Herkunft der Deutschen
#3
Tiger:

Zitat: Ganz sicher haben aber auch die benachbarten Alamannen und Thüringer nebst anderen zur Ethnogenese der Bajuwaren beigetragen.

Die Thüringer entstanden erst aus Stämmen wie den Hermunduren, als die Bajuwaren als Volk schon greifbar werden. Und die frühe und klare Trennung zwischen Alamannen und Bajuwaren ist selbst heute noch erstaunlich scharf feststellbar und klarer als die zwischen allen anderen Stammesgruppen in Deutschland.

Zitat:Meinst du mit "Österreich" den Staat oder die Region?

Ich meine das Staatsgebiet des heutigen Österreich.

Zitat:Weiterhin: Wann war das? Afaik starb Severin 482 n. Chr., slawische Stämme werden erst gut 50 bis 100 Jahre später zur Zeit von Justinian erwähnt.

Sie waren aber durchaus schon vorher existent wie man aufgrund archäologischer Funde weiß. Im Endeffekt begann der Aufstieg und die Ausbreitung der Westslawen exakt paralell zum Abzug der germanischen Stämme im Osten deren Räume sie dann für sich einnehmen konnten.

Zitat:Ab ca. 600 n.Chr. verlieren sich die germanischen Siedlungsspuren in Böhmen.

So ist es. Und gerade deshalb schrieb ich:

Zitat:bis sie dieses Gebiet vollständig räumten mit Protoslawen die sich dort erst um 600 n Chr formierten.

Zitat:Nach einer These die mir untergekommen ist sollen die slawischen Stämme der Kroaten und Serben ursprünglich im heutigen Sachsen gesessen haben und seien dann südwärts gezogen

Die Trennung zwischen Kroaten und Serben hat es damals so ja noch nicht gegeben, da diese erst durch die Grenze zwischen West- und Ostreich so geschaffen wurde. Die Vorfahren dieser Völker kamen defnitiv aus dem Norden, woher exakt aber ist nicht feststellbar. Die meisten Slawen die auf den Balkan einwanderten und zur gleichen Zeit auch massiv nach Griechenland bis auf den Peloponnes kamen aus dem Gebiet der heutigen Slowakei, Süd-Polens und Rumäniens.

Zitat:Inwieweit stammen eigentlich die Deutschen von Römern ab?

Zitat:Da müssten doch eigentlich erhebliche Mengen an römischen Siedlern in den germanischen Provinzen des Reiches gelebt haben, und nicht bloß romanisierte Kelten und Germanen.

Definiere Römer. Die römischen Siedler in diesen Gebieten waren zum größten Teil romanisierte Kelten und Germanen und der Anteil von Italikern war vergleichsweise gering. Das also die dort lebenden Römer keltische und germanische Vorfahren hatten heißt ja nicht, dass sie deswegen keine Römer gewesen wären. Römer zu sein hieß: römischer Kultur und Sprache zu sein und römischer Staatsbürger und die dort lebenden Völker waren spätestens seit 212 n Chr alle römische Bürger.

Zitat:Mir ist auch bekannt, das entlang der Mosel noch lange das Moselromanisch, eine aus dem Latein hervorgegangene Sprache, gesprochen wurde - einfach weil das Gebiet für die Franken nicht interessant war und folglich während der Völkerwanderung von ihnen nicht besiedelt wurde.

So einfach ist das nicht. Sprachen können auch wandern, von einem Volk auf ein anders überspringen und zwar ganz ohne Besiedelung. Ad extremum kann ein Volk eine andere Sprache annehmen ohne jede ernsthafte Einwanderung und umgekehrt die Sprache erhalten bleiben trotz massivster Einwanderung.

Deshalb sind Sprachen für die Frage der ethnischen Abstammung (und auch und insbesondere der genetischen Abstammung) allenfalls ein Indiz.

Es gab beispielsweise in Teilen Neustriens eine massive fränkische Besiedelung, trotzdem übernahmen diese Franken allesamt in kurzer Zeit das dort gesprochene Volkslatein.

Umgekehrt vielleicht interessant: im Bereich des Chiemsees in Richtung des Walchenseees (sic) in Bayern blieben weite Gebiete ohne jede bajuwarische Besiedelung und die dort lebende Bevölkerung blieb keltisch-römischer Abstammung weshalb sie lange Zeit noch vom Rest der Bevölkerung in Bayern unterschieden wurde. Trotzdem übernahmen hier die Nachfahren der Römer die germanische Sprache in recht kurzer Zeit.

Insgesamt ist meiner Einschätzung nach der Anteil römischer Bevölkerung in Deutschland trotzdem sehr gering gewesen, weil es einfach in der Endzeit des Reiches zu einer massiven Entvölkerung kam. Weite Teile Bayerns wie des Rheintales wurden über längere Zeiträume hin massiv verheert und die Verluste an der Zivilbevölkerung waren immens. De früher vergleichsweise prächtigen Städte (Trier, Augsburg usw) verfielen in einem immensen Ausmaß. Etliche römische Städte weisen sogar vorübergehende Abrisse auf oder wurden wie Regensburg etc während des kompletten Zusammenbruch systematisch geräumt.

Zitat:Wie massiv war dieser Austausch zwischen germanischen und slawischen Bevölkerungsgruppen? Fand er bis zur Ostkolonisation nur in Grenzgebieten wie etwa im Wendland statt?

Der Austausch war meiner Ansicht nach schon früher vergleichsweise massiv und ich gehe auch von einer gewissen Unschärfe zwischen Ostgermanen und Slawen aus (so wie es vor den Römern eine Unschärfe zwischen Kelten und Germanen gegeben hat). Austausch zwischen germanischen und slawischen Gruppen (beides zu dieser Zeit primär Sprachgruppen und nicht ethnische Einteilungen!) gab es schon vor der Ostkolonisation de facto im gesamten Osten.
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