09.03.2014, 10:43
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Zitat:Die Lage auf der Krim bleibt volatil, unübersichtlich und ist von immer wieder neuen, oft auch widersprüchlichen Meldungen gekennzeichnet. Es gibt eine Vielzahl von teils auch ganz bewussten Falschmeldungen (aller Konfliktparteien), die - obwohl nicht verifizierbar - von vielen ausländischen Medien sofort begeistert aufgegriffen und verbreitet werden und so zu einem chaotischen Lagebild beitragen.
Bei fast stündlich neuen Meldungen bietet eine „Wochenschau“ keine geeignete Plattform, die Entwicklung sinnvoll - und sachlich richtig - darzustellen. An dieser Stelle beschränken wir uns daher auf einige grundsätzliche Anmerkungen, die es dem Leser vielleicht erleichtern, in der Fülle der Nachrichten einzelne Meldungen besser einzuordnen.
Parallel dazu werden wir uns bemühen, aktuelle Nachrichten (vorrangig mit maritimer Dimension) in unserer Internet-Rubrik „Daily News“ darzustellen.
Die russische Schwarzmeerflotte spielt beim Konflikt in der Ukraine eine zentrale Rolle. Immerhin handelt es sich bei ihr um die einzigen russischen Streitkräfte, die ein vertraglich besiegeltes Recht zur Präsenz (bis 2042) in der Ukraine haben. Für Russland ist in der auf die „Strategische Richtung Süd“ (Mittelmeer, Nah-/Mittelost) zielenden Machtpolitik ihr Verbleib auf der Krim zurzeit unverzichtbar. Die Alternative Novorossiysk wird erst in einigen Jahren voll bezugsfähig, dürfte aber auch dann nicht allen heutigen und/oder geplanten schwimmenden Einheiten ausreichend Platz bieten. Zur Schwarzmeerflotte gehören auf der Krim nicht nur die Stützpunktanlagen in Sewastopol, sondern auch weitere Standorte und Liegenschaften u.a. für Marineinfanterie, Führung & Logistik, sowie die Flugplätze Gwardeskoje (nördlich der Krimhauptstadt Simferopol) und Katscha (an der Küste nördlich Sewastopol).
Schiffe der russischen Schwarzmeerflotte (Foto: wikipedia)
Russland versuchte zunächst noch den Anschein zu erwecken, es wolle lediglich den Status quo wahren, Stützpunkte, Anlagen, Liegenschaften und Personal (Familien der Soldaten) auf der Krim schützen, die Schwarzmeerflotte ansonsten aber möglichst aus dem Konflikt heraus halten. Dies hat sich inzwischen signifikant geändert. Die russische Verfassung bietet die Option für den Einsatz von Streitkräften „zum „Schutz russischer Bürger im Nahen Ausland“ (gemeint sind hier frühere Sowjetrepubliken, heute unabhängige Staaten). Diese Option hat Präsident Putin am 1. März durch den Föderationsrat aktivieren lassen, obwohl es bis heute keine (!) Berichte über irgendwelche reale Bedrohungen oder gar Übergriffe auf russische Bürger auf der Krim gab oder gibt.
Die danach folgenden Truppenverlegungen gingen und gehen weit über bloße Sicherheitsmaßnahmen hinaus. Aus dem zunächst erklärten bloßen „Selbstschutz der Schwarzmeerflotte“ ist eine militärische Intervention geworden, die ganz offensichtlich das Ziel verfolgt, die gesamte Krim und unter (pro-)russische Kontrolle zu bringen und die dort stationierten ukrainischen Streitkräfte zu neutralisieren (wo möglich auf die russische Seite zu bringen). Russische Soldaten sind daran nach offizieller Darstellung nicht beteiligt; Bilder russischer Schützenpanzer und Operationen von Schiffen und Booten der Schwarzmeerflotte entlarven dies als klare Lüge – es sei denn, Russland hätte Schiffe und Schützenpanzer den von ihm „nicht kontrollierbaren Milizen“ überlassen.
Nach den Vorgängen der letzten Wochen ist selbst bei einer politischen Lösung der aktuellen Krise eine Zustimmung der Ukraine zu einer weiteren Stationierung der Schwarzmeerflotte auf der Krim wenig wahrscheinlich. Um seinen militärischen Verbleib auf der Krim zu sichern, unterstützt Moskau denn auch bereits offen die selbsternannte pro-russische „Regierung“ der Krim, die mit einem schon für den 16. März geplanten Referendum den „Anschluss“ der Krim an Russland anstrebt. Pro-russische Milizen werden eine überwältigende Mehrheit garantieren. Die Krise dürfte das Referendum aber kaum beenden.
Präsident Putin wird in einer „Kosten/Nutzen Analyse“ die Prioritäten seines weiteren Vorgehens sorgfältig abwägen müssen, und die internationale Gemeinschaft (vorranging USA und EU) wird sich bemühen, die für Russland entstehenden wirtschaftlichen und politischen „Kosten“ möglichst hoch zu schrauben. Klar ist dabei, dass Sanktionen in beide Richtungen wirken, und die Aussicht auf eigene negative Folgen wird die Entschlusskraft in den USA und EU-Staaten deutlich dämpfen. Ein direktes militärisches Eingreifen dritter Staaten ist derzeit wenig wahrscheinlich. Der UN Sicherheitsrat wird mit russischer und chinesischer Blockade (wie beim Syrien-Bürgerkrieg) bei der Konfliktlösung praktisch keine Rolle spielen können.
Eine der zahlreichen Meldungen soll an dieser Stelle nun doch Eingang in die „Wochenschau“ finden: zum einen ist sie verifiziert, zum anderen aber auch nicht so bald schon wieder überholt.
Am 6. März versenkten pro-russische Kräfte den früheren FK-Kreuzer OCHAKOV der russischen Schwarzmeerflotte in der engen Einfahrt zum Donuzlaw See - eine „Förde“ an der Westküste der Krim, in der sich u.a. auch ein kleiner Stützpunkt der ukrainischen Marine befindet.
Das nach der gleichnamigen ukrainischen Stadt benannte 8.000-ts-Schiff der KARA-Klasse (Bj. 1973) war nach Aufgabe einer Modernisierungsplanung vor einigen Jahren ausgemustert worden und wartete in einer Werft bei Sewastopol auf seine Verschrottung. „Pro-russische Kräfte“ schleppten den alten Kreuzer in die Einfahrt zum Donuzlaw See, wo er mit gezielten Sprengungen versenkt wurde. Die 175m lange OCHAKOV versperrt nun komplett das hier nur knapp 200m breite Fahrwasser. Einheiten der Schwarzmeerflotte, die bis dahin die wenigen Schiffe der ukrainischen Marine in der Förde blockiert hatten, zogen nach der Versenkung des Kreuzers denn auch ab.
versenkter Kreuzer OCHAKOV (Foto: ukr. VtdgMin)
Auch diese Aktion wurde nach offizieller russischer Darstellung natürlich allein von pro-russischen Milizen und ohne jede Hilfe russischer Streitkräfte durchgeführt. Man mag es glauben oder nicht. Fest steht, dass die Versenkung der OCHAKOV einer vielleicht schon in wenigen Wochen „unabhängigen“ (russischen) Krim noch Kopfzerbrechen bereiten wird, denn die Beseitigung dieser doch sehr nachhaltigen Sperrung wird lange dauern und Millionen (dann Rubel) kosten.