Der Zweite Burenkrieg
#8
Zitat: Der konventionelle Teil des Krieges scheiterte eben keineswegs primär an der materiellen Überlegenheit der Briten. Das rauchschwache Pulver und die hohe effektive Reichweite der burischen Schützen führten dazu, dass in dem Gelände dort die rein zahlenmässige Überlegenheit der Briten kaum zum tragen kam. Lord Roberts selbst beklagte sich mehrfach darüber und schrieb dazu, dass überlegene Mannzahlen durch das moderne Gewehr ausgeglichen werden könnten und es fragwürdig sei, ob bei Fortführung dieser Entwicklung Offensiven überhaupt noch möglich sein werden (interessante Vorwegnahme des 1 WK).

Die Buren scheiterten also nicht weil das Empire unüberwindliche Mittel gegen sie einsetzte, sondern weil Lord Roberts die Kampfweise änderte. Beispielsweise wurden frontale Durchbruchsversuche gegen burische Verteidigungsstellungen untersagt und diese stattdessen seitlich umgangen.


Schau dir die Schlacht von Paardeberg an, wo die Buren ihre Mobilität aufgaben und in einer Wagenburg (als ginge es gegen die Zulu!) von der britischen Artillerie zusammengeschossen wurden - nachdem und obwohl ein Angriff von Kitchener gescheitert war. Auch bei Tugela war es die britische Artillerieüberlegenheit, die einen Gutteil der burischen Vorteile zunichte machte.


Zitat: Ein Weltreich bindet aber auch immense Kräfte und daher hätten die Briten in keinster Weise noch mehr Truppen mobilisieren können. Sie waren bereits am Anschlag. Hätte man von Seiten der Briten die katastrophal schlechte (veraltete) Kampfweise welche man anfangs pflegte fortgeführt, hätte das Empire diesen Krieg in dem Sinne verlieren können, dass man zu einem Kompromissfrieden gefunden hätte. Den die Buren waren ja schon vor Kriegsbeginn durchaus zu Zugeständnissen bereit, beispielsweise das von den Briten geforderte Recht auf Einbürgerung und das Wahlrecht für Briten einzuräumen etc.

Darüber hinaus lebten sehr viele Buren ja auch außerhalb der Buren-Republiken (Kap-Buren) und es hätte leicht auch zum Aufstand derselben kommen können. An dieser Stelle sollte man vielleicht mal anmerken, dass der hier gerade behandelte Krieg genau genommen der zweite Burenkrieg ist. Den ersten Krieg gegen das Empire im Jahr 1880 f.f. hatten die Buren ja gewonnen und gerade daraus enstand ja erst die Situation welche dann zum zweiten Burenkrieg führte. Dieser war also keineswegs so determistisch wie du es hier darstellst.

Die Buren waren sehr wohl zu Kompromissen mit dem Empire bereit und sie waren auch dazu bereit britischen Firmen Zugang zu den Bodenschätzen zu gewähren und wären auch mit Selbstverwaltung unter nomineller britischer Oberherrschaft einverstanden gewesen. Wären die Niederlagen und drastischen Verluste so weiter gegangen (was so gekommen wäre wenn Lord Roberts nicht übernommen hätte), dann wäre der zweite Krieg sehr wahrscheinlich gar nicht unähnlich dem ersten ausgegangen.

Die Briten waren keineswegs am Limit - der Burenkrieg blieb für sie immer ein begrenzter Krieg, während er für die Buren von Anfang an zu einem totalen Krieg geriet. Die wirkliche Mobilisierungskraft des Empires hat London in beiden Burenkriegen jedoch nicht einmal ansatzweise ausgeschöpft. Zum Vergleich: Die Indian Army für sich hat im 1. Weltkrieg allein 700.000 Mann für die Mesopotamien-Front mobilisiert - so ungefähr das doppelte dessen, was die Briten im 2. Burenkrieg ins Feld gestellt haben. Eine andere Zahl: Die britischen Verluste am Ersten Tag der Somme-Schlacht waren in etwa so hoch wie die Gesamtverluste im kompletten 2. Burenkrieg. Eine Ausweitung des Krieges auf die Kapkolonie hätte die Briten mit einiger Sicherheit nicht zum Nachgeben, sondern eher zu einem noch wesentlich stärkeren Engagement gezwungen, denn sonst wäre der Ruf des Empires zu sehr beschädigt worden. Die Buren konnten taktische und operative Erfolge erringen, so viel sie wollten: Strategisch konnte der Krieg nur zu den Konditionen beendet werden, die London akzeptieren wollte. Während man die Buren für ihre Freiheitsliebe nur bewundern kann, so muss man einfach anerkennen: Die Briten waren extrem hartnäckig - und wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatten, dann wurde das auch durchgeführt.

@ Pogu:
Für unglaubliche Karrieren von Burenkriegsteilnehmern schlage ich auch immer gerne den Grafen Carton de Wiart vor: Ein mit einer österreichischen Prinzessin verheirateter Belgier, der zum meistverwundeten Soldaten der britischen Armee wurde. Nach Verwundungen in Südafrika und Somalia war er in Frankreich so oft verletzt, dass die Schwestern angeblich seinen privaten Schlafanzug im Lazarett für ihn bereithielten. Nebenbei verdiente er sich noch ein Viktoriakreuz, leitete zweimal (1919-1920 und 1939) die britische Militärmission in Polen, britische Truppen in Norwegen, wurde von den Italienern gefangengenommen (nach einem Flugzeugabsturz ) und zur Sicherung der italienischen Kapitulation ausgetauscht... am Ende hat er dann die britische Militärmission in China geleitet.
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Der Zweite Burenkrieg - von Quintus Fabius - 09.01.2021, 23:54
RE: Der Burenkrieg - von Nelson - 11.01.2021, 13:42
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