Usa vs. Syrien
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.marineforum.info/html/body_wochenschau.html">http://www.marineforum.info/html/body_wochenschau.html</a><!-- m -->
Zitat: Mit dem Abzug der UN-Chemiewaffen-Inspektoren aus Syrien (am 31. August) hat sich das Zeitfenster für einen militärischen Schlag der USA gegen Syrien geöffnet.

Dennoch ist ein Angriff nicht unmittelbar zu erwarten. US-Präsident Obama will sich die (nach US Gesetzeslage nicht benötigte) Unterstützung des Kongresses sichern; dieser soll sich erst am 9. September mit dem Thema befassen. Die USA sind nicht nur überzeugt, dass ein Einsatz von chemischen Waffen erfolgt ist, sondern haben nach Auswertung von Geheimdienstinformationen (offenbar abgehörte Kommunikation) “nicht den Hauch eines Zweifels“ an einer Verantwortung des Assad-Regimes. Für ein Warten auf den Bericht der UN-Inspektoren (in etwa drei Wochen) sieht man in Washington keinerlei Veranlassung. Ohnehin sollen die UN-Inspektoren nur klären, ob ein C-Waffeneinsatz erfolgt ist; die Klärung der Schuldfrage gehört nicht zu ihrem Mandat. Der UN Sicherheitsrat hat sich mit der andauernden Blockade durch die Veto-Mächte Russland und China als Plattform für die Suche nach einer Lösung des Konfliktes weitgehend eliminiert.

US NAVY
Für eine begrenzte militärische Aktion („Targeted Strike“) gegen Syrien hat die US Navy im Mittelmeer fünf Zerstörer der ARLEIGH BURKE-Klasse disloziert. BARRY, MAHAN, RAMAGE, GRAVELEY und STOUT sollen jeweils bis zu etwa 40 Marschflugkörper Tomahawk an Bord mitführen.

Mögliche Ziele wären Führungszentren (Command & Control) der syrischen Streitkräfte sowie Militärflugplätze (Schwächung der syrischen Luftwaffe). Einige Medien spekulieren auch über Beschuss syrischer C-Waffenlager, aber dies ist angesichts wenig kalkulierbarer Auswirkungen auf die Umgebung (mögliche Freisetzung von Kampfstoffen) kaum wahrscheinlich.

Zum eigentlichen Angriff werden sich die derzeit im östlichen Mittelmeer operierenden Zerstörer weitab der syrischen Küste positionieren. Bei der mit bis zu 300 km angegebenen Reichweite syrischer Yakhont Küsten-FK dürfte ein Abschuss von Tomahawk wahrscheinlich aus Positionen westlich von Zypern erfolgen.

Zu weiteren im Mittelmeer operierenden Kräften der US Navy (U-Boote, FK-Kreuzer) gibt es keine Informationen. Bekannt wurde nur, dass das Docklandungsschiff SAN ANTONIO kurzfristig aus dem Golf von Aden abgezogen und ins östliche Mittelmeer beordert wurde (...). Die SAN ANTONIO hat am 28. August den Suezkanal nordlaufend passiert. Welche Rolle sie in der aktuellen Krise spielen soll, ist unklar. Von einem Landeinsatz der eingeschifften etwa 300 Marine ist sicher nicht auszugehen. Möglich ist, dass die Verlegung des Docklandungsschiffes auch primär in Zusammenhang mit der Lageentwicklung in Ägypten steht. In diesem Fall könnte das Schiff für mögliche Evakuierungsoperationen, oder die Marines zur Sicherung von US-Einrichtungen in Ägypten bereitgehalten werden.

FRANZÖSISCHE MARINE
Frankreich wird einen US-Schlag unterstützen. Das Parlament wird zwar erst „in der kommenden Woche“ darüber debattieren, aber der Präsident kann eine militärische Operation auch ohne Parlamentszustimmung anordnen. Am 29. August lief der Zerstörer CHEVALIER PAUL mit Ostkurs aus Toulon aus. Das Schiff der HORIZON-Klasse ist für Flugabwehr und weiträumige Luftraumverteidigung optimiert und auch hervorragend zur Luftlagebilderstellung geeignet. Marschflugkörper hat die CHEVALIER PAUL nicht an Bord. Der Flugzeugträger CHARLES DE GAULLE liegt noch im Hafen von Toulon. Das Schiff sei „voll einsatzbereit“ und könne mit den anderen Einheiten seiner Einsatzgruppe „binnen 48 Stunden auslaufen“.

BRITISCHE ROYAL NAVY
Die britische Royal Navy wird sich nach der ablehnenden Parlamentsentscheidung nicht an einer militärischen Operation gegen Syrien beteiligen. Zwar operiert die Royal Navy Response Force Task Group (mit u.a. Hubschrauberträger ILLUSTRIOUS, Docklandungsschiff BULWARK und zwei Fregatten) derzeit im Mittelmeer, führt in der Adria die amphibische Übung „Albanian Lion“ durch, wird sich aber vom östlichen Mittelmeer fernhalten. In der Region befindet sich offenbar auch ein mit Marschflugkörpern Tomahawk bewaffnetes U-Boot der TRAFALGAR-Klasse, das sich nun aber bestenfalls auf eine beobachtende Rolle beschränken wird, vielleicht sogar demonstrativ abgezogen wird.

RUSSISCHE MARINE
Besondere Aufmerksamkeit widmen die internationalen wie regionalen Medien der russischen Marine. Zu ihr finden sich zahlreiche, teils widersprüchliche, teils auch abwegige Meldungen; wie im Nahen Osten nicht anders zu erwarten, „blüht die Gerüchteküche“. Eine sorgfältige Auswertung der Meldungen ergibt folgendes Lagebild:

Für die Einheiten des „Mittelmeergeschwaders“ (MedSqn) und Teile der Schwarzmeerflotte gilt offenbar eine erhöhte Alarmbereitschaft. Darüber hinaus gehende Maßnahmen wie eine kurzfristige, unmittelbar auf den erwarteten US-Schlag bezogene Verlegung zusätzlicher Einheiten ins Mittelmeer sind bisher aber nicht erkennbar. In offiziellen Erklärungen schließt man zwar nicht aus, bei entsprechender Entwicklung weitere Einheiten oder gar U-Boote (Nordflotte) zu entsenden, beschränkt sich ansonsten aber erst einmal auf ohnehin vorgesehene Ablösungen und schon langfristig geplante Verlegungen.

So soll (vielleicht noch an diesem Wochenende) der UDALOY-Zerstörer ADMIRAL PANTELEYEV aus dem Schwarzmeer ins östliche Mittelmeer verlegen. Das zur Pazifikflotte gehörende Kampfschiff war bereits von Mitte Mai bis Ende Juni Teil der MedSqn und hat die letzten zwei Monate zu einer Instandsetzungsphase in Novorossiysk verbracht. Die angekündigte nunmehrige Rückkehr zur MedSqn kommt also nicht unerwartet.

Tatsächlich ist sie laut offizieller Presseerklärung der russischen Marine sogar Teil einer länger geplanten, routinemäßigen Rotation von Kräften. So sollen zusammen mit der ADMIRAL PANTELEYEV die Landungsschiffe MINSK (schon seit dem 11. August im Mittelmeer) und NOVOCHERKASSK in den kommenden Wochen den Kern des Einsatzverbandes bilden, während die derzeit eingesetzte Fregatte NEUSTRASHIMIY sowie die Landungsschiffe ALEXANDER SHABALIN, ADMIRAL NEVELSKOJ und PERESVET ihrerseits zu einer Ruhe- und Wartungsphase nach Novorossiysk ins Schwarzmeer ablaufen. Die Ablösung ist für die kommende Woche (1.-7. September) angekündigt, aber natürlich ist nicht auszuschließen, dass alle Einheiten vorübergehend gemeinsam operieren; dies wäre dann in der Tat eine deutliche Verstärkung der MedSqn, die außer bloßer demonstrativer Präsenz aber kaum reale operativen Aufgaben (z.B. zur Be-/Verhinderung des erwarteten US-Angriffes) haben dürfte.

Russischen Medien zufolge stehen die Landungsschiffe für Evakuierungsoperationen bereit, aber in Syrien sollen sich nur noch wenige russische Bürger befinden. Der logistische Abstützpunkt der russischen Marine in Tartus ist ohnehin bereits „abmarschbereit“. Alles noch dort befindliche Personal ist seit spätestens dem 28. August an Bord des Werkstattschiffes AMUR PM-138, das am 29. August auch bereits aus Tartus auslief, aber noch nicht den Rückmarsch nach Sevastopol angetreten haben soll. Die russische Marine spricht von einem „zeitweiligen In-See-Gehen“; das Schiff solle nach Tartus zurückkehren. Wahrscheinlich wartet man jetzt vor der Küste (gesichert durch das „Mittelmeergeschwader“) erst einmal die weitere Entwicklung ab; möglicherweise sollte aber auch nur die Bereitschaft und Fähigkeit zu kurzfristigem, eigenständigem Auslaufen in der Praxis erprobt werden.

Einige Medien melden die geplante Verlegung der FK-Kreuzer MOSKVA und VARYAG ins östliche Mittelmeer, und erwecken dabei den Eindruck, dass die Großkampfschiffe in unmittelbarer Reaktion auf den erwarteten US-Angriff schon in wenigen Tagen vor der syrischen Küste Stellung beziehen. Dies ist für beide Schiffe abwegig.

Die MOSKVA führt gemeinsam mit dem Nordflottenzerstörer VIZEADMIRAL KULAKOV eine Reise nach Zentralamerika durch und hat erst am 29. August einen Besuch in Venezuela beendet. Selbst bei zügigster Verlegung über den Atlantik und durch das Mittelmeer (und Streichung außenpolitisch bedeutender, fest geplanter Besuche in Spanien und Portugal) könnte sie frühestens Mitte September vor Syrien eintreffen. Allerdings waren MOSKVA und auch VIZEADMIRAL KULAKOV unmittelbar vor ihrer aktuellen Atlantikreise bereits Teil der MedSqn, und sie sollen sich - in langfristiger Planung - auch nach ihrer Rückkehr vorübergehend wieder dem Verband anschließen. Das Ministerium spricht denn inzwischen auch von einer „planmäßigen Rotation von Kräften im Herbst“.

Die VARYAG ist noch weiter vom Mittelmeer entfernt. Das Flaggschiff der Pazifikflotte befand sich am 30. August noch im Stützpunkt Petropawlowsk-Kamtschatski (Halbinsel Kamtschatka), wo es in den kommenden Tagen eine lange geplante Reise beginnen soll. Auf dem Programm stehen u.a. Teilnahme am „International Fleet Review“ der Australischen Marine (Sydney, 3.-11. Oktober) und ein Besuch in Vietnam. Danach soll das Schiff dann offenbar tatsächlich in Richtung Mittelmeer verlegen und dort als nächster Beitrag der Pazifikflotte den Zerstörer ADMIRAL PANTELEYEV in der MedSqn ablösen. Dies wird vermutlich Ende Oktober/Anfang November erfolgen, aber selbst bei Absage aller Besuche könnte die VARYAG frühestens Ende September vor der syrischen Küste eintreffen.

„Wahrscheinlich im Dezember“ soll sich schließlich der Flugzeugträger ADMIRAL KUZNETSOV bei der Nordflotte auf den Weg zu einer mehrmonatigen Reise ins Mittelmeer machen. Dabei - so die russische Marine - sei auch ein Besuch in Syrien ins Auge gefasst. Auch dieses Vorhaben ist langfristig geplant (wurde von Marinebefehlshaber Adm Chirkov auch bereits am 1. Juni offiziell angekündigt) und steht in keinerlei Zusammenhang mit der aktuellen Entwicklung. Die russische Marine hofft vielmehr sogar, dass „die aktuelle Entwicklung der geplanten Reise nicht im Wege steht“. Dessen ungeachtet kann man davon ausgehen, dass einschlägige Medien (vor allem im Nahen Osten) die Verlegung des Flugzeugträgers sofort als russische Krisenintervention darstellen werden - und die ADMIRAL KUZNETSOV schon in der kommenden Woche vor der syrischen Küste erwarten.

ANDERE MARINEN
Zu anderen Marinen im östlichen Mittelmeer finden sich in Medien noch keine Informationen. Man kann aber davon ausgehen, dass für die griechische und türkische, vor allem aber auch die israelische Marine eine erhöhte Einsatzbereitschaft angeordnet ist. Auch die vor der libanesischen Küste operierende UNIFIL Maritime Task Force dürfte die Lageentwicklung sehr aufmerksam beobachten und vorbereitet sein, kurzfristig „Abstand zu nehmen“.
(noch mehr news auf der hp des MF und im neuen, druckfrischen Heft)
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema

Gehe zu: