17.05.2021, 07:32
Eine der für mich interessantesten Erkenntnisse des Vietnamkrieges ist , wie sich lokale Milizen in der Partisanenbekämpfung dort geschlagen haben, sowohl in der Frage der Effektivität wie der Effizienz. In Vietnam kam da noch dazu, dass es sich im Endeffekt um einen hybriden Krieg handelte und solche lokalen Milizen auch gegen reguläre konventionelle nord-vietnamesische Einheiten kämpfen mussten.
Die hybride Natur des Vietnamkrieges wird ohnehin allgemein unterschätzt und viele Probleme welche die USA und ihre Verbündeten hatten resultieren daraus: Verbände welche von ihrer Doktrin, Struktur, Ausrüstung und Taktik gegen die Partisanen effektiv waren scheiterten an den konventionellen feindlichen Einheiten und umgekehrt. Es gelang nur selten Verbände aufzustellen, welche in allen Formen der Kriegsführung leistungsfähig waren.
Bei den de facto Milizen handelte es sich im Vietnamkrieg vor allem um die sogenannten Regional Forces (RF) und die Popular Forces (PF). Beide waren schlecht ausgebildet, schlecht ausgerüstet (Anfangs teilweise mit 1WK Repetiergewehren) und sie waren zahlenmässig dem Feind fast immer unterlegen, dies auch durch ihre große Dislozierung, die Abgelegenheit ihrer Einsatzgebiete, mangelnde Kommunikationsmöglichkeiten mit anderen Verbänden und den Umstand dass sie in den Augen der Südvietnamesischen Armee wie der USA minderwertige Hilfseinheiten waren für die man nur ungern größere Mengen an Unterstützung organisierte. Dazu trat noch ein allgemeines Misstrauen, man befürchtete über diese Einheiten dem Feind Kämpfer und Kriegsmaterial zuzuführen und gab daher beispielsweise so gut wie keine Unterstützungswaffen und beschränkte die Ausbildung auf rein defensive Inhalte und selbst diese nur begrenzt.
Die RF und PF Einheiten machten dennoch nach kurzer Zeit ungefähr 40% der Streitkräfte Südvietnams aus, erlitten aber über 60% der Gesamtverluste. Sie tauschten zudem in einem Verhältnis von ungefähr 2 : 1 mit dem Vietcong ab, verloren also für jeden getöteten Vietcong 2 Mann aus den eigenen Reihen. Diese Zahlen waren von Anfang an so und wurden im Endeffekt nicht besser und waren ebenfalls ein Grund warum die USA diesen Verbänden keine Achtung schenkten.
Erst nach dem Krieg begann man die Sache ganzheitlicher zu untersuchen. Man stellte dann fest, dass die RF und PF Einheiten immerhin für 20% der Verluste des Vietcong verantwortlich waren. Auch dies wurde zunächst als ein negativer Wert verstanden, also als Beleg für die mangelnde Effektivität dieser Einheiten.
Der wirkliche interessante Aspekt aber kommt jetzt: nämlich wenn man sich die Kosten ansieht. Die RF und PF Verbände verbrauchten nur ungefähr 2% der Gesamtkosten des Krieges. Und Anfangs sogar weniger, die Kosten stiegen dann erst auf diesen Wert als sie nach der Tet-Offensive dann doch alle mit M16, M60 und leichten Mörsern ausgerüstet wurden.
Und dass ist das Verhältnis was mich so erstaunt hat: dass man für 2% der Kosten 20% der Verluste beim Feind erzeugen konnte. Ungeachtet aller Überläufer und Infiltratoren, ungeachtet aller Schwäche dieser Einheiten, wenn man es von einer rein kriegswirtschaftlichen Seite sieht waren diese Einheiten die besten des Vietnamkrieges. Da aber der Partisanenkrieg gerade eben ein Ausdauer-Wettbewerb ist, muss die zwingende Schlussfolgerung daraus sein, dass man in jedem Partisanenkrieg möglichst früh möglichst viele solcher Milizen aufstellen sollte und diese dann auch besser ausrüsten müsste. Tatsächlich erfolgt so etwas auch heute nicht und es wurde auch in Afghanistan verfehlt. Wenn man hingegen erst später anfängt diese Einheiten aufzustellen und auszurüsten, dann ist der Einfluss des Feindes in diesen Einheiten bereits oft zu groß, und man kriegt insgesamt die Sache nicht mehr hin.
Analog zu den Erfahrungen der Syrer im aktuellen Bürgerkrieg schlagen sich solche Einheiten zudem oft erstaunlich gut im konventionellen Bereich, so war dies auch in Vietnam bei der Tet-Offensive der Fall. Gerade weil die VC und NVA Einheiten während der Tet-Offensive so viele Massaker und Hinrichtungen durchführten versteifte sich der Widerstand der RF und PF Einheiten so weit, dass diese den Feind oft selbst dort aufhielten, wo konventionelle südvietnamesische Einheiten flohen.
Hätten die RF und PF Verbände entsprechend im gleichen Ausmaß Luftnah- und Artillerieunterstützung gehabt, wären sie früher mit modernen Schützenwaffen ausgerüstet worden, wären sie besser ausgebildet worden (durch die Ausbildung hätte man auch steuern können, dass sie keine offensiven Fähigkeiten erhalten, bzw. sie nur in Bezug auf die Verteidigung ihrer lokalen Gemeinschaften hin ausgerichtet sind) und hätte man ihnen vor allem entsprechende Kommunikationsmöglichkeiten gegeben, zudem die MIKE Force Einheiten mehr zu ihrer Unterstützung eingesetzt statt sie für andere Aufgaben einzusetzen, hätte dies meiner Einschätzung nach eine kriegsentscheidende Wirkung haben können.
Entsprechend kann man diese Lehren auch auf die Jetzt-Zeit übertragen und man könnte sie beispielsweise in der Sahel-Zone anwenden.
Die hybride Natur des Vietnamkrieges wird ohnehin allgemein unterschätzt und viele Probleme welche die USA und ihre Verbündeten hatten resultieren daraus: Verbände welche von ihrer Doktrin, Struktur, Ausrüstung und Taktik gegen die Partisanen effektiv waren scheiterten an den konventionellen feindlichen Einheiten und umgekehrt. Es gelang nur selten Verbände aufzustellen, welche in allen Formen der Kriegsführung leistungsfähig waren.
Bei den de facto Milizen handelte es sich im Vietnamkrieg vor allem um die sogenannten Regional Forces (RF) und die Popular Forces (PF). Beide waren schlecht ausgebildet, schlecht ausgerüstet (Anfangs teilweise mit 1WK Repetiergewehren) und sie waren zahlenmässig dem Feind fast immer unterlegen, dies auch durch ihre große Dislozierung, die Abgelegenheit ihrer Einsatzgebiete, mangelnde Kommunikationsmöglichkeiten mit anderen Verbänden und den Umstand dass sie in den Augen der Südvietnamesischen Armee wie der USA minderwertige Hilfseinheiten waren für die man nur ungern größere Mengen an Unterstützung organisierte. Dazu trat noch ein allgemeines Misstrauen, man befürchtete über diese Einheiten dem Feind Kämpfer und Kriegsmaterial zuzuführen und gab daher beispielsweise so gut wie keine Unterstützungswaffen und beschränkte die Ausbildung auf rein defensive Inhalte und selbst diese nur begrenzt.
Die RF und PF Einheiten machten dennoch nach kurzer Zeit ungefähr 40% der Streitkräfte Südvietnams aus, erlitten aber über 60% der Gesamtverluste. Sie tauschten zudem in einem Verhältnis von ungefähr 2 : 1 mit dem Vietcong ab, verloren also für jeden getöteten Vietcong 2 Mann aus den eigenen Reihen. Diese Zahlen waren von Anfang an so und wurden im Endeffekt nicht besser und waren ebenfalls ein Grund warum die USA diesen Verbänden keine Achtung schenkten.
Erst nach dem Krieg begann man die Sache ganzheitlicher zu untersuchen. Man stellte dann fest, dass die RF und PF Einheiten immerhin für 20% der Verluste des Vietcong verantwortlich waren. Auch dies wurde zunächst als ein negativer Wert verstanden, also als Beleg für die mangelnde Effektivität dieser Einheiten.
Der wirkliche interessante Aspekt aber kommt jetzt: nämlich wenn man sich die Kosten ansieht. Die RF und PF Verbände verbrauchten nur ungefähr 2% der Gesamtkosten des Krieges. Und Anfangs sogar weniger, die Kosten stiegen dann erst auf diesen Wert als sie nach der Tet-Offensive dann doch alle mit M16, M60 und leichten Mörsern ausgerüstet wurden.
Und dass ist das Verhältnis was mich so erstaunt hat: dass man für 2% der Kosten 20% der Verluste beim Feind erzeugen konnte. Ungeachtet aller Überläufer und Infiltratoren, ungeachtet aller Schwäche dieser Einheiten, wenn man es von einer rein kriegswirtschaftlichen Seite sieht waren diese Einheiten die besten des Vietnamkrieges. Da aber der Partisanenkrieg gerade eben ein Ausdauer-Wettbewerb ist, muss die zwingende Schlussfolgerung daraus sein, dass man in jedem Partisanenkrieg möglichst früh möglichst viele solcher Milizen aufstellen sollte und diese dann auch besser ausrüsten müsste. Tatsächlich erfolgt so etwas auch heute nicht und es wurde auch in Afghanistan verfehlt. Wenn man hingegen erst später anfängt diese Einheiten aufzustellen und auszurüsten, dann ist der Einfluss des Feindes in diesen Einheiten bereits oft zu groß, und man kriegt insgesamt die Sache nicht mehr hin.
Analog zu den Erfahrungen der Syrer im aktuellen Bürgerkrieg schlagen sich solche Einheiten zudem oft erstaunlich gut im konventionellen Bereich, so war dies auch in Vietnam bei der Tet-Offensive der Fall. Gerade weil die VC und NVA Einheiten während der Tet-Offensive so viele Massaker und Hinrichtungen durchführten versteifte sich der Widerstand der RF und PF Einheiten so weit, dass diese den Feind oft selbst dort aufhielten, wo konventionelle südvietnamesische Einheiten flohen.
Hätten die RF und PF Verbände entsprechend im gleichen Ausmaß Luftnah- und Artillerieunterstützung gehabt, wären sie früher mit modernen Schützenwaffen ausgerüstet worden, wären sie besser ausgebildet worden (durch die Ausbildung hätte man auch steuern können, dass sie keine offensiven Fähigkeiten erhalten, bzw. sie nur in Bezug auf die Verteidigung ihrer lokalen Gemeinschaften hin ausgerichtet sind) und hätte man ihnen vor allem entsprechende Kommunikationsmöglichkeiten gegeben, zudem die MIKE Force Einheiten mehr zu ihrer Unterstützung eingesetzt statt sie für andere Aufgaben einzusetzen, hätte dies meiner Einschätzung nach eine kriegsentscheidende Wirkung haben können.
Entsprechend kann man diese Lehren auch auf die Jetzt-Zeit übertragen und man könnte sie beispielsweise in der Sahel-Zone anwenden.