Theorie einer Territorialmiliz
#16
In Österreich sind wir natürlich samt und sonders Apologeten der Spannocchi-Doktrin. Diese Doktrin bietet und verlangt Interpretationen und Improvisationen, die sich ableiten aus:

• den Prinzipien
• den vorausgehenden Einschätzungen
• den Anforderungen der Umstände und des gegebenen Augenblicks

Adressat einer Doktrin ist die Truppe, die Mannschaft, der Mann. Und in Österreich verschiebt sich der taktische Wert von Verbänden auf das "dynamische Molekül".

Jeder Unteroffizier der kämpfenden Truppe ist ausgebildet und hoffentlich befähigt Personal zu organisieren, zusammenzuhalten und anzuführen - unter Bedingungen ... siehe Spannocchi-Doktrin. Was fehlt, ist aus dem Nichts heraus zu beschaffen. Aus dem Nichts heraus ist anzugreifen. Und aus dem Nichts heraus sollen Möglichkeiten entstehen.

Das Miliz-System ist hierbei sakrosankt. Die Schweizer sind entschieden konsequenter milizioniert. Ja, selbst das Fürstentum Monaco könnte uns ein Vorbild sein, denn wer dort bei der Feuerwehr ist, ist bei den Streitkräften.

Eine Miliz-Lastigkeit hat ihre eigenen Bedingungen, etwa geringer notwendiger Übungsaufwand. Von daher haben Waffen, Waffensysteme und überhaupt jede Art von Beschaffung einer breiten Masse angemessen zu sein. Der kritische Punkt ist nicht die Möglichkeit eines Systems (Potentialität), sondern die tatsächliche breite Anwendbarkeit (Limitierung). Die Einschränkung liegt in der machbaren Ausbildung der Breite.

Aus der gesamten Breite diffundiert das dynamische Molekül heraus. Der Zug —> die Gruppe —> der Trupp.

Träger des Kampfes ist der Zug. Alles in der kämpfenden Truppe, das direkten Feindkontakt hat, fällt in diesen Lupenkreis. Gefechte werden durch Züge gewonnen. Zu diesem endgültigen Resümee kommen die Israelis, die Finnen, die Schweizer, die Österreicher. Das dynamische Molekül hat demnach eine elastische Form, die von Truppgröße bis zu Zuggröße reicht.

Struktur und Bewaffnung stehen in einer wechselseitigen Abhängigkeit zueinander. Und wegen dieser wechselseitigen Abhängigkeit habe ich die richtungsgebenden Betrachtungswinkel hinsichtlich Struktur vorangestellt.

Das lässt nun schon die ersten robusten Aussagen zu:
¹ Das elastische Molekül sollte Waffenautark sein.
² Die Unterstützungswaffen sind auf Kompanieebene zu massieren.
³ In Logistik ist erst ab Battalionsebene zu investieren.

In näherer Ausführung:

¹ Ein Zug hat mit einer Waffenausstattung zu kämpfen, die ihn - auf sich gestellt - zu allen Kampfarten befähigt. Dies gestattet kein Munitionspotpourri.
² Unterstützungswaffen sind keine Sättigungsbeilage im Waffenarsenal, deshalb sollen diese in massierter Form das Bedrohungs und Vernichtungspotenzial auf XL Niveau halten.
³ Trupp, Gruppe, Zug und darüber hinaus noch die Kompanie sind die puristischsten Kampforganisationen. Erst ab Bataillon aufwärts sind die Randbedingungen zu erfüllen (Versorgung, Nachschub, Instandsetzung etc.).

Gute Leute und gute Ausbildung vorausgesetzt, könnte man zu deren individueller Bewaffnung die MAS 49/56 austeilen und sie wären definitiv nicht unterbewaffnet. Gute Leute und gute Ausbildung liegen zwischen Realität und Ideal jedoch näher bei zweiterem. Das heißt, wenn wir dieselbe Kampfkraft erreichen wollen mit nicht ganz so guten Leuten und nicht ganz so guter Ausbildung, dann ist der technische Einsatz zu erhöhen. Von den Sturmgewehren halte ich von der AK in jeder beliebigen Machart ebensoviel wie von unserem formidablen StG 77 oder was auch immer irgendein Rekrut auf dieser Welt gerade in die Hand gedrückt bekommt. Die wirklich guten sind gar nicht so viel besser als die wirklich schlechten. Ich halte sie weitgehend für austauschbar.

Maschinenpistolen sind Pistolen und damit Priorität Nummer 527.

Maschinengewehre scheinen spirituellen Charakter gewonnen zu haben. Selten, daß mit bodenständigen Argumenten ein Für und Wider abgewogen wird. Nach meinem Dafürhalten ist ein Maschinengewehr für das Gefecht wichtiger als ein Sturmgewehr. Maschinengewehre haben aber einen immensen Munitionsverbrauch, verglichen mit Sturmgewehren. Und es ist der Munitionsverbrauch, der das Maschinengewehr zeitlich limitiert. Das ist vergleichbar mit einem Kampfpanzer mit Minitank: so stark er ist, er macht's nicht lang. Das Maschinengewehr sollte um jene Patrone gebaut sein, die es am längsten am Gefecht teilnehmen lässt. Ich sehe das im Bereich der 6mm Familie.

Waffengewicht frißt Munitionsausstattung. Je größer das Kaliber (und größer ist ja nicht dasselbe wie stärker), desto höher zwangsläufig das Waffengewicht. Und das bedeutet im Ergebnis zweimal Punkteabzug für die Munitionsausstattung: Einmal wegen des höheren Waffengewichtes, um dieses kann man weniger Munition mitführen. Zum zweiten wegen des hohen Eigengewichts größerer Kaliber, wiederum verbunden mit geringerer Munitionsmenge, die überhaupt getragen werden kann.

Wer kennt nicht die verquere Situation mit Essen und Trinken für 3 Tage ausgestattet zu sein, aber mit Munition für 30 Minuten ...?!

Womit ich meine Leute wahrhaft generös ausstatten würde, und der Feind geradezu durchwaten müsste, sind MINEN, MINEN, MINEN!!
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Theorie einer Territorialmiliz - von Pogu - 05.10.2020, 19:23
RE: Theorie einer Territorialmiliz - von Pogu - 05.10.2020, 21:18
RE: Theorie einer Territorialmiliz - von lime - 15.10.2020, 14:28
RE: Theorie einer Territorialmiliz - von Pogu - 05.10.2020, 21:32
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