19.06.2014, 12:37
Shahab3 schrieb:Die Iraker haben es auch nach dem Ende der Herrschaft des Saddam Clans nicht geschafft, den evolutionären Schritt von einer Stammes- in eine Staatskultur zu vollführen. Die amerikanische Strategie, die Stämme während der Besatzungszeit zu stärken und ihnen Geld, Waffen und Autorität in Konkurrenz zu Bagdad zu verschaffen war diesbezüglich fatal für die zukünftige Entwicklung des Landes.da möchte ich Dir nicht folgen. Ich habe den Eindruck, der "sunnitische Aufstand" hängt vielmehr damit zusammen, dass Maliki nach dem Abzug der Amerikaner alles getan hat, um die Sunniten zu schurigeln. Das ging schon mit dem Haftbefehl gegen maßgebliche politische Führer los. Man hat - aus der Distanz - fast den Eindruck, das sei ein manischer Zug von Maliki. Und wer damit eine der wichtigsten Bevölkerungsgruppen ausschließt, sie sozusagen zu Menschen "zweiter Klasse" macht, der darf sich nicht wundern, wenn sich diese Gruppe dagegen wehrt - mit den Mitteln, die ihr möglich sind.
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Zitat:Viele Iraker unterstützen sunnitische ExtremistenEs scheint, dass sich Maliki das Problem, das er nun hat, selbst geschaffen hat. Und die ursprüngliche Handlung der Amerikaner, die Sunniten einzubinden, hätte dieses Problem eben verhindert.
Das gemeinsame Ziel: Maliki muss weg
Stand: 19.06.2014 11:46 Uhr
Nicht die ISIS allein, sondern auch viele sunnitisch-arabische Gruppen im Irak versuchen, Regierungschef Maliki zu stürzen. Dafür ernten sie Zuspruch auch von vielen Irakern, die derzeit auf der Flucht sind.
Weiter zu Deinem Zitat:
Zitat: Man hat von Nationbuilding gesprochen, aber damit exakt das Gegenteil getan. Hinderlich sind im Irak grunsaätzlich einerseits die nach Autonomie strebenden Kurden, die nicht bereit sind ihre gewaltigen Öleinnahmen mit dem Rest des Landes zum Zwecke des gemeinsamen Wiedeaufbaus und Wohlstandes zu teilen. Noch sehr viel bedenklicher sind die sunnitischen Westprovinzen um Anbar, wo man als Staatsmacht offenbar nur sichtbar werden kann(!) und gewissen Einfluss (geschweige denn Kontrolle) ausüben kann, in dem man die Stammestrukturen entweder gewaltsam überzeugt und bestenfalls zerschlägt, oder indem man die Häuptlinge der Clans mit Geld überschüttet und sich damit abfindet, dass Regionalfürsten-Familien eine Region nach ihren Vorstellungen beherrschen.Mit dem Ergebnis stimme ich Dir zu. Ich möchte aber anmerken, dass es schon im osmanischen Reich eine Provinz "Irak" gab, deren Bevölkerung durchaus auch ein gemeinsames "Wir-"Gefühl (im Wesentlichen aber wohl gegen die osmanische Herrschaft gerichtet) einte.
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Die Zeichen mehren sich, dass der Irak als Kunststaat gescheitert ist und Bagdad die Kontrolle über den Rest des Landes vollständig verliert.
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Irak ist aus Bagdad heraus nicht zu regieren. Ein Zerfall des Landes ist absehbar und ein irakischer Staat wird das Jahr 2020 vermutlich nicht erleben.
Allerdings haben sich die einzelnen Gruppierungen trotzdem auch untereinander blutige Konflikte geliefert. Das hatte letztendlich dazu geführt, dass - nur für wenige Jahrzehnte bis zum Ende der osmanischen Herrschaft - diese Provinz in drei osmanischen Provinzen Bagdad, Mosul und Basra geteilt worden ist.
Die europäischen Kolonialmächte haben diese Teilung für den Irak wieder rückgängig gemacht. Und die heutige Situation kann wohl in historischen Dimensionen als ein Anknüpfen an diese letzten Jahrzehnte der osmanischen Herrschaft verstanden werden. Allerdings nicht mit den historisch osmanischen Provinzgrenzen, sondern tatsächlich entlang der "ethnisch-religiösen Bruchlinien".
Und das dürfte vor allem im Gebieten, die eine "gemischte Bevölkerung" haben, zu blutigen Auseinandersetzungen führen.