(Kooperationen) European Armed Forces - Probleme und Perspektiven
Tiger schrieb:@Erich
Wieso siehst du das als Beweis für "das Zusammenwachsen der nationalen Streitkräfte"?
Operation "Mare Nostrum" war vor allem auch deshalb ein Fehlschlag, weil Italien dabei von anderen Mitgliedsstaaten der EU nur sehr halbherzig unterstützt wurde. Insofern spricht das eigentlich gegen deine These.
Indem man die Zuständigkeit an Frontex weiterdelegiert, sorgt Italien dafür das es hinsichtlich der Aufgabe der "Sicherung der EU-Außengrenze vor illegaler Einwanderung" weitgehend aus dem Schneider ist. Eigentlich eine Unverschämtheit gegenüber der EU und anderen Mitgliedsstaaten - man bürdet ihnen eine Aufgabe auf, bei der man bereits versagt hat, und wäscht seine Hände in Unschuld.
die aktuelle Entwicklung beleuchtet das Marineforum:
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Zitat: MITTELMEER (Migration)

Die Medienberichterstattung zur Katastrophe vom 19. April, bei der bis zu 900 Menschen ums Leben kamen, als ihr völlig überladenes Schiff kenterte, hat die europäischen Politiker aufgeschreckt.

Auf einem von Italien initiierten, kurzfristig anberaumten EU-Gipfeltreffen wurde ein „Bündel von Maßnahmen“ beschlossen – in denen Medien allerdings meist nur „bloßen politischen Aktionismus“ erkennen. Einhelliger Tenor: die europäischen Politiker seien ganz offensichtlich „mehr an persönlicher oder parteipolitischer Gesichtswahrung interessiert, als an der Rettung von Menschenleben“. Tatsächlich scheinen die Maßnahmen nur wenig geeignet, den Zustrom der Migranten zu begrenzen und/oder die Gefahren bei der Überfahrt zu mindern.

Beschlossen wurde, die Mittel für die von der EU-Grenzsicherungsorganisation Frontex durchgeführte Operation „Triton“ zu verdreifachen. Mit nunmehr 9 Mio. Euro monatlich wollen die EU-Staaten gemeinsam künftig etwa die Mittel bereitstellen, die Italien allein in seiner Ende 2014 abgeschlossenen Operation „Mare Nostrum“ aufgewendet hatte. Einige Medien nennen dies mit gewissem Recht „schäbig“.

Sicher ein Schritt in die richtige Richtung ist die beabsichtigte Aufstockung der Anzahl der in den Operationen „Triton“ (um Süditalien) und „Poseidon“ (Östliches Mittelmeer) eingesetzten Schiffe und Flugzeuge. Mehrere EU-Länder haben auch schon Schiffe und Flugzeuge angeboten, über deren Einsatz nun eine Arbeitsgruppe entscheiden soll. U.a. wollen Deutschland (zwei), Irland (eins) und Norwegen (eins) Schiffe abstellen.

Großbritannien will „zur Rettung von Menschenleben“ das Docklandungsschiff BULWARK ins Mittelmeer verlegen. Ob die BULWARK im Rahmen von „Triton“ oder unter nationaler Führung operieren soll, und wo genau (auch vor Libyen?) ist unklar. Noch vor wenigen Wochen hatte Premierminister Cameron jegliche britische Beteiligung an sowohl Rettungseinsätzen vor Libyen als auch europäischer Grenzsicherung im Mittelmeer kategorisch abgelehnt. Nicht nur Böswillige sehen bei seinem spontanen Gesinnungswandel einen Zusammenhang mit den am 7. Mai in Großbritannien geplanten Parlamentswahlen.

Erhebliche Kritik richtet sich gegen die unveränderte Beibehaltung der Operationsgebiete für die EU-Operationen. Hauptauftrag bleibt damit offenbar bloße Grenzsicherung, und die vor Süditalien und Sizilien eingesetzten EU-Schiffe werden wohl weiterhin auf die wenigen Flüchtlingsboote warten, die es von Libyen bis dorthin schaffen. Wie die EU künftig auf Notrufe von oft ja schon unmittelbar vor der libyschen Küste sinkenden Flüchtlingsbooten reagieren will, bleibt vorerst offen. Wahrscheinlich wird man erst einmal weiterhin Italien mit seiner Marine und Küstenwache „den Vortritt lassen“ und ansonsten an die internationale zivile Handelsschifffahrt appellieren.

