05.06.2021, 09:53
@Quintus, nur in Kürze, weil ich aktuell echt keine Zeit dafür habe (was weder an dir noch an der Diskussion liegt):
Dann solltest du dich mal genauso akribisch mit anderen Arbeitgebern beschäftigen und schauen, in wie die Entwicklung dort aussieht, denn was du beschreibst lässt sich in vielerlei Hinsicht auf andere Bereiche, insbesondere des öffentlichen Dienstes, übertragen. Gerade deine beiden Beispiele sind da doch bezeichnend, beide verdienen bei der Bundeswehr deutlich weniger als in der freien Wirtschaft, in denen es für beide eine beständige Nachfrage gibt. Zudem können sie dort freier und konzentrierter ihrem Beruf nachgehen, und haben auch eine Altersperspektive, die es bei der Bundeswehr zumindest im Bereich des fliegenden Personals kaum gibt. Ich kenne die klagen der Flieger und Seeleute auch, ich weiß auch, welche Probleme es gibt für bestimmte Posten passende Bewerber zu finden. Aber warum die Anpassung der Bundeswehr an die soziokulturelle Gesamtentwicklung einen größeren negativen als positiven Einfluss haben soll ist doch nicht damit erklärt, dass die Situation insgesamt schlecht ist oder immer schlechter wird. Es fehlt völlig der Nachweis eines kausalen Zusammenhangs.
Interessant ist es dabei übrigens nicht nur auf andere Arbeitgeber im Inland zu schauen, sondern auch auf die Situation anderer Streitkräfte, inklusive jenen, die sich in der Hinsicht deutlich anders positionieren als dies etwa bei der Bundeswehr der Fall ist.
Die Anforderungen haben aber quasi nichts mit dem Grundcharakter der Bundeswehr tun, sondern sind weitgehend unabhängig davon nur tätigkeitsbezogen. Um jene, die tatsächlich aus weltanschaulichen Gründen von einer Bewerbung abstand nehmen zu erreichen, müsste man die Bundeswehr so deutlich radikaler ausrichten, dass ihr die gesellschaftliche Unterstützung versagt werden würde. Dafür kann man natürlich auch wieder die soziokulturelle Grundströmung verantwortlich machen, aber was nutzt das?
Insofern ja, ich bin sehr deutlich für die Wiedereinführung der Wehrpflicht mit neuen Konditionen, weil das der einzige Weg ist, diesem Dilemma zu entkommen.
Die Entstehung einer pazifistischen Grundhaltung unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg war kein künstlich geschaffenes Konstrukt, sondern logische Folgeentwicklung einer durch maximale Zerstörung aufgeriebenen Gesellschaft. Natürlich wurde das von den Alliierten Anfangs nach Möglichkeit unterstützt, aber das war keineswegs ursächlich für die Motivation. Erst mit den Diskussionen um die Wiederbewaffnung kam es dann zu einer kontroversen Betrachtung, bei der dann aber die Bestrebungen auch sehr schnell die Grenzen dieser neuen Grundhaltung kennenlernten. In dieser Phase ging es natürlich auch immer um sozialistisches Gedankengut, aber nicht um kommunistisches, und dies ergab sich auch nicht aus der Situation des Kalten Krieges, sondern aus den natürlichen politischen Prozessen.
Was dann im Nachgang mit der 68er-Bewegung passierte baut nur auf diesen Aspekten auf, hier wurde dann natürlich gezielt auch Politik gemacht, insbesondere aus Studentenkreisen, die tatsächlich dem kommunistischen Einfluss unterlagen. Aber die 68er waren ja eben keinesfalls nur Studenten, oder nur junge Leute, im Gegenteil war das eine deutlich heterogenere Gruppe, deren politische Ausrichtung zwar sicherlich nicht als "rechts" bezeichnet werden konnte, die aber keinesfalls alle nur fremdgesteuert kommunistischen Agitatoren nachplapperten, sondern die der pazifistischen Grundhaltung der Nachkriegsjahre entsprangen.
Genau die gleiche Fehleinschätzung hinsichtlich der Charakterisierung dieser Gruppe, die du meines Erachtens hier zeigst, hat damals dazu geführt, dass von konservativer Seite die völlig falschen Schritte unternommen wurden und es zu keiner offenen Diskussion kam, die den generellen Linksruck hätte dauerhaft verhindern können. Dafür hätte man nicht mal zu stark auf die inhaltlichen Ansichten eingehen müssen. Vielmehr sorgten Ignoranz und fehlende Differenzierung von konservativer Seite dafür, dass sich diese Linksbewegung noch verstärkte und selbst konservative Parteien erreichte. Geradezu ironisch ist es in dem Zusammenhang übrigens, dass der gleiche Fehler (nun allerdings von der anderen Seite) aktuell wieder begangen wird.
