Israel vs. Syrien

[Erich]

das Marineforum fasst mal die diversen Spekulationen zusammen - aus maritimer Sicht:
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Bereits am 5. Juli soll sich eine Serie schwerer Explosionen in einem Marinedepot beim syrischen Marinestützpunktes Latakia ereignet haben.

Mit einigen Tagen Verspätung mehrten sich dann Medienmeldungen über einen vermuteten israelischen Angriff. Ziel seien vor einiger Zeit aus Russland gelieferte und angeblich dort gelagerte moderne Seeziel-Flugkörper gewesen. 2007 hatte Syrien in Russland moderne Küsten-FK Systeme „Bastion“ bestellt. Bastion nutzt Flugkörper SSC-5, eine Variante des überschallschnellen Seeziel-FK P-800 Onyx 355M (auch bekannt unter dem Namen Yakhont bzw. dem NATO-Code SS-N-26). Die Reichweite dieser FK wird mit bis zu 300 km angegeben; sie legen dabei in etwa fünf Meter Flughöhe 750 m pro Sekunde zurück (Mach 2,5) und verfügen über einen Suchkopf, der im Zielanflug weitgehend passiv bleibt und auch durch elektronische Abwehrmaßnahmen nur schwer störbar sein soll.

Auch wenn ein Einsatz über die maximale Distanz natürlich die Fähigkeit erfordert, so weit entfernte Ziele überhaupt zu orten, eindeutig zu identifizieren und die Zielzuweisungsdaten in das System einzuspeisen: mit dem Erwerb der russischen Systeme verfügt Syrien über ein effektives Abwehrmittel gegen Angriffe von See. Für Israel kritischer wäre es aber, wenn die modernen Flugkörper in die Hände der radikal-islamischen libanesischen Hisbollah gelangen. Nicht nur vor der Küste operierende israelische Kriegsschiffe wären dann akut bedroht, sondern vor allem auch die neuen, für Israel strategisch wichtigen Gasförderanlagen im Östlichen Mittelmeer; sie wären als stationäre Ziele relativ „leichte Beute“ für die Hisbollah.

Nicht von ungefähr betont der israelische Ministerpräsident Netanyahu immer wieder, Israel werde „mit allen Mitteln verhindern, dass moderne, leistungsfähige Waffensysteme aus Syrien in die Hände der Hisbollah gelangen“. Mehrere bereits gegen Landanlagen und Transporte in Syrien durchgeführte Präventivangriffe unterstreichen die Bereitschaft dazu, und so spricht durchaus einiges dafür, dass die in Latakia gemeldeten Explosionen tatsächlich auf einen israelischen Angriff zurückgehen. Während Israel selbst wie üblich keinerlei Kommentar abgibt, zirkulieren in regionalen Medien zahlreiche Gerüchte (mit ortsüblichen Übertreibungen) zu dessen möglichem Ablauf. Meist ist die Rede von einem Angriff israelischer Jagdbomber, die allerdings niemand gesehen oder gehört haben will. Sie seien von See her angeflogen, seien - so eine der Darstellungen - zur Verschleierung sogar von einem türkischen Luftwaffenstützpunkt gestartet.

Eine britische Tageszeitung macht sich Gerüchte über den Einsatz eines israelischen U-Bootes der DOLPHIN-Klasse zu Eigen. Dieses hätte sich unentdeckt dem syrischen Marinestützpunkt genähert und das Lagergebäude dann „mit einem Marschflugkörper“ zerstört. Ein solcher Ablauf wäre allerdings sehr ungewöhnlich. DOLPHIN können zwar Flugkörper Sub-Harpoon schießen, und diese sind mit GPS-Steuerung auch landzielfähig. Sub-Harpoon werden in der Regel aber nicht über kurze Entfernungen eingesetzt, und ein Einsatz aus großer Entfernung wäre bei der Verfügbarkeit anderer, besserer Optionen (Luftwaffe) wenig wahrscheinlich.

Bei vergleichbaren Operationen in früheren Kriegen setzte die israelische Marine immer auf Flugkörper Gabriel, die vom schießenden Fahrzeug aus mit TV-Kamera präzise in ein bestimmtes Gebäude gesteuert wurden. Nach derzeitigem Informationsstand ist Gabriel ausschließlich Einsatzmittel für Überwassereinheiten wie FK-Korvetten; es gibt auch eine luftgestützte Variante, aber über eine „Sub-Gabriel“ ist bisher nichts bekannt. Wenn israelische U-Boote früher bei Operationen gegen Landziele eingesetzt wurden, dann nicht direktem Beschuss, sondern im Rahmen eines verdeckten Einsatzes von Kampfschwimmern.

So bleiben für die Explosionen in Latakia - so sie denn tatsächlich auf einen israelischen Angriff und nicht auf Aktionen syrischer Rebellen oder gar einen bloßen Unglücksfall zurückzuführen sind – drei aus operativer-/taktischer Sicht wahrscheinliche Optionen: Einsatz eines U-Bootes zur Durchführung einer Sabotageaktion durch Kampfschwimmer (die zum Zeitpunkt der Explosionen schon wieder an Bord zurückgekehrt waren), Einsatz einer FK-Korvette mit Schuss eines oder mehrerer Gabriel (ungeachtet starker Präsenz internationaler Seestreitkräfte), oder aber ein Präzisionsangriff der israelischen Luftwaffe. Aber natürlich wäre auch nicht völlig auszuschließen, dass die israelische Marine mit einem FK-Einsatz durch ein U-Boot DOLPHIN ein neues Angriffsverfahren oder Waffensystem “in der Praxis erprobt” hat.