Ägypten
Danke Schneemann, dass du deinen Denkfehler (de facto ist es schlicht eine arg begrenzte Argumentsprämisse) für allle ersichtlich machst. Eigentlich müsstest du die Begrenztheit deines Arguments selber gemerkt haben, als du dein Argument formuliert hast.
Was spricht bitte schön dafür, das Schicksal einer Nation aus einer arg kurzfristigen Perspektive eines der Nachbarn ultimativ zu entscheiden? So nach dem Motto: Die kurzfristige und überdies auch sehr, sehr egoistisch-paranoide meinung von Nachbar A entscheidet, wie das Schicksal aller anderen Anwohner der Straße aussieht. Schneemann, das ist kein Rezept für Stabilität, weder für den angeblich so von dir privilegierten Nachbar A (hier Israel), noch für die ganze Straße.
Es ist schlicht in mehreren Dimensionen und Belangen zu kurz gedacht.

Deine Position ist normativ die gerade archetypische Manifestation der westlichen Doppelmoral und des heuchlerischen Westler:
Du ordnest das Schicksal eines Volkes, sein Recht auf Freiheit usw. nicht nur pauschal der Souveränität und der Sicherheitswahrnehmung (ja, Wahrnehmung!!!) eines anderen Volkes unter. Das allein ist selektiv und problematisch. Noch schlimmer wird es, wenn man in die ägyptische Binnenperspetive geht. Da plädierst du letztlich für Kollektiv- und Sippenhaft des ägyptischen Volkes: Weil bestimmte Teile der ägyptischen Opposition und der Bevölkerung von gemäßigten Islamisten gebildet wird bzw. diese unterstützen, die allerdings seit weit über 10 Jahren der Gewalt abgeschworen haben, und weil es ein paar Radikale und Extremisten gibt (die es übrigens überall gibt und erst recht auch in Israel), willst du apriori dem gesamten ägyptischen Volk sein Recht auf Freiheit und Mitbestimmung verwehren. Noch schlimmer, aus diesen mehr oder minder mittelstarken Punkten willst du Präjudizieren, dass das ägyptische Volk noch keine Reife hat dafür. Schneemann, auch das ist wieder nur die typische, unreflektierte westliche Doppelmoral.
Von Nightwatch würde ich nicht mehr erwarten, aber du solltest dir das mal durch den Kopf gehen lassen.

Deine Position ist aber auch pragmatisch gesehen höchst angreifbar.
Was haben die bisherigen Regime im Nahen Osten uns als wirklichen Benefit gebracht? Oberflächliche Stabilität, die aber gleichzeitig und automatisch als dazugehöriges Nebenprodukt Frust, Entfremdung, Hass und Radikalisierung mit sich bringt. Sprich, in bester kurzfristiger Logik, so wie an der Börse, hofft man auf die Stabilität am nächsten Tag und nimmt damit billigend in Kauf, dass es in der Zukunft mal richtig knallt. Man kauft weiter, pustet die Kursblase weiter auf und verdrängt, dass es doch mal runter gehen muss. Und so verhälst du dich auch: Du hoffst auf die Stabilität am morgigen Tag und vergisst die dramatischen auf die Zukunft verschobenen sozialen Kosten: Korruption, staatliches Versagen, fehlende Modernisierung, Frustration usw. Ich muss das nicht stetig aufzählen. Sprich, die externalisierten Kosten sind zu hoch, letztlich auch und gerade für Israel. Wenn man jetzt den Wandlungsprozess von statten gehen läßt, gibt es immer noch eine Armee, die radikale Umstürze einhegen kann. Es gibt säkulare Gruppierungen, die auch die Moslembrüder einhegen. Und zu guter letzt, hat auch die Moslembrüderschaft keine großen Anstalten gemacht, sich extremistisch zu exponieren. Und selbst wenn es tatsächlich zu diesem worst case Szenario käme, dann könnte man immer noch reagieren, säkulare und Armeefraktionen dagegen in Stellung bringen. Aber jetzt, für dieses auch ganz pragmatisch angehbare worst-case Szenario ganz Ägypten in Geiselhaft zu nehmen und damit eben nicht nur die religiösen Kräfte, sondern alle anti-Mubarak Kräfte gegen den Westen in Aufruhr zu bringen, halte ich für heroisch blind und kontraproduktiv.

Eine Perspektive Schneemann, die hat noch selten einen klug gemacht und weise beraten....
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