Das politische Postengeschacher ist ein normaler Prozess, wenn der lang genug in eine soziokulturelle Richtung geht, dann verändert sich natürlich das Gesamtbild. Aber das erfolgt nicht losgelöst von den Stimmungen im Volk selbst, und die Veränderung der Medienlandschaft dokumentiert das auch. Es ist doch gerade interessant, dass Medienkonzerne wie etwa der Springer-Verlag von oben her deutlich konservativere Werte besitzt, die aber nicht aufgrund irgendeiner politischen Einflussnahme, sondern aufgrund von wirtschaftlichen Überlegungen nur bedingt in die Berichterstattung einfließen. Damit wird das Prinzip der Verordnung "von oben" ad absurdum geführt. Insbesondere mit den heutigen Möglichkeiten von Medien wird das Prinzip nochmals deutlich, trotzdem können sich entsprechende Ansichten, die ja vermeintlich im Volk vorhanden und nur unterdrückt sein sollen, nicht durchsetzen. Hier wird zur Vertuschung des eigenen Versagens ein Feindbild konstruiert, was vermeintlich übermächtig die Bevölkerung in willfährige Sklaven der Politik eines kleinen, elitären linken Zirkels verwandelt.
Ich persönlich finde es eher fatalistisch, sich auf Dinge zu konzentrieren, die kurzfristig nicht änderbar sind, weil man damit zwar die vermeintlichen Ursachen erkennt, sich aber in sein Schicksal ergibt. Grundsätzliche Hebel gibt es natürlich, die benötigen nur eine entsprechende politische Erkenntnis, und die will ich grundsätzlich nicht ausschließen. Denn die Probleme werden ja zunehmen, und ein nicht unerheblich Teil dieser Probleme ist unmittelbar mit außen- und sicherheitspolitischen Fragen verbunden.
Natürlich wurde das beauftragt, natürlich findet das in der Bundeswehr selbst von oben nach unten statt, ansonsten wäre das Meuterei oder Revolution und die Truppe sofort aufzulösen, wenn nun auf Einheitenebene bestimmt würde, welcher generelle Kurs eingeschlagen wird. Es ging allerdings nie darum, in welcher Richtung diese Entwicklung in der Bundeswehr stattfindet, sondern in welcher Richtung sie in der Gesellschaft stattfindet. Denn die ist letztlich für die Einsetzung der Politiker verantwortlich, und damit auch für den Kurs, den die Bundeswehr einschlägt.
Wenn die ideellen Werte aber nicht dem Zeitgeist entsprechend, wird die Diskrepanz zwischen der Bundeswehr selbst und ihrer gesellschaftlichen Berechtigung immer größer. Auch wenn ich völlig einverstanden damit bin, dass nicht jede Entwicklung in aller Tiefe mitgegangen werden muss, die grundsätzliche Abhängigkeit ist nicht auflösbar, und wenn sich daraus Probleme ergeben, dann muss man andere Lösungsansätze dafür finden.
(04.06.2021, 22:23)Quintus Fabius schrieb: Wie soll es Statistiken zu geeignetem Soldatenmaterial geben welches aufgrund dessen was die Bundeswehr geworden ist eben nicht zu dieser geht? Wer sich nicht bewirbt wird ja nicht erfasst. Es gibt jedoch durchaus Berichte über Piloten welche die Bundeswehr verlassen, Soldaten aus Eliteeinheiten welche die Bundeswehr verlassen obwohl sie Berufssoldaten hätten sein können und allgemein wird überall über eine nachlassende Qualität der Bewerber geklagt egal mit wem ich mich unterhalte. Das ist ein über Jahre bei mir gewachsenes empirisches Bild.
Dann solltest du dich mal genauso akribisch mit anderen Arbeitgebern beschäftigen und schauen, in wie die Entwicklung dort aussieht, denn was du beschreibst lässt sich in vielerlei Hinsicht auf andere Bereiche, insbesondere des öffentlichen Dienstes, übertragen. Gerade deine beiden Beispiele sind da doch bezeichnend, beide verdienen bei der Bundeswehr deutlich weniger als in der freien Wirtschaft, in denen es für beide eine beständige Nachfrage gibt. Zudem können sie dort freier und konzentrierter ihrem Beruf nachgehen, und haben auch eine Altersperspektive, die es bei der Bundeswehr zumindest im Bereich des fliegenden Personals kaum gibt. Ich kenne die klagen der Flieger und Seeleute auch, ich weiß auch, welche Probleme es gibt für bestimmte Posten passende Bewerber zu finden. Aber warum die Anpassung der Bundeswehr an die soziokulturelle Gesamtentwicklung einen größeren negativen als positiven Einfluss haben soll ist doch nicht damit erklärt, dass die Situation insgesamt schlecht ist oder immer schlechter wird. Es fehlt völlig der Nachweis eines kausalen Zusammenhangs.
