03.06.2021, 13:30
(02.06.2021, 23:12)Quintus Fabius schrieb: Redhead:
Die Bundeswehr hat meiner Meinung nach keinen kohärenten Plan, keine tatsächliche Idee wie sie ihre militärische Schlagkraft maximieren könnte und mit welcher Zielsetzung diese zu maximieren wäre, sie ist eine Gucci Armee die zwar weiß was sie will, aber nicht weiß dass das was sie will Unsinn ist. Vereinfacht gesagt kann sie gar nicht wissen was sie benötigt, weil sie gar nicht weiß wofür sie es benötigt.
Der Auftrag ist doch eigentlich recht klar: Landesverteidigung. Unabhängig von den tatsächlichen politischen Gefahren ist ebenfalls klar, dass als potenzieller Gegner Russland angesehen wird. Die Fähigkeiten und Grenzen der russischen Armee mögen vielleicht nicht im allerletzten Detail kalkulierbar sein, aber es dürfte ein recht brauchbares Wissen darüber in der NATO geben.
Daraus sollte sich ableiten lassen, welche Ausrüstung (Personalstärke ist wieder ein anderes Thema) benötigt wird, um solch einen schlagkräftigen Gegner aufzuhalten, oder zumindest so abzunutzen, dass kaum noch brauchbare russische Verbände bis zum Rhein kommen.
Die Bundeswehr darf also nicht mit dem angenehmsten Szenario rechnen (die russischen Stoßkeile bleiben schon zum Großteil in der Ukraine liegen; den Rest erledigen US-Truppen zusammen mit Polen weit vor der Weichsel), sondern mit einem Worst-Case-Szenario: Was können wir tun, wenn die Russen an der Oder stehen oder schon erste Brückenköpfe auf deutschen Boden gebildet haben? Wenn man entscheidet, dass man sie ohnehin nicht aufhalten kann/will, ist das was wir haben, mehr als genug.
Wenn man einen Angriff abwehren will, muss man bereit sein, dafür vielleicht neue Wege zu gehen. Das ist es, was mich am meisten stört: Ich sehe keine "Querdenker", die innovative Ansätze prüfen. Neue Taktiken, andere Ausrüstung und Bewaffnung. Was Nationen tun, die auf jeden Fall gewinnen wollen, sieht man bei den Israelis. Nur als Beispiel: Die Sa’ar-6-Klasse ist geradezu grotesk stark bewaffnet. Bei den deutschen Korvetten sieht das vergleichsweise bescheiden aus.
Die Bundeswehr scheint mir bei neuen Entwicklungen etwas planlos hinterher zu stolpern. Die Truppe erhält entweder Goldrandlösungen in homöopathischen Dosen, oder wird auf die ferne Zukunft vertröstet und muss weiterhin Systeme betreiben, die schon 50 Jahre alt sind. Wo sind neue Ideen und Lösungen, die nicht schon von anderen Streitkräften vorgedacht wurden? Wenn man schon eine sehr begrenzte Anzahl von Verbänden hat, wie stattet man sie mit überlegener Feuerkraft aus? Wie könnte man taktische Überlegenheit erlangen?
Die Überlegungen wie Landesverteidigung funktionieren könnte, dürften für Zorn & Co. kein Neuland darstellen. Dass das Thema so unambitioniert verfolgt wird (drei funktionierende Divisionen bis 2032), kann doch nur daran liegen, dass die Politik (nicht nur wegen der Kosten) bremst, oder die Auswahl der obersten Generäle anderen Kriterien folgt, als der Truppe gut tut.