27.10.2021, 08:41
Zitat:Schließlich sind die ersten RETEX dieses Konflikts zwar interessant, aber aufgrund der Art des Konflikts, des Standorts, der direkten und indirekten Akteure usw. natürlich sehr spezifisch. Sie sollten uns zum Nachdenken anregen, aber sie sollten uns nicht dazu verleiten, falsche (oder zu voreilige) Schlüsse für Schlachten zu ziehen, bei denen es um Großmächte und hohe Intensität geht.
Wie ich es schon im entsprechenden Berg-Karrabach Strang mehrfach geschrieben habe sind ist diese Drohnenkriegsführung keinerlei Revolution in der Kriegsführung, sondern schlicht und einfach nur eine evolutionäre Weiterentwicklung der Schlachtfliegerei. Selbst die Propagandaseite und die Seite der psychologischen Kriegsführung sind keineswegs neu - man betrachte in diesem Kontext mal den Einsatz der Ju-87, die von diesen Sturzkampfbombern eingesetzten Sirenen und die mediale Aufbereitung der Einsätze dieser Flugzeuge bereits zur damaligen Zeit.
Der einzige Unterschied ist, dass die Kosten für die Schlachtfliegerei durch die Drohnen so weit sinken, dass auch drittklassige Militärmächte sich dadurch nun heute eine entsprechende Schlachtfliegerei finanziell leisten können. Diese Kostenreduzierung bedeutet dass man eben nicht mehr uneingeschränkt alleine in der Luft tut was man will, sondern auch drittklassige Gegner nun vertikal umgehen und zuschlagen können.
Die vermeintliche Entwertung des Kampfpanzers ist daher eine Illusion - entsprechende Panzerverbände würden auch einer ganz normalen konventionellen Schlachtfliegerei ebenso zum Opfer fallen und hätten die genau gleichen Verluste. Wenn man die Lufthoheit verliert so wie es bei Armenien dann der Fall war, werden die eigenen Panzerstreitkräfte halt vom Feind aus der Luft dezimiert. Auch hier kein Unterschied selbst zum Zweiten Weltkrieg, wo es auch nicht anders war. Keineswegs also haben wir hier in diesem Krieg spezifische oder sonstwie neue Umstände gehabt.
Wie kann man nun darauf reagieren, dass selbst minderwertige Gegner nun über eine leistungsfähige Schlachtfliegerei verfügen?
Vorherrschend ist aktuell der Ruf nach Defensivsystemen, spezifisch nach Luftraumverteidigung und dem folgend dass man auch eigene Drohnen benötigt, welche die gleichen Fähigkeiten bieten so dass die Kosten der eigenen Schlachtfliegerei ebenfalls sinken, Dass ist bei der Bundeswehr noch mehr der Fall als in Frankreich, aber der vorliegende Artikel zeigt die gleiche Tendenz. Im Gegensatz zu Deutschland betont man aber anscheinend mehr das zweitgenannte:
Zitat:Auch wenn es in dem Artikel nicht deutlich erwähnt wird, so verweist die Vorstellung von "Flotten" von Robotern (ein Begriff, der auch Drohnen einschließt), die synchronisiert arbeiten und mit den anderen Sensoren auf dem Schlachtfeld koordiniert werden müssen, auf die Massifizierung.
An dieser Stelle möchte ich auch noch die aktuellen französischen Prototypen für Anti-Drohnen Drohnen, also Luftüberlegenheitsdrohnen erinnern. Je industriestärker ein Land ist, desto erfolgversprechender wird der Ansatz feindliche Drohnen durch Luftüberlegenheitsdrohnen jagen zu lassen. Die Verbindung zwischen Drohne und Operator mit Elektronischer Kriegsführung anzugreifen ist demgegenüber nachteilig, weil zum einen die Tendenz zu vollautonomen Drohnen geht (gerade hier ist die Türkei aktuell fast schon führend, nicht primär aufgrund der Technologie sondern aufgrund ihrer Skrupellosigkeit solche Systeme tatsächlich voran zu treiben und einzusetzen). Zum anderen weil die EloKa eine hochspezialisierte Ergänzung ist, während man eine Abwehr durch eigene Drohnenschwärme günstiger und in größerer Masse realisieren kann und diese auch für andere Zwecke eingesetzt werden können, also im Vergleich vielfältiger und flexibler sind.
Je stärker nun die Industriebasis eines Landes ist, desto eher könnte es den Krieg hier für sich entscheiden wenn entsprechende Drohnen in Massen produziert vollautonom in Schwärmen auf die Jagd gehen würden. Gerade Deutschland mit seiner größeren industriellen Kapazität könnte hier einen Sprung nach vorne machen, gerade weil wir in allen anderen konventionellen bisherigen und tradierten Systemen und Wegen derart abgehängt sind. Darin liegt nämlich zugleich eine Chance, einmal mehr einen Durchbruch nach vorne zu erzielen weil man von dem überkommenen nicht so behindert wird wie andere Mächte.
Natürlich ist das praktisch real gesehen in diesem Land nicht möglich, so wie es nunmal ist. Die Chance aber die anderen Mächte weitgehend abzuhängen wäre durchaus da. Das Zeitfenster ist aber nicht groß, es wird sich innerhalb kurzer Zeit schließen und dann kein entsprechender Vorteil mehr vorhanden sein. Wer sich dann dem Krieg der Zukunft weiter verweigert, der wird dann noch mehr als jetzt schon ins Hintertreffen geraten und militärisch untergehen.
Angesichts des Vorsprungs der Franzosen in diesem Kontext wäre es daher nur folgerichtig wenn (rein theoretisch) Deutschland mit seiner größeren industriellen Kapazität hier die Produktionsmittel bereit stellt um entsprechende französische Systeme gemeinsam in ausreichender Masse zu produzieren. Nur so wird die im Artikel genannte Massifizierung überhaupt möglich werden.