04.05.2015, 10:41
Helios:
Ich bin keineswegs gegen Mini- und Mikro-UAV, ganz im Gegenteil bin ich der Überzeugung dass diese im Bereich der Drohnen die Zukunft darstellen und besser sind als Großdrohnen, aufgrund ihres Dezentral möglichen Einsatzes, ihrem größeren unmittelbaren taktischen Nutzen und aufgrund ihrer schlechteren Aufklärbarkeit. Eigentlich jede TOE die ich jemals irgendwo vorgestellt habe sieht explizit solche Drohnen organisch in jedem Infanterie-Bataillon vor, während sie real hier und heute den Artillerie-Bataillonen bzw den Heeresaufklärungs-Bataillonen unterstellt sind.
Ich verwahre mich daher nur gegen die Überhöhung dieser Systeme, die nicht zuletzt auf solchen Systemen aufbauende RMA These (Revolution in Military Affairs (Dyadic Technology Theory), und insbesondere gegen eine Ausrichtung der Streitkräfte auf diese Systeme was Abhängigkeiten erzeugt welche ich für militärisch problematisch halte.
Genau genommen sind solche Systeme eben keine Revolution, die ganze Idee der RMA daher grundfalsch. Das ist nichts anderes als die evolutionäre Fortsetzung dessen was schon immer war, seien es Ferngläser oder einfache Minen (die im Endeffekt erste bewaffnete Drohnen darstellen).
Daher sollte man solche Systeme in einem evolutionären Kontext und als Fortschreibung entsprechend bereits vorhandener Systeme verstehen. Das würde immense Möglichkeiten schaffen die man jetzt aufgrund der Beschränkung auf die RMA Idee außer Acht lässt: bis hin beispielsweise zu bereits jetzt möglichen unbemannten vollautonomen Drohnen wenn man diese als Luftminen betrachtet und von der Zielsetzung her auf die Sperrung bestimmter Räume für eine bestimmte Zeit hin ausrichtet.
Und Mini- und Mikro-UAV sind insbesondere im OHK, in Schlachten um Städte von großer Wichtigkeit und Bedeutung und zwar gerade aufgrund des ständig an Bedeutung gewinnenden Minenkrieges (Neudeutsch IED genannt). Aber sie sind weder ein Allheilmittel noch sollte man seine Struktur, Kampfweise und Doktrin auf diesen Systemen aufbauen.
Sie sind eine Ergänzung, aber nicht der Kern.
Die maximale Einsatzdauer der britischen Hornet-Mikro-Drohne unter optimalen Bedingungen beträgt beispielsweise 20 Minuten, realistisch sind aber eher 10 bis 15 Minuten. Dies noch um so mehr wenn man zwei Drohnen zusammen einsätzt so dass eine immer lädt während die andere aufklärt. Damit die Aufklärung nicht abreißt braucht man hier noch eine gewisse Überschneidung so dass die eine Drohne erst zurück fliegt wenn die zweite direkt übernehmen kann. Also realistischerweise maximal 10 Minuten vor Ort (und von der Reichweite her dann deutlich begrenzt).
Bei einer 3 stündigen Laufzeit (viele Gefechte dauern viel länger) bedeutet dass realistischerweise zumindest 18 Wechsel !
Der Drohnenpilot muss sich derweilen durchgehend auf die Aufklärung und Steuerung konzentrieren. Er braucht zwingend einen zweiten Mann der sich um Störungen kümmert, das Laden besorgt, ihm hilft die Sachen zu schleppen und die gewonnenen Informationen weiter zu distributieren.
Macht also selbst innerhalb der Gruppe zumindest zwei Mann. Dann sichert diese aber noch keiner ab. Es ist aber zwingend erforderlich dass dieser Drohnen-Trupp auch noch rundum gesichert wird. Dafür brauchst du zumindest 4 Mann (4 Richtungen um den Trupp herum).
Das heißt der Einsatz eines solchen Drohnen-Binoms bindet mindestens 6 Mann.
