Ötzi - oder: Kriege schon in der Frühzeit?
#15
Ambassador:

Auch kriegerische Kannibalen auf Papua-NeuGuinea haben eine Kultur. Meine Äußerungen sind im weiteren völlig wertfrei, mir geht es nicht um Ethik oder Moral, sondern um die Frage, wie die jeweiligen Kulturen mit Gewalt und Krieg umgingen. Das hat mit Kunst, Musik, familiärer Wärme usw rein gar nichts zu tun.

Man kann ohne ernsthaften Grund einen anderen Menschen mit dem Schwert in Stücke hacken und Töten, und dann im Kreise der Familie Gemütlich die Gemeinsamkeit genießen und sich dabei an einer kunstvollen Holzschnitzerei versuchen.

Gerade darum geht es mir, dass die Frage wie man zu Gewalt steht rein kulturell bestimmt ist.

Zitat:Das leben aller Völker und auch das der Wikinger oder Germanden bestand eben nicht Nur aus Gewalt, Rohstoffgier und ihrer Götterwelt. Es war also in meinen Augen nicht der emotionale, gedankliche und kulturelle Normalzustand...die legitimation jeglicher Gewalt konnten Herrscher schon immer irgendwie begründen.

Gerade weil des der emotionale, gedankliche und kulturelle Normalzustand war, bedurfte es eben keiner Legitimation. Du scheinst wie viele aufgrund deiner kulturellen Prägung nicht zu verstehen, dass andere Kulturen gar keine Legitimation für Gewalt benötigen. Gewalt wird einfach ausgeübt, sie muß nicht gerechtfertigt werden.

Ob Gewalt einer Legitimation bedarf, hängt eben massiv von der Kultur ab. Und schließt sich mit Kunst, Musik, und anderen friedlichen Kulturinhalten nicht aus. Beides kann harmonisch koexistieren, wenn die Kultur entsprechend ist.

Gewalt, Töten und Krieg sind normal, wenn eine Kultur sie als normal definiert. Dann empfinden die Angehörigen dieser Kultur diese Dinge als normal.

Aber mal ein praktisches Beispiel um diese Dinge zu verdeutlichen:

1 Heidnische Skandinavier:

Im Kampf zu sterben, war eines der höchsten Ziele der Kultur selbst. Die ganzen Sagen und Legenden drehen sich um Tod und Töten, und dies frei von jeder Moral oder Ethischen Einschränkung. Ein Kind von 5 Jahren will mit älteren Kindern spielen, aber die wollen nicht mit ihm spielen weil er noch nie Blut vergossen habe. Darauf hin geht das Kind nach Hause und nimmt ein Messer und sticht es einem Pferd in den Bauch. Ein Siebenjähriger wird von einem Elfjährigen im Ringen besiegt, darauf hin holt er eine Axt und spaltet seinem Gegner den Schädel. Ein Zwölfjähriger wird von seinem Vater gerügt dass er im Kampf mit anderen Kindern keinen Mut zeige, darauf hin tötet der Zwölfjährige den erwachsenen Verwalter seines Vaters den dieser sehr schätzt. Ein Junger Mann kauft ein Schwert von einem bekannten Schwertschmied wofür er alle Ersparnisse hingibt, und begeistert von der Waffe reitet er heim und schlägt einigen seiner Sklaven den Kopf ab um sein Schwert zu erproben. Ein Mann äußert sich verächtlich über die Bartlosigkeit des Vaters, darauf hin wird er samt seiner gesamten Familie von den Söhnen des Vaters abgeschlachtet. Ein Isländer wird auf einem Schiff mit einem Kochlöffel geschlagen. Die Folge ist eine über jahre hinweg gehende Mordorgie die zur völligen Ausrottung der Familie des Mannes führt, der den Kochlöffel geschwungen hat.

Das sind alles keine Überlieferungen von Christen oder Feinden dieser Völker, sondern die eigenen Überlieferungen und rein Interne Gewalttaten. Im Kern tritt hier eine Welt hervor, in der Moral in unserem Sinne nicht existierte. Es gab keine Verhältnismäßigkeit, und menschliches Leben hatte keinen Wert.

2 Christliches Byzanz zur gleichen Zeit:

Dort schrieb der Kaiser selbst, dass Krieg das größte Übel sei das existiere. Die Byzantiner versuchten mit Bestechung, Diplomatie und Tributzahlungen Kriege zu vermeiden. Kriegerische Heldentaten waren insgesamt nicht hoch angesehen, der Status eines Soldaten gesellschaftlich nicht hoch anerkannt. Veteranen gingen zur Sühne ihrer Sünden im Krieg nach dem Ausscheiden aus dem Militärdienst sehr oft ins Kloster und wurden Mönche. Anna Komnena rühmte in ihren Schriften ihren Vater, dass dieser unter allen Umständen immer versucht habe, den krieg von den Menschen abzuwenden.

Mord und Totschlag wie in Skandinavien an der Tagesordnung, waren unüblich, gesetzlich verboten und wurden durch die Sicherheitsorgane des Byzantinischen Staates streng verfolgt. Auf Mord stand die Todesstrafe, die aber sehr oft in Bergwerkarbeit oder Blendung und Einweisung in ein Kloster umgewandelt wurde. Es gab Gerichte, Polizeiähnliche Einheiten, Recht und Ordnung wurden aufrecht erhalten.

Krieg und Gewalt wurden negativ betrachtet, selbst feindliche Zivilbevölkerung mit Ausnahmen geschont.

Natürlich gab es auch in Byzanz kriegerische Herrscher, Massaker usw, aber sie wurden insgesamt abgelehnt, und bedurften immer eine besonderen Legitimation. Beispielsweise benutzte der Kaiser Heraklius in seinen Kriegszügen gegen die Perser das Christentum und die Orthodoxe Kirche um seine Kriegstaten zu legitimieren. Er hatte anfangs erhebliche Mühe, sein Volk und seine Soldaten überhaupt zum Kampf zu motivieren. Die Friedensobsession der Byzantiner führte dann sogar zu Abrüstung und Vernachlässigung der Truppen, und dadurch direkt zur Niederlage von Mantzikert, die den Untergang dieses Reiches einläutete.

Zusammenfassung:

Die Unterschiede in der Kulturellen Einstellung zu Gewalt und Krieg zwischen heidnischen Skandinaviern und dem christlichen Byzanz sind immens groß und eindeutig. Während die eine Kultur Gewalt und Krieg als Normal- und Alltagszustand ansah, wurden die gleichen Dinge in der anderen Kultur kritisch gesehen und gemeinhin abgelehnt bis dahin, dass diese Ablehung zu einer Gefahr für das Staatswesen wurde.

Wie und warum Menschen also Gewalt ausüben und Töten, hängt nur von der Kulturellen Einordnung dieser Vorgänge ab und hat desweiteren nichts mit anderen friedlichen Kulturinhalten wie Musik, Dichtung usw zu tun. Die nordische Dichtung steht beispielsweise der byzantinischen in keiner Weise nach, beide Kulturen waren hier hochentwickelt. Aber ob man Tötet oder Gewalt gut oder schlecht findet, hat damit eben rein gar nichts zu tun.
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