Ägypten
Man wird abwarten müssen, wie sich die Situation in den nächsten Tagen und Wochen entwickelt. Nach den letzten Meldungen hin ist die Muslimbruderschaft teils zerstritten, sie spielt also derzeit nicht eine so entscheidende Rolle wie noch vor einigen Jahren (wobei aber auch wieder darauf geachtet werden sollte, welches Medium denn sagt, dass sie zerstritten ist).

Ich denke, dass die Chancen auf einen richtigen demokratischen Wandel derzeit nicht überbewertet werden sollten. Jede Revolte hat die Chance auf einen Wandel in sich, der sich demokratisch äußern könnte. Es ist aber die Frage, welche Strömungen in die Revolte mit einfließen. In Tunesien etwa sehe ich wenig Probleme, weil radikale Bewegungen kaum vorhanden sind. Hier ist tatsächlich die Chance auf einen Wandel hin zu einer Demokratie gegeben, übrigens denke ich dies auch von Jordanien (wo es derzeit auch etwas gärt).

Bei Ägypten aber habe ich meine Bedenken. Im besten Fall wird es tatsächlich eine Demokratie, und vielleicht spielt auch Baradei in dieser dann eine Rolle. Im schlimmsten Fall wird die Revolte aber gekapert von radikalen Gruppen und wir haben es bald mit einem echten Problem zu tun. Und selbst wenn (zunächst) z. B. Baradei an die Regierung gelangen sollte, so habe ich ganz arge Zweifel, dass er sich gegen evtl. aufkommende radikale Strömungen durchsetzen könnte. Ich sehe in ihm durchaus eine ehrliche Person, die die Demokratie anstrebt, aber wenn ich daran denke, wie leicht er sich bei der IAEA an der Nase hat herumführen lassen, so ist er den Intrigen und Grabenkämpfen einer internen Machtübernahme durch radikale Bewegungen in keinster Weise gewachsen. Schlimmstenfalls wird er, durch seine Gegenposition zu Mubarak, sogar naiv und ungewollt zum Türöffner für eine "große Krise" und zum Hauptverantwortlichen für den (dann sozusagen neuerlichen) Untergang der sich gerade entwickelnden ägyptischen Demokratie.

Schneemann.
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