Dazu treten noch weitere Soldaten in der Logistikkette weiter hinten:
So ist es. Und das ist ein Problem weil die Gesamtzahl der Soldaten nicht mitsteigt, diese Soldaten also der Kampftruppe entzogen werden und damit ein immer größerer Teil der Truppe in den rückwärtigen Diensten gebunden ist. Und da man dafür intelligente Soldaten benötigt senkt dass darüber hinaus die Intelligenz der Infanteristen im Durchschnitt wo doch gerade das Gegenteil notwendig ist. Es entsteht darüber hinaus ein Teufelskreis weil die ständig anschwellenden rückwärtigen Dienste auch wieder gesichert werden müssen was wiederum Kampftruppen von ihrem eigentlichen Kernauftrag abzieht, worauf sich die feindliche Feuerkraft auf einen immer kleineren Teil der Truppe "vorne" konzentriert und darüber hinaus immer größere Räume mit geringer Truppendichte entstehen welche der Feind explorieren kann usw usw
Meiner Meinung nach besteht hier die Gefahr einer Übertechnisierung der Truppe. Darüber hinaus lähmt ein Zuviel an Informationen die Entscheidungsgeschwindigkeit und Handlungsfähigkeit und damit die Führung.
Man will also mittels Drohnen den Nebel des Krieges lüften und erzeugt ein Kaleidoskop.
Nelson hat hier in einem anderen Strang beispielsweise schon die Frage aufgestellt, wie man dieses Kaleidoskop den überhaupt praktisch nutzen will ! Wer exakt hat diese System, und wer exakt erhält diese Informationen und wie werden diese ausgewertet ?! Dass Informationen verfügbar werden heißt im Umkehrschluss keineswegs, dass dies überhaupt irgend etwas nützt, und kann sogar ins Gegenteil umschlagen.
Natürlich kann man mit diesen Geräten ebenfalls getarnt vorgehen und beispielsweise quer durch Häuser fliegen und dann aus den Fenstern spähen während man im Raum im Schatten bleibt, sich in Baumwipfeln positionieren usw usf
Das führt aber dann umgehend zu der Frage, wie groß die eigene Aufklärungsleistung bei einer solchen Vorgehensweise dann überhaupt noch ist. Darüber hinaus ist der primäre Faktor der eine Präsenz verrät immer Bewegung. Und gerade Bewegung in der Luft ist gut wahrnehmbar. Wenn ich irgendwo in Stellung liege sehe ich ja auch Schmetterlinge, Bienen, kleine Vögel usw.
Und je kleiner die Drohne, desto beschränkter die Sensorik und desto beschränkter damit die Aufklärungsreichweite und Aufklärungsleistung. Also muss man mit solchen Systemen "näher" ran um damit getarnt agierende Infanterie aufzuklären. Und dann noch die Präsenz der Drohne zu verbergen ist sehr schwierig.
Interessante Anmerkung am Rande: die Kurden setzen gegen den IS bereits seit einiger Zeit Mini-Drohnen ein. Die wurden von Privatleuten aus den USA den Kurden zur Verfügung gestellt und haben sich bei diversen Kämpfen sehr bewährt. Der IS hat anfangs auf diese Systeme geradezu panisch reagiert weil die IS Kämpfer davon ausgingen, dass diese Systeme dem US Militär gehören und daher Luftangriffe ankündigen. Inzwischen hat man sich daran gewöhnt und die ersten solchen Drohnen bereits abgeschossen bzw seine Taktik angepasst. Trotzdem ist der Wert dieser Systeme natürlich immens hoch.
Aber wie man sieht kann selbst ein Gegner wie der IS sich in Bezug auf solche Systeme anpassen. Und wieviel mehr kann dies dann ein ernsthafter Feind ?!
Richtig, es gibt keinen Zwang. Und trotzdem ist die Wahrscheinlichkeit dass man aufgrund von Zweifeln die man hat dann solche Drohnen schickt statt zu handeln recht hoch. Und gerade bei der Infanterie welche mit einem hohen Unsicherheitsfaktor zu kämpfen hat gilt dies noch um so mehr.