Interessant ist es dabei übrigens nicht nur auf andere Arbeitgeber im Inland zu schauen, sondern auch auf die Situation anderer Streitkräfte, inklusive jenen, die sich in der Hinsicht deutlich anders positionieren als dies etwa bei der Bundeswehr der Fall ist.
Zitat:Genau so sucht die Polizei Personal usw. Das Problem sind hier die unterschiedlichen Anforderungen: die Bundeswehr hat in vielen Bereichen niedrigere Anforderungen und es kommt daher zu einer Schlechtesten-Auslese. Die besseren gehen entsprechend woanders hin, die Bundeswehr bekommt was bei deren Einstellungsverfahren scheitert.
Die Anforderungen haben aber quasi nichts mit dem Grundcharakter der Bundeswehr tun, sondern sind weitgehend unabhängig davon nur tätigkeitsbezogen. Um jene, die tatsächlich aus weltanschaulichen Gründen von einer Bewerbung abstand nehmen zu erreichen, müsste man die Bundeswehr so deutlich radikaler ausrichten, dass ihr die gesellschaftliche Unterstützung versagt werden würde. Dafür kann man natürlich auch wieder die soziokulturelle Grundströmung verantwortlich machen, aber was nutzt das?
Insofern ja, ich bin sehr deutlich für die Wiedereinführung der Wehrpflicht mit neuen Konditionen, weil das der einzige Weg ist, diesem Dilemma zu entkommen.
Zitat:Die Mehrheit folgt immer irgendeiner Avantgarde, völlig gleich in welche Richtung und völlig unabhängig davon was vorher war. Nach einer katastrophalen Niederlage kann ein Volk auch ganz andere Wege gehen. Der jetzige Weg ist einer, der künstlich so geschaffen wurde
Die Entstehung einer pazifistischen Grundhaltung unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg war kein künstlich geschaffenes Konstrukt, sondern logische Folgeentwicklung einer durch maximale Zerstörung aufgeriebenen Gesellschaft. Natürlich wurde das von den Alliierten Anfangs nach Möglichkeit unterstützt, aber das war keineswegs ursächlich für die Motivation. Erst mit den Diskussionen um die Wiederbewaffnung kam es dann zu einer kontroversen Betrachtung, bei der dann aber die Bestrebungen auch sehr schnell die Grenzen dieser neuen Grundhaltung kennenlernten. In dieser Phase ging es natürlich auch immer um sozialistisches Gedankengut, aber nicht um kommunistisches, und dies ergab sich auch nicht aus der Situation des Kalten Krieges, sondern aus den natürlichen politischen Prozessen.
Was dann im Nachgang mit der 68er-Bewegung passierte baut nur auf diesen Aspekten auf, hier wurde dann natürlich gezielt auch Politik gemacht, insbesondere aus Studentenkreisen, die tatsächlich dem kommunistischen Einfluss unterlagen. Aber die 68er waren ja eben keinesfalls nur Studenten, oder nur junge Leute, im Gegenteil war das eine deutlich heterogenere Gruppe, deren politische Ausrichtung zwar sicherlich nicht als "rechts" bezeichnet werden konnte, die aber keinesfalls alle nur fremdgesteuert kommunistischen Agitatoren nachplapperten, sondern die der pazifistischen Grundhaltung der Nachkriegsjahre entsprangen.
Genau die gleiche Fehleinschätzung hinsichtlich der Charakterisierung dieser Gruppe, die du meines Erachtens hier zeigst, hat damals dazu geführt, dass von konservativer Seite die völlig falschen Schritte unternommen wurden und es zu keiner offenen Diskussion kam, die den generellen Linksruck hätte dauerhaft verhindern können. Dafür hätte man nicht mal zu stark auf die inhaltlichen Ansichten eingehen müssen. Vielmehr sorgten Ignoranz und fehlende Differenzierung von konservativer Seite dafür, dass sich diese Linksbewegung noch verstärkte und selbst konservative Parteien erreichte. Geradezu ironisch ist es in dem Zusammenhang übrigens, dass der gleiche Fehler (nun allerdings von der anderen Seite) aktuell wieder begangen wird.
