23.09.2020, 23:09
(23.09.2020, 12:41)Quintus Fabius schrieb: Ich bin immer der erste der lautstark über die Bundeswehr schimpft und vor sich hinflucht aber das hat vor allem auch etwas mit meinem rein persönlichen Verständnis von Kampfkraft und ernsthaftem Militär zu tun.
Auch wenn die Bundeswehr insgesamt in einem katastrophalen Zustand ist (um so katastrophaler wenn man sich das vor Augen hält was eigentlich sein sollte), gibt es durchaus in der Bundeswehr herausragend gute Soldaten welche das Niveau haben welches mir da eigentlich für alle vorschwebt.
Die Fallschirmjäger der EGB Kompanien (es gibt zudem ja noch einige andere EGB Verbände bspw. bei den Gebirgsjägern etc) würde ich sogar als "besser" einschätzen als die Ranger der US Armee. Während die normalen Fallschirmjäger-Kompanien wie gesagt im konventionellen Bereich leistungsfähiger wären, was aber wie geschrieben eine reine Ausrüstungsfrage ist. Dem Ranger-Regiment fehlt da einfach Feuerkraft im Vergleich.
Das selbst die EGB Kräfte nicht so schießen wie man es meiner Meinung nach sollte ändert nichts daran, dass sie herausragend gut sind und keinen Vergleich scheuen müssen. Die US Army ertrinkt halt in Geld und wenn man sich die Mittel ansieht dann ist die Leistung im Verhältnis dazu auch nicht so prall. Da gibt es ganz andere Einheiten, da verblassen sowohl wir die Amis vollständig dagegen in Bezug auf die (theoretische) Leistungsfähigkeit.
Das ist aber auch so ein wesentlicher Punkt: man glaubt ja allgemein, dass immens viel üben und Ausbildung ein definitiver Vorteil wären, dass trifft aber in einem ernsthaften länger andauernden Krieg so gar nicht zu. Konventionelle (Linien) Einheiten mit viel schlechterer Ausbildung können wenn der Kampf länger andauert im Schnitt die gleiche Leistung erbringen. Das hat viele Gründe und würde hier auch zu weit vom Thema wegführen - aber man kann sagen, dass Sondereinheiten überschätzt werden, dass normale leichte Infanterie deren Aufgaben tatsächlich größtenteils auch erledigen könnte und dass das höhere Niveau nur in der Eröffnung ein Vorteil ist, aber mit weiterem Kriegsverlauf schwindet und sich das ganze nivelliert. Aus dieser Erkenntnis heraus hat man beispielsweise im Zweiten Weltkrieg begonnen die Ausbildung zu verkürzen und zu vereinfachen.
Reine Schießausbildung ist eben nicht alles. Da spielt so viel mehr herein und Sondereinheiten sind nicht so gut weil sie besser schießen, oder fitter sind, sondern wegen ihrer Moral, wegen ihrer inneren militärischen Kultur, ihrem Selbstverständnis, wegen ihrer Einstellung, also aufgrund psychologischer Faktoren und
vor allem anderen aufgrund ideeller Werte.
Wenn man diese gleichen Ideellen Werte in normalen Einheiten implementieren würde wären diese ebenfalls sehr viel leistungsfähiger. Das ist eine Frage der militärischen Kultur innerhalb der Streitkräfte. Man traut normalen Soldaten nichts mehr zu und überhöht Sondereinheiten weshalb letztgenannte immer mehr für Aufgaben einsetzt für welche sie im Endeffekt völlige Verschwendung sind. Jede Menge Aufgaben welche Sondereinheiten so leisten könnten problemlos und wesentlich effizienter von normaler leichter Infanterie wahrgenommen werden.
Die Überbetonung von Sondereinheiten und ihre Vergeudung im Einsatz ist meiner Meinung nach ein Symptom der sozialkulturellen Grundströmung der Gesellschaft insgesamt.
Bis der genannte Effekt zum Tragen kommt müsste sich ein Krieg aber über viele Monate oder eher Jahre hinziehen und es müsste während dieser Zeit auch zu ausreichend Kampfeinsätzen kommen. Das alles zusammen halte ich in der heutigen Zeit für unrealistisch. Auch kann man Fitneß, Schießkunst usw. nicht mal eben in wenigen Wochen oder ein paar Monaten antrainieren, wenn man als Grundmaterial nur einen Haufen schlaffer Säcke hat (absichtlich etwas überspitzt).
Und eine Verschwendung dieser Einheiten sehe ich nicht, denn das wäre nur der Fall wenn es signifikante Verluste geben würde.