Seien wir realitisch: selbst ohne jeden Zwang bedeutet allein die Präsenz dieser Systeme, dass man sie sehr viel einsetzen wird. Das soll jetzt bitte nicht als Argument gegen solche Drohnen verstanden werden, sondern das wirft die rein praktische Fragestellung auf, wo und wie man diese in die Struktur einzieht und wo und wie man diese Systeme einsetzt und wer diese Informationen erhält.
Hier bin ich vollauf der gleichen Ansicht. Mini- und Mikrodrohnen erhöhen die Flexibilität.
Aber man darf eben nicht dem RMA Wahn verfallen - sondern man muss die ganze Palette der Kriegsführung paralell beherrschen: vom Faustkeil bis zur Mikro-Drohne. Die im modernen Krieg notwendige Redundanz gebietet das meiner Überzeugung nach zwingend
Und die eingesetzten Taktiken darf man nicht völlig von der Ausrüstung abhängig machen. Die Ausrüstung muss auch der Taktik folgen, je nach. Heute aber überbetont man die Ausrüstung und die Technik gegenüber der Taktik welche man vernachlässigt.
Die Taktik muss das Primat haben, vor der Technik. Die Technik hat dazu zu dienen, richtige Taktiken umsetzbar zu machen. Heute aber versuchen wir das Gegenteil: wir versuchen mittels Technik unsere taktischen Defizite auszugleichen und falsche Taktiken mittels Technik zum funktionieren zu bringen. Und das funktioniert eben nicht!
Kultur, Psychologie, Doktrin und Taktik sind entscheidend. Die Technik soll daher folgerichtig den Menschen in diesen Punkten unterstützen, und nicht an die Stelle der oben genannten Punkte treten. Aber exakt da führt es zur Zeit hin. Das Ergebnis ist, dass wir rein handwerklich, vom Können her immer schlechter werden während gleichzeitig die Technik aber immer besser wird. Es entsteht der bereits beschriebene Teufelskreis der Übertechnisierung und damit der zu stark aufgeblähten Unterstützungs- und Logistikeinheien.
Und es entsteht ein zweiter Teufelskreis, in dem die immer besser werdende Technik den Verfall der handwerklichen militärischen Fähigkeiten noch beschleunigt.
Um es mal an einem einzigen Beispiel ganz einfach darzustellen: Heute hat man Zielvorrichtungen von denen man früher nur träumen konnte. Trotzdem hat man früher (beispielsweise bei der Reichswehr) im Schnitt über Kimme und Korn besser geschossen obwohl dies schwieriger ist. Eigentlich hätte die Leistung mit der Technik (Zielfernrohrer, Leuchtpunktvisiere usw) im Schnitt deutlich zunehmen müssen, aber das Gegenteil war der Fall.
Was also muss getan werden? Man sollte Technik nicht für sich alleine betrachten, sondern ein Primat bei der Frage setzen, wie man diese Technik benutzt und damit die Leistung steigert.
Bei Drohnen hat man hier das Problem des Kaleidoskop und der verlangsamten Entscheidungsprozesse. Heute sind Stäbe inzwischen langsamer als im Zweiten Weltkrieg und dies obwohl die modernen Methoden der Datenverarbeitung unvorstellbar gut geworden sind. Man will durch vernetzte Kriegsführung die Geschwindigkeit erhöhen und das Ergebnis ist, dass trotz der ganzen Computer-Zaubereien die Geschwindigkeit der Truppen am Boden gleich oder geringer ist und die Entscheidungsprozesse der Stäbe/Führung langsamer ablaufen.
Eine gute schnelle Entscheidung ist aber immer besser als eine perfekte langsamere Entscheidung.
Vorausgesetzt damit wird nicht die Kultur, die Seele der Armee, das menschliche Können, die Doktrin, die Taktik usw beschädigt.
Und das führt weg von den rein theoretischen Überlegungen hin zur praktischen Frage:
Wie exakt soll man diese Systeme einsetzen? Wer erhält sie und in welcher Anzahl? Wer erhält die Informationen und wie werden diese verteilt und ausgewertet? Exakt die Fragen welche Nelson schon gestellt hat.
