05.12.2013, 22:00
Zitat:Eine gefährliche Entwicklung die langfristig immer mehr Einfluss auf Israel als Ganzes nehmen wird. Die Frage ist wie viele Ultraorthodoxe Israels Wirtschafts- und Politsystem im aktuellen Rahmen vertragen wird. Meiner Meinung nach stellen sich hier existenzielle Fragen für die Zukunft des Landes bzw. seiner zukünftigen Form.Naja, sagen wir so: Der Konflikt zwischen den Ultraorthodoxen und den Säkularen selbst ist m. Mn. n. nicht besorgniserregend. Und ob die Prognosen bis 2059 wirklich so eintreten werden, wage ich anzuzweifeln. Die Tendenzen in Israel gehen derweilen immer mehr dazu über, auch die Ultraorthodoxen mit einzubinden in die Alltagssorgen und -probleme des Landes, d. h. ihr Status des über "allem anderen Erhabenen" bröckelt nach und nach und immer mehr (s. Debatte über den Wehrdienst). Nur bekommen wir dies hier bei uns kaum mit, bzw. die Medien melden eben nur solche drastischen Konfliktlagen wie eben in Beit Schemesch. Das sind aber Momentaufnahmen und sie sind nicht stellvertretend für das ganze Land. Wenn man durch Jerusalem oder Tel Aviv schlendert, so sieht man eher selten Ultraorthodoxe. Da sieht man in der Innenstadt von Zürich mehr.
Was indessen wirklich zum Problem werden wird, sind die Spannungen im sozialen Bereich, im Mietwesen und im Wohnungsnot-Umfeld. Zumindest schätze ich dies so ein. Man muss dazu sagen (als Bsp.): Ein gut ausgebildeter Fachmann, Bauingenieur oder Elektroingenieur etwa, verdient in Israel grob genauso viel wie in Deutschland, im Durchschnitt jedoch sind die Löhne niedriger als bei uns (grob etwa 25% pro Branche im Durchschnitt, umgerechnet auf Euro). Viele halten sich in Israel mit Sicherheits-, zweitklassigen Dienstleistungs-, Gastro- oder Nebenjobs über Wasser, die aber extrem mies bezahlt sind, deutlich mieser als bei uns. Dazu kommt, dass indessen die Wohnungs- und Mietpreise ca. um 20 bis 40% über dem deutschen Niveau liegen (!), je nach Gebiet. D. h. - und wir in Deutschland regen uns ja schon über die teils unverschämten Mietpreise in unseren Städten auf -, dass man für eine Wohnung, für die man in Deutschland in einer Stadt z. B. 600 Euro zahlen muss, in Israel grob und umgerechnet 750 bis 900 Euro zahlen muss (bzw. teils mehr) und dies, obgleich man im Vgl. zum Durchschnitt in Deutschland deutlich weniger verdient.
Diese enormen Spannungen haben auch zu den Mietpreis- und Sozialprotesten von vor einigen Monaten geführt. Die Regierung versucht dieses Problem mit billig zu bauendem Wohnraum (teils in den besetzten Gebieten) zu kompensieren - was natürlich wieder internationalen Protest nach sich zieht und den politischen (und innenpolitischen) Druck zudem wiederum erhöht. Und dies wird m. Mn. n. noch zu einer gesellschafts- und sozialpolitischen Zerreißprobe in Israel führen, nicht der Zoff zwischen Ultraorthodoxen und Säkularen.
Schneemann.