29.06.2015, 18:20
@Tiger
Übrigens nicht nur in Deutschland, das zu jener Zeit seine Kolonialaufstände in Afrika rigoros niederschlug, auch in anderen europäischen Staaten hätte der "Negro" zwar leben können, aber jenseits von Kellnerdiensten oder dem netten "boy" im Hotel wäre für ihn nichts möglich gewesen. Allenfalls akzeptierte man die Schwarzen noch als Träger bei Expeditionen, wobei die Todesraten teils verheerend waren, oder als Kolonialpolizei (unter dem Befehl allerdings von weißen Offizieren), egal ob nun deutsche Askaris, belgische force publique oder französische Senegalesen. Eine richtige, nichtrassistische gesellschaftliche Akzeptanz oder Aufnahme ist und war dies aber nicht.
Man schaue sich doch nur an, was in anderen Staaten teils für Stimmungsmache gegen Minderheiten betrieben wird, wenn denn die Stunde der Unsicherheit, Terror, Pleite und der vorgeschobenen Angst "vor der Überfremdung" schlägt: Alleine die ganzen rechtspopulistischen Parteien und Bewegungen, die derzeit überall in Europa Konjuntur haben, und die ihren Zorn auf Minderheiten, anderen Religionsgruppen und Flüchtlingen abladen, sind doch gerade der Beweis, dass in solchen Zeiten jedes Land (bzw. ein Teil der Bevölkerung) seine rassistischen Vorurteile wieder aus der Mottenkiste zu holen bereit ist.
Ein texanischer Rassist, der am liebsten jeden Mexikaner wieder über die Grenze jagen will, ist doch genauso eine zivilisatorisch-demokratische Ausfallerscheinung wie ein Russe, der am liebsten jeden Kaukasier umbringen will, oder ein Deutscher oder ein Franzose, der "die ganzen Muslime nicht im Land haben möchte", oder der sechs Meter hohe NATO-Stacheldraht-Wall an der Grenze der spanischen Exklave Melilla. Nur macht dies die USA eben weder mehr noch weniger rassistisch als Europa.
@phantom
Aber: In fast allen Südstaaten, von Texas über Louisiana bis South Carolina - d. h. in teils wahlmännerschwächeren Staaten -, siegte z. B. sein Herausforderer Romney 2012 oft haushoch. D. h. in den klassischen Gebieten des Südens hatte der Schwarze Obama schlechte Karten, egal wie unzulänglich sein republikanischer Herausforderer war. Insofern: In manchen Staaten sitzt der offene oder verkappte Rassismus noch sehr tief, die Wahl Obamas ist also nicht zwingend ein Beweis, dass es "nicht so extrem" ist.
Schneemann.
Zitat:Zum Vergleich: In Deutschland gab es so etwas nur im Dritten Reich, das 12 Jahre dauerte. Um 1900 hatte ein Afroamerikaner in Deutschland wahrscheinlich mehr Rechte als in den USA.Das halte ich für äußerst spekulativ. Während er in den USA quasi, trotz der Sklavenbefreiung unter Lincoln, ein Bürger zweiter Klasse war und sowohl vom Bildungsniveau (von den Bildungsinstitutionen wurde er bewusst ferngehalten) als auch von den Aufstiegschancen her weiterhin diskriminiert wurde, kann man nicht darauf schließen, dass dies in Europa anders gewesen wäre.
Übrigens nicht nur in Deutschland, das zu jener Zeit seine Kolonialaufstände in Afrika rigoros niederschlug, auch in anderen europäischen Staaten hätte der "Negro" zwar leben können, aber jenseits von Kellnerdiensten oder dem netten "boy" im Hotel wäre für ihn nichts möglich gewesen. Allenfalls akzeptierte man die Schwarzen noch als Träger bei Expeditionen, wobei die Todesraten teils verheerend waren, oder als Kolonialpolizei (unter dem Befehl allerdings von weißen Offizieren), egal ob nun deutsche Askaris, belgische force publique oder französische Senegalesen. Eine richtige, nichtrassistische gesellschaftliche Akzeptanz oder Aufnahme ist und war dies aber nicht.
Zitat:Wenn man weiß, das sich die Xenophobie in der US-Gesellschaft auch gegen andere Gruppen richtete, mal z.B. gegen Deutsch-Amerikaner oder in jüngerer Zeit gegen Einwanderer aus Russland.Einverstanden. Nur: Wenn es, vor allem zu Kriegszeiten auch (etwa was Deutsche oder Japaner angeht z. B. im Zweiten Weltkrieg), Restriktionen gegen diese oder jene Volksgruppe oder Ethnie in den USA gegeben hat oder teils noch gibt, würde dies den Rückschluß zulassen, dass es schlimmer war und ist als anderswo? Ich denke nicht (und ich will nicht von anfangen, was in Kriegszeiten in Europa auf anderen Ethnien abgeladen wurde).