Meiner Meinung nach wäre es falsch, innerhalb von Infanteriekompanien solche Systeme zu führen. Ich sehe sie beispielsweise in einem gesonderten Zug einer Aufklärungskompanie auf Bataillonsebene. Dieser Zug sollte zudem ultraleichte Mörser mitführen (welche sekundär auch zur Gefechtsfeldbeleuchtung, für das Verschießen von einfachen Kameragranaten mit Fallschirm usw verwendet werden können, also die Aufklärungsaufgabe ebenso unterstützen können wie sie zugleich eine sofortige Bekämpfung aufgeklärter Ziele durch den Zug selbst ermöglichen würden).
Die Informationen gehen dann von diesem Zug zugleich zur Bataillonsführung sowie zu den Kompanieführungen.
Innerhalb einer Infanteriegruppe/Zuges/Kompanie aber sind solche Systeme meiner Überzeugung nach fehl am Platz.
PS: irgendwelche SciFi vollautonomen UAV-Mückenschwärme als Distanzwaffen sind da eine ganz andere Geschichte. Aber die sind auch primär als eine Nahdistanzwaffe und nicht als Aufklärungssystem zu betrachten, vergleichbar einer Flamm- oder C-Waffe welche man einsetzt.
Ich bin keineswegs gegen Mini- und Mikro-UAV, ganz im Gegenteil bin ich der Überzeugung dass diese im Bereich der Drohnen die Zukunft darstellen und besser sind als Großdrohnen, aufgrund ihres Dezentral möglichen Einsatzes, ihrem größeren unmittelbaren taktischen Nutzen und aufgrund ihrer schlechteren Aufklärbarkeit. Eigentlich jede TOE die ich jemals irgendwo vorgestellt habe sieht explizit solche Drohnen organisch in jedem Infanterie-Bataillon vor, während sie real hier und heute den Artillerie-Bataillonen bzw den Heeresaufklärungs-Bataillonen unterstellt sind.
Ich verwahre mich daher nur gegen die Überhöhung dieser Systeme, die nicht zuletzt auf solchen Systemen aufbauende RMA These (Revolution in Military Affairs (Dyadic Technology Theory), und insbesondere gegen eine Ausrichtung der Streitkräfte auf diese Systeme was Abhängigkeiten erzeugt welche ich für militärisch problematisch halte.
Genau genommen sind solche Systeme eben keine Revolution, die ganze Idee der RMA daher grundfalsch. Das ist nichts anderes als die evolutionäre Fortsetzung dessen was schon immer war, seien es Ferngläser oder einfache Minen (die im Endeffekt erste bewaffnete Drohnen darstellen).
Daher sollte man solche Systeme in einem evolutionären Kontext und als Fortschreibung entsprechend bereits vorhandener Systeme verstehen. Das würde immense Möglichkeiten schaffen die man jetzt aufgrund der Beschränkung auf die RMA Idee außer Acht lässt: bis hin beispielsweise zu bereits jetzt möglichen unbemannten vollautonomen Drohnen wenn man diese als Luftminen betrachtet und von der Zielsetzung her auf die Sperrung bestimmter Räume für eine bestimmte Zeit hin ausrichtet.
Und Mini- und Mikro-UAV sind insbesondere im OHK, in Schlachten um Städte von großer Wichtigkeit und Bedeutung und zwar gerade aufgrund des ständig an Bedeutung gewinnenden Minenkrieges (Neudeutsch IED genannt). Aber sie sind weder ein Allheilmittel noch sollte man seine Struktur, Kampfweise und Doktrin auf diesen Systemen aufbauen.
Sie sind eine Ergänzung, aber nicht der Kern.
Zitat:Ich bezweifel doch recht stark, dass der Wartungsaufwand derart viel Personal bindet. Das komplette Zerlegen, Prüfen und Zusammensetzen soll unter zwei Mannstunden betragen, bei durchschnittlichen Laufzeiten im dreistelligen Stundenbereich unter praxisnahen Bedingungen.
