realistisch. Und er wird durch deine Ausgestaltung des Wunschkonzerts meiner Ansicht nach sogar unrealistischer, weil eine der wichtigsten Stützen, nämlich die maritime Kooperation, wegfallen würde.
Um beispielsweise die von dir propagierte EU-Marine aufstellen zu können (was ich durchaus unterstütze) ist es meines Erachtens zwingend notwendig, dass wir unseren maritimen Verpflichtungen jetzt und mittelfristig nachkommen und so unter Beweis stellen, dass wir weiterhin und in zunehmenden Maße diese Verantwortung ernst nehmen. Es muss klar werden, dass solche Kooperationen für uns nicht recht und billig sind, um Mittel und Personal zu sparen, sondern wir sie als einen Ausbau von Leistungsvermögen und damit Kampfkraft verstehen, der gleichzeitig Mittel und Personal freisetzt, dass anderswo weiter Leistungsvermögen und Kampfkraft aufbauen kann. Eine solche EU-Marine wird, sofern sie überhaupt realisiert werden kann, im ersten Schritt aus einer Kombination nationaler Marinen bestehen müssen, die durch immer stärkere Verzahnung auch personell zusammenwachsen. Das setzt voraus, dass wir in diese Kooperation auch etwas einbringen, und uns nicht schon im Vorfeld darauf beschränken zu sagen, dass das nicht zu unseren Kernfähigkeiten gehört und wir daher keinen adäquaten (relativ zur wirtschaftlichen Stärke und Abhängigkeit vom Seehandel) Beitrag leisten wollen, sollten oder gar müssen.
Dem Ziel folgend, ein Wunschkonzert anhand von realistischen Möglichkeiten auszugestalten, müsste meiner Ansicht nach die Marine daher eine größere Rolle spielen als das aktuell in der Realität der Fall ist, und die restlichen Streitkräfte nicht mit dem Hintergedanken einer stärkeren Spezialisierung von Fähigkeiten und damit einer Entlastung von Bündnispartnern aufgestellt werden, sondern viel stärker einer internationalen Kooperation unterworfen sein. In diesem Sinne ist beispielsweise auch nicht die Aufgabe der nuklearen Teilhabe sinnvoll, sondern die Kooperation mit weiteren Partnern (eine entsprechende Zusammenarbeit mit Belgien und den Niederlanden habe ich in einem anderen Thema ja schon skizziert).
Und um den Aspekt auch noch kurz anzusprechen, natürlich haben die verschiedenen Szenarien unterschiedliche Wirkungen und Wahrscheinlichkeiten, ein konventioneller Krieg mit Russland wäre für uns definitiv einschneidender als etwa eine von dir genannte Blockade des Suez-Kanals, aber ist ersteres Szenario wahrscheinlicher? Oder überhaupt wahrscheinlich? Welche anderen Szenarien gibt es noch? Natürlich klingt es auf den ersten Blick absurd, wenn wir uns etwa um den pazifischen Raum Gedanken machen, um eine Auseinandersetzung mit China, aber schon die aktuelle Situation zeigt, wie vulnerabel unsere Gesellschaft geworden ist und welche Abhängigkeit von weltweiten Lieferketten besteht. Vielleicht wäre es das beste, die Bundeswehr weitgehend aufzulösen und das Geld lieber in den Wiederaufbau verloren gegangener industrieller Kompetenzen in Deutschland und Europa zu stecken, weil der gefährlichste Konflikt in Zukunft kein offener Krieg, sondern die Dominanz von Warenströmen ist?
Eine Diskussion darüber würde an dieser Stelle jetzt definitiv zu weit führen, mir ging es auch eher um den Punkt, dass es sehr schwer ist tatsächliche Entwicklungen vorher zu sehen, und eine zu starke Fokussierung auf ein Szenario daher für mich keinen Sinn ergibt. Diese Fokussierung auf Fähigkeiten sollte also nicht im Kontext von bestimmten Szenarien erfolgen, sondern zwingend dem Erhalt von Fähigkeiten im Bündnis, womit die Entlastung der Partner in den Vordergrund rückt. Und dafür braucht es meiner Ansicht nach, wie dargelegt, andere Ansätze.