Ein Hauptziel der EU-Politiker ist die Zerschlagung der kriminellen Schlepperbanden. Schon am 21. April hatte der UN Sicherheitsrat zu international koordinierten (rechtlichen) Maßnahmen gegen die Schlepperbanden aufgerufen, aber völlig offen gelassen, was genau darunter zu verstehen sei und auch keinerlei Aktionen autorisiert.

Der EU-Gipfel ging einen Schritt weiter, sprach sich dafür aus, unter Nutzung von Geheimdienst-Informationen Schiffe und Boote der Schlepperbanden schon in libyschen Häfen und an der dortigen Küste zu identifizieren und „mit militärischen Mitteln“ zu zerstören. Frankreich will dazu in den kommenden Tagen einen Resolutionsentwurf in den UN Sicherheitsrat einbringen; die deutsche Regierung meint, es reiche ggf. auch eine Billigung der international anerkannten libyschen Regierung.

Wie eine UN-Resolution (so sie denn nicht am Veto Russlands und/oder Chinas scheitert) dann aber in die Praxis umgesetzt werden soll, ist völlig offen. Denkt man hier an Kommandounternehmen von See, Beschuss von See, oder gar „Boots on the Ground“? Will die EU dazu eine multinationale Sondertruppe aufstellen, und wenn ja, mit welchem Mandat und mit welchen „Rules of Engagement“? Man will „auf den Erfahrungen von Somalia aufbauen“, aber dort hat es bekanntlich Jahre gedauert, bis vom UN Sicherheitsrat mit Resolution Nr. 1851 schon im Dezember 2008 autorisierte Operationen auf somalischem Boden dann auch tatsächlich in die Realität umgesetzt wurde. Deutschland stellt sich nun zwar mit an die Spitze der Forderungen, aber gerade hierzulande dürfte eine Zerstörung von Booten in Libyen spätestens dann auf den Prüfstand kommen, wenn es dabei (unvermeidbare) „Kollateralschäden“ gibt oder harmlose örtliche Fischer im deutschen Fernsehen die Zerstörung ihrer Lebensgrundlage (Boote) beklagen.

Völlig zu übersehen scheint man, dass Migration über das Mittelmeer nicht nur von Libyen ausgeht. Von der Türkei bis Marokko machen sich überall Menschen auf die gefährliche Reise, und nicht nur in Libyen agieren Schlepperbanden mit offensichtlicher Immunität. Man darf durchaus in der ganzen Region ein tief gestaffeltes System von Korruption unterstellen, das bis in höchste politische Ebenen reicht. Bloße politische Absichtserklärungen werden hier wenig ändern.

Das Problem „Migration“ hat zahlreiche weitere auch nicht-maritime Aspekte, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll. Tatsache ist allerdings, dass neben erst mittel- oder gar langfristig wirkenden Maßnahmen zur Begrenzung der Migration sehr schnell praktikable Mittel und Wege gefunden müssen, die geeignet sind Menschenleben zu retten. Auch nach der Katastrophe vom 19. April werden täglich weitere Flüchtlingsboote im Mittelmeer angetroffen. Italien erwartet in der „Schönwetter-Periode“ der kommenden fünf Monate wöchentlich etwa 5.000 Menschen, rechnet bis zum Herbst mit einer Gesamtzahl von 200.000. Die nächste Katastrophe dürfte nicht lange auf sich warten lassen
(ganze Nachricht, da MF und nur kurz im Netz - noch mehr News auf der hp des MF und demnächst im neuen Heft)
Und das zeigt zumindest in Ansätzen, dass die EU - wie prognostiziert - mehr in die Pflicht genommen wird. Allerdings sind die Maßnahmen absolut unzureichend. Optimal wäre es, dafür zu sorgen, dass gar keine Flüchtlinge mehr den gefahrvollen Weg über das Mittelmeer auf sich nehmen müssen.
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