Die maximale Einsatzdauer der britischen Hornet-Mikro-Drohne unter optimalen Bedingungen beträgt beispielsweise 20 Minuten, realistisch sind aber eher 10 bis 15 Minuten. Dies noch um so mehr wenn man zwei Drohnen zusammen einsätzt so dass eine immer lädt während die andere aufklärt. Damit die Aufklärung nicht abreißt braucht man hier noch eine gewisse Überschneidung so dass die eine Drohne erst zurück fliegt wenn die zweite direkt übernehmen kann. Also realistischerweise maximal 10 Minuten vor Ort (und von der Reichweite her dann deutlich begrenzt).
Bei einer 3 stündigen Laufzeit (viele Gefechte dauern viel länger) bedeutet dass realistischerweise zumindest 18 Wechsel !
Der Drohnenpilot muss sich derweilen durchgehend auf die Aufklärung und Steuerung konzentrieren. Er braucht zwingend einen zweiten Mann der sich um Störungen kümmert, das Laden besorgt, ihm hilft die Sachen zu schleppen und die gewonnenen Informationen weiter zu distributieren.
Macht also selbst innerhalb der Gruppe zumindest zwei Mann. Dann sichert diese aber noch keiner ab. Es ist aber zwingend erforderlich dass dieser Drohnen-Trupp auch noch rundum gesichert wird. Dafür brauchst du zumindest 4 Mann (4 Richtungen um den Trupp herum).
Das heißt der Einsatz eines solchen Drohnen-Binoms bindet mindestens 6 Mann.
Dazu treten noch weitere Soldaten in der Logistikkette weiter hinten:
Zitat:Natürlich benötigt solch ein System auch eine entsprechende Logistik im Hintergrund, allerdings ist das bei jeder Änderung der Einsatzausrüstung in Form von komplexerer Technik der Fall.
So ist es. Und das ist ein Problem weil die Gesamtzahl der Soldaten nicht mitsteigt, diese Soldaten also der Kampftruppe entzogen werden und damit ein immer größerer Teil der Truppe in den rückwärtigen Diensten gebunden ist. Und da man dafür intelligente Soldaten benötigt senkt dass darüber hinaus die Intelligenz der Infanteristen im Durchschnitt wo doch gerade das Gegenteil notwendig ist. Es entsteht darüber hinaus ein Teufelskreis weil die ständig anschwellenden rückwärtigen Dienste auch wieder gesichert werden müssen was wiederum Kampftruppen von ihrem eigentlichen Kernauftrag abzieht, worauf sich die feindliche Feuerkraft auf einen immer kleineren Teil der Truppe "vorne" konzentriert und darüber hinaus immer größere Räume mit geringer Truppendichte entstehen welche der Feind explorieren kann usw usw
Meiner Meinung nach besteht hier die Gefahr einer Übertechnisierung der Truppe. Darüber hinaus lähmt ein Zuviel an Informationen die Entscheidungsgeschwindigkeit und Handlungsfähigkeit und damit die Führung.
Man will also mittels Drohnen den Nebel des Krieges lüften und erzeugt ein Kaleidoskop.
Nelson hat hier in einem anderen Strang beispielsweise schon die Frage aufgestellt, wie man dieses Kaleidoskop den überhaupt praktisch nutzen will ! Wer exakt hat diese System, und wer exakt erhält diese Informationen und wie werden diese ausgewertet ?! Dass Informationen verfügbar werden heißt im Umkehrschluss keineswegs, dass dies überhaupt irgend etwas nützt, und kann sogar ins Gegenteil umschlagen.
Zitat:Ich habe einige Erfahrung mit Kleinstfluggeräten und behaupte, dass diese im Feld nicht ohne Hilfsmittel aufklärbar sind, sofern dies vom Piloten nicht gewünscht ist.
Natürlich kann man mit diesen Geräten ebenfalls getarnt vorgehen und beispielsweise quer durch Häuser fliegen und dann aus den Fenstern spähen während man im Raum im Schatten bleibt, sich in Baumwipfeln positionieren usw usf
Das führt aber dann umgehend zu der Frage, wie groß die eigene Aufklärungsleistung bei einer solchen Vorgehensweise dann überhaupt noch ist. Darüber hinaus ist der primäre Faktor der eine Präsenz verrät immer Bewegung. Und gerade Bewegung in der Luft ist gut wahrnehmbar. Wenn ich irgendwo in Stellung liege sehe ich ja auch Schmetterlinge, Bienen, kleine Vögel usw.