Zitat:Man betrachte wie und wo und an welchen Stellen genau Positionen an was für Personen vergeben wurden. Über Jahre hinweg. Nehmen wir mal die Medien, und den Fakt, dass Journalisten heute in der absoluten Mehrheit politische linke Positionen vertreten. Dies geht nur, weil die von der Politik bestellten und beeinflussten Vertreter der Medien entsprechend Einfluss darauf nahmen welcher Journalist erfolgreich ist und welcher nicht.
Das politische Postengeschacher ist ein normaler Prozess, wenn der lang genug in eine soziokulturelle Richtung geht, dann verändert sich natürlich das Gesamtbild. Aber das erfolgt nicht losgelöst von den Stimmungen im Volk selbst, und die Veränderung der Medienlandschaft dokumentiert das auch. Es ist doch gerade interessant, dass Medienkonzerne wie etwa der Springer-Verlag von oben her deutlich konservativere Werte besitzt, die aber nicht aufgrund irgendeiner politischen Einflussnahme, sondern aufgrund von wirtschaftlichen Überlegungen nur bedingt in die Berichterstattung einfließen. Damit wird das Prinzip der Verordnung "von oben" ad absurdum geführt. Insbesondere mit den heutigen Möglichkeiten von Medien wird das Prinzip nochmals deutlich, trotzdem können sich entsprechende Ansichten, die ja vermeintlich im Volk vorhanden und nur unterdrückt sein sollen, nicht durchsetzen. Hier wird zur Vertuschung des eigenen Versagens ein Feindbild konstruiert, was vermeintlich übermächtig die Bevölkerung in willfährige Sklaven der Politik eines kleinen, elitären linken Zirkels verwandelt.
Zitat:Unter einer solchen Betrachtung ist aber de facto fast jede Diskussion um jede militärische Themen völlig sinnlos, weil es anscheinend zur Zeit nirgends realitische Hebel für irgend etwas gibt. Mir kommt diese Aussage recht fatalistisch vor und irgendwo muss man ja mal anfangen.
Ich persönlich finde es eher fatalistisch, sich auf Dinge zu konzentrieren, die kurzfristig nicht änderbar sind, weil man damit zwar die vermeintlichen Ursachen erkennt, sich aber in sein Schicksal ergibt. Grundsätzliche Hebel gibt es natürlich, die benötigen nur eine entsprechende politische Erkenntnis, und die will ich grundsätzlich nicht ausschließen. Denn die Probleme werden ja zunehmen, und ein nicht unerheblich Teil dieser Probleme ist unmittelbar mit außen- und sicherheitspolitischen Fragen verbunden.
Zitat:Dieser eine Satz genügt schon. Mehr muss man dazu eigentlich nicht an Quellen und Nachweisen anführen. Es wurde beauftragt. Als ob irgendein Kompanieführer oder Zugführer von selbst damit angefangen hätte sich darum zu kümmern dass die Vorrechte von Minderheiten zum Kernthema werden, irgendwelche Perversionen hochgejubelt werden und man darauf achtet dass alles Halal ist.
Natürlich wurde das beauftragt, natürlich findet das in der Bundeswehr selbst von oben nach unten statt, ansonsten wäre das Meuterei oder Revolution und die Truppe sofort aufzulösen, wenn nun auf Einheitenebene bestimmt würde, welcher generelle Kurs eingeschlagen wird. Es ging allerdings nie darum, in welcher Richtung diese Entwicklung in der Bundeswehr stattfindet, sondern in welcher Richtung sie in der Gesellschaft stattfindet. Denn die ist letztlich für die Einsetzung der Politiker verantwortlich, und damit auch für den Kurs, den die Bundeswehr einschlägt.
Zitat:Und nein, wir brauchen eben keine schwächlichen verzogenen Egomanen nur weil man aufgrund bürokratischer Unfähigkeit das Besoldungsrecht nicht ändern kann und sich sonst keiner bewirbt und nein, wir brauchen keine Anbiederung an den Zeitgeist, sondern das genaue Gegenteil davon, wollen wir über wirtschaftliche Motive hinaus auch noch ideelle Werte als Motivation bieten.
Wenn die ideellen Werte aber nicht dem Zeitgeist entsprechend, wird die Diskrepanz zwischen der Bundeswehr selbst und ihrer gesellschaftlichen Berechtigung immer größer. Auch wenn ich völlig einverstanden damit bin, dass nicht jede Entwicklung in aller Tiefe mitgegangen werden muss, die grundsätzliche Abhängigkeit ist nicht auflösbar, und wenn sich daraus Probleme ergeben, dann muss man andere Lösungsansätze dafür finden.