30.06.2014, 12:33
Zitat:Mit "potentiell feindlichen Kräften" kann man durchaus die Palästinenser verstehen...In Teilen vermutlich schon, wobei man aber hierbei die Art des Konfliktes berücksichtigen muss, welcher eine genaue Abgrenzung zwischen regulären Soldaten, Partisanen, "Fedayin" und Milizen sowie nur zivilen Unterstützern einer Fraktion X quasi kaum möglich machte und welcher sich zudem auf recht wirr verlaufende Grenzlinien konzentrierte. Die israelischen Streitkräfte selbst glichen 1948 nicht gerade einer Armee, es waren behelfsmäßig bewaffnete Milizen mit zusammengesuchten Waffen aus aller Herren Länder, die mit dem Rücken zur Wand gegen drei, vier arabische Staaten (wobei deren Armeen, von den britisch geschulten Jordaniern mal abgesehen, auch nicht gerade Paradebeispiele der Disziplin waren) sowie gegen diverse Gruppen arabischer Untergrundkämpfer standen.
In diesem Durcheinander war eine genaue, völker- und kriegsrechtlich relevante Abgrenzung zu Kombattanten etc. quasi kaum machbar. Trotz dieses Tohuwabohus indessen blieben die extremen Ausschreitungen gegenüber Zivilisten, die Massaker in den Dörfern wurden hier ja schon angesprochen, weswegen ich sie auch nicht wieder durchkaue, doch die Ausnahme. In einer derart aufgeheizten Stimmung und in einem solchen Chaos ist dies m. Mn. n. schon bemerkenswert, vor allem wenn man einmal andere (quasi innerarabische) Konflikte der Region als Vgl.-Bsp. heranzieht was den Umgang mit Zivilisten betrifft.
Zudem muss man bei der Vertreibung berücksichtigen, dass a) rund 60% der arabischen "Geflohenen" im Westjordanland oder in Gaza verblieben (also in heutige sowieso palästinensische Gebiete bzw. Teilgebiete flüchteten), b) zwischen 8-10% nach Israel flohen, weil sie keine Lust auf ihre eigenen Juntas und Potentaten mehr hatten, und nur c) ca. 30% wirklich ins nahe arabische Ausland gingen (und dort wurden die Palästinenser von ihren "arabischen Freunden" teils fürchterlich gegängelt). Zudem hätten die ins nahe Ausland gegangenen Araber in Israel bleiben können, man bot es ihnen sogar an, nur wollte man dies eben nicht, weil man "die Juden am liebsten ins Meer geworfen hätte", was aber eben nicht gelungen war.
Des weiteren gilt vllt. anzumerken (hatte ich hier auch schon einmal im Strange erwähnt), dass nicht nur Araber flohen oder vertrieben wurden, sondern auch mehrere hundertausend jüdische Flüchtlinge nach Israel kamen, weil sie vor dem Krieg flüchten mussten oder vertrieben wurden oder sich eine sicherere Bleibe im neuen Staat Israel erhofften. Und genauso wie die Juden teils Opfer von Vertreibungen wurden, wurden dies teils auch die Araber. Es war insofern die beidseitig wirkende Friktion dieses unübersichtlichen Krieges von 1948, wobei man allerdings dazu sagen muss, dass gemessen an der Zahl der Fliehenden und der involvierten Staaten die Anzahl der Exzesse doch relativ gering war. Es hilft also nicht wirklich weiter, wenn man beständig und nur auf geflohene arabische Zivilisten oder Übergriffe jüdischer Extremisten verweist, weil dies nicht hilft, den Gesamtkonflikt mit seinen Bruch- und Randlinien besser zu erfassen, allenfalls versteift man sich dann darauf, die Schuld einseitig und alleine bei den Israelis suchen zu wollen.
Schneemann.