Und je kleiner die Drohne, desto beschränkter die Sensorik und desto beschränkter damit die Aufklärungsreichweite und Aufklärungsleistung. Also muss man mit solchen Systemen "näher" ran um damit getarnt agierende Infanterie aufzuklären. Und dann noch die Präsenz der Drohne zu verbergen ist sehr schwierig.
Zitat:Wenn der Gegner also davon ausgeht, dass er auf diese Weise aufgeklärt wird, dann ist es für ihn zwingend notwendig, dass er entsprechende Gegenmaßnahmen ergreift.
Interessante Anmerkung am Rande: die Kurden setzen gegen den IS bereits seit einiger Zeit Mini-Drohnen ein. Die wurden von Privatleuten aus den USA den Kurden zur Verfügung gestellt und haben sich bei diversen Kämpfen sehr bewährt. Der IS hat anfangs auf diese Systeme geradezu panisch reagiert weil die IS Kämpfer davon ausgingen, dass diese Systeme dem US Militär gehören und daher Luftangriffe ankündigen. Inzwischen hat man sich daran gewöhnt und die ersten solchen Drohnen bereits abgeschossen bzw seine Taktik angepasst. Trotzdem ist der Wert dieser Systeme natürlich immens hoch.
Aber wie man sieht kann selbst ein Gegner wie der IS sich in Bezug auf solche Systeme anpassen. Und wieviel mehr kann dies dann ein ernsthafter Feind ?!
Zitat:Es gibt keinen Zwang, diese Drohnen einzusetzen.
Richtig, es gibt keinen Zwang. Und trotzdem ist die Wahrscheinlichkeit dass man aufgrund von Zweifeln die man hat dann solche Drohnen schickt statt zu handeln recht hoch. Und gerade bei der Infanterie welche mit einem hohen Unsicherheitsfaktor zu kämpfen hat gilt dies noch um so mehr.
Seien wir realitisch: selbst ohne jeden Zwang bedeutet allein die Präsenz dieser Systeme, dass man sie sehr viel einsetzen wird. Das soll jetzt bitte nicht als Argument gegen solche Drohnen verstanden werden, sondern das wirft die rein praktische Fragestellung auf, wo und wie man diese in die Struktur einzieht und wo und wie man diese Systeme einsetzt und wer diese Informationen erhält.
Zitat:Ich betrachte sie schlicht und einfach als eine weitere Möglichkeit der Informationsgewinnung, ohne jeglichen Anspruch von absoluten Vorteilen. Operationelle Flexibilität ergibt sich nicht nur aus einer breiten taktischen Nutzbarkeit von Waffen und Ausrüstung, sondern auch durch unterschiedliche Optimierungen der jeweiligen Taktiken. Hier können diese Mikrodrohnen einen Vorteil bieten.
Hier bin ich vollauf der gleichen Ansicht. Mini- und Mikrodrohnen erhöhen die Flexibilität.
Aber man darf eben nicht dem RMA Wahn verfallen - sondern man muss die ganze Palette der Kriegsführung paralell beherrschen: vom Faustkeil bis zur Mikro-Drohne. Die im modernen Krieg notwendige Redundanz gebietet das meiner Überzeugung nach zwingend
Und die eingesetzten Taktiken darf man nicht völlig von der Ausrüstung abhängig machen. Die Ausrüstung muss auch der Taktik folgen, je nach. Heute aber überbetont man die Ausrüstung und die Technik gegenüber der Taktik welche man vernachlässigt.
Die Taktik muss das Primat haben, vor der Technik. Die Technik hat dazu zu dienen, richtige Taktiken umsetzbar zu machen. Heute aber versuchen wir das Gegenteil: wir versuchen mittels Technik unsere taktischen Defizite auszugleichen und falsche Taktiken mittels Technik zum funktionieren zu bringen. Und das funktioniert eben nicht!
Kultur, Psychologie, Doktrin und Taktik sind entscheidend. Die Technik soll daher folgerichtig den Menschen in diesen Punkten unterstützen, und nicht an die Stelle der oben genannten Punkte treten. Aber exakt da führt es zur Zeit hin. Das Ergebnis ist, dass wir rein handwerklich, vom Können her immer schlechter werden während gleichzeitig die Technik aber immer besser wird. Es entsteht der bereits beschriebene Teufelskreis der Übertechnisierung und damit der zu stark aufgeblähten Unterstützungs- und Logistikeinheien.
Und es entsteht ein zweiter Teufelskreis, in dem die immer besser werdende Technik den Verfall der handwerklichen militärischen Fähigkeiten noch beschleunigt.
Um es mal an einem einzigen Beispiel ganz einfach darzustellen: Heute hat man Zielvorrichtungen von denen man früher nur träumen konnte. Trotzdem hat man früher (beispielsweise bei der Reichswehr) im Schnitt über Kimme und Korn besser geschossen obwohl dies schwieriger ist. Eigentlich hätte die Leistung mit der Technik (Zielfernrohrer, Leuchtpunktvisiere usw) im Schnitt deutlich zunehmen müssen, aber das Gegenteil war der Fall.
Was also muss getan werden? Man sollte Technik nicht für sich alleine betrachten, sondern ein Primat bei der Frage setzen, wie man diese Technik benutzt und damit die Leistung steigert.
Bei Drohnen hat man hier das Problem des Kaleidoskop und der verlangsamten Entscheidungsprozesse. Heute sind Stäbe inzwischen langsamer als im Zweiten Weltkrieg und dies obwohl die modernen Methoden der Datenverarbeitung unvorstellbar gut geworden sind. Man will durch vernetzte Kriegsführung die Geschwindigkeit erhöhen und das Ergebnis ist, dass trotz der ganzen Computer-Zaubereien die Geschwindigkeit der Truppen am Boden gleich oder geringer ist und die Entscheidungsprozesse der Stäbe/Führung langsamer ablaufen.
Eine gute schnelle Entscheidung ist aber immer besser als eine perfekte langsamere Entscheidung.
Zitat:Allein schon aus Eigenschutz- und Technologiegründen ist es in meinen Augen aber zwingend notwendig, auch die kleinen Schritte mitzugehen.
Vorausgesetzt damit wird nicht die Kultur, die Seele der Armee, das menschliche Können, die Doktrin, die Taktik usw beschädigt.
Und das führt weg von den rein theoretischen Überlegungen hin zur praktischen Frage:
Wie exakt soll man diese Systeme einsetzen? Wer erhält sie und in welcher Anzahl? Wer erhält die Informationen und wie werden diese verteilt und ausgewertet? Exakt die Fragen welche Nelson schon gestellt hat.
Meiner Meinung nach wäre es falsch, innerhalb von Infanteriekompanien solche Systeme zu führen. Ich sehe sie beispielsweise in einem gesonderten Zug einer Aufklärungskompanie auf Bataillonsebene. Dieser Zug sollte zudem ultraleichte Mörser mitführen (welche sekundär auch zur Gefechtsfeldbeleuchtung, für das Verschießen von einfachen Kameragranaten mit Fallschirm usw verwendet werden können, also die Aufklärungsaufgabe ebenso unterstützen können wie sie zugleich eine sofortige Bekämpfung aufgeklärter Ziele durch den Zug selbst ermöglichen würden).
Die Informationen gehen dann von diesem Zug zugleich zur Bataillonsführung sowie zu den Kompanieführungen.
Innerhalb einer Infanteriegruppe/Zuges/Kompanie aber sind solche Systeme meiner Überzeugung nach fehl am Platz.
PS: irgendwelche SciFi vollautonomen UAV-Mückenschwärme als Distanzwaffen sind da eine ganz andere Geschichte. Aber die sind auch primär als eine Nahdistanzwaffe und nicht als Aufklärungssystem zu betrachten, vergleichbar einer Flamm- oder C-Waffe welche man einsetzt.