Man schaue sich doch nur an, was in anderen Staaten teils für Stimmungsmache gegen Minderheiten betrieben wird, wenn denn die Stunde der Unsicherheit, Terror, Pleite und der vorgeschobenen Angst "vor der Überfremdung" schlägt: Alleine die ganzen rechtspopulistischen Parteien und Bewegungen, die derzeit überall in Europa Konjuntur haben, und die ihren Zorn auf Minderheiten, anderen Religionsgruppen und Flüchtlingen abladen, sind doch gerade der Beweis, dass in solchen Zeiten jedes Land (bzw. ein Teil der Bevölkerung) seine rassistischen Vorurteile wieder aus der Mottenkiste zu holen bereit ist.
Ein texanischer Rassist, der am liebsten jeden Mexikaner wieder über die Grenze jagen will, ist doch genauso eine zivilisatorisch-demokratische Ausfallerscheinung wie ein Russe, der am liebsten jeden Kaukasier umbringen will, oder ein Deutscher oder ein Franzose, der "die ganzen Muslime nicht im Land haben möchte", oder der sechs Meter hohe NATO-Stacheldraht-Wall an der Grenze der spanischen Exklave Melilla. Nur macht dies die USA eben weder mehr noch weniger rassistisch als Europa.
Zitat:Ich habe es noch nie erlebt, das sich jemand wegen Afrikanern aufgeregt hat, oder darüber das eine Afrikanerin traditionelle afrikanische Kleidung trug - hab' das auch schon mal gesehen.Ist mir so auch noch nicht untergekommen, aber ich lebe im schönen Südwesten. Was in den östlichen Bundesländern vorgeht indessen, will ich nicht als Schwarzer erleben müssen. Und zumindest - um wieder die Kurve zu kriegen - muss man auch fairerweise sagen, dass der Rassismus in den USA von Bundesstaat zu Bundesstaat ebenso unterschiedlich ausgeprägt ist; im "alten" Süden zwischen New Orleans und Charleston ist die Lage wiederum sicher beschwerlicher für einen Migranten und rassistisch aufgeladener als in den Städten Kaliforniens oder entlang der Ostküste. Und ähnlich dürfte bei uns es auch sein.
@phantom
Zitat:Europa wird ja nicht mal damit konfrontiert, die einzigen die bezüglich relevanter Bevölkerungsanteil mitreden können, sind die Franzosen.Nicht ganz, auch z. B. Großbritannien mit bis zu 10% Indern, Pakistanis oder teils Afrikanern könnte sich hier einreihen; gleiches gilt auch für Italien (offiziell 7,5%, Dunkelziffer über 10%) oder das kleine Belgien (25% Migrationshintergrund).
Zitat:Immerhin ist ein Afroamerikaner Präsident, so extrem wie du das beschreibst, kann es nicht sein.Die Wahl Obamas hat sehr viele Hintergründe, aber seine Wahl ist nicht zwingend der Beweis, dass "es ja mit dem Rassismus nicht so extrem sei". Er gewann vor allem in den traditionell liberalen Staaten einen Teil der weißen Schichten (besonders auch junge Frauen, denen die Bigotterie der Republikaner zuwider war), z. B. an der Ostküste und in Kalifornien, die eben sehr viele der (teils entscheidenden) Wahlmännerstimmen stellten. Zudem hatten in diesen Gebieten viele die katastrophalen Bush jr.-Jahre geflissentlich satt und hätten vermutlich auch einen Hispanic gewählt, Hauptsache keinen Republikaner. Ferner hat der Anteil der nichtweißen Wähler zugenommen (also Schwarze und Hispancis sowie auch Asiaten), die eher für Obama votierten.
Aber: In fast allen Südstaaten, von Texas über Louisiana bis South Carolina - d. h. in teils wahlmännerschwächeren Staaten -, siegte z. B. sein Herausforderer Romney 2012 oft haushoch. D. h. in den klassischen Gebieten des Südens hatte der Schwarze Obama schlechte Karten, egal wie unzulänglich sein republikanischer Herausforderer war. Insofern: In manchen Staaten sitzt der offene oder verkappte Rassismus noch sehr tief, die Wahl Obamas ist also nicht zwingend ein Beweis, dass es "nicht so extrem" ist.